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01.11.2020 | 03:07 | Ersatzprodukte 

Gute Marktaussichten für Fleisch- und Milchsubstitute

Amsterdam - Die Verkäufe von pflanzlichen Fleisch- und Milchersatzprodukten dürften in der Europäischen Union und im Vereinigten Königreich auch in den kommenden Jahren kräftig zunehmen.

Milchersatzprodukt
ING Bank sieht den Umsatz mit pflanzenbasierte Ersatzprodukten in der EU und im Vereinigten Königreich 2025 bei insgesamt 7,5 Milliarden Euro - Davon sollen zwei Drittel auf Alternativen von Molkereierzeugnissen entfallen - Aufgrund von Corona überdurchschnittlicher Erlösanstieg für Substitute in diesem Jahr prognostiziert - Aber weiterhin in der Nische - Preisaufschlag für Ersatzprodukte dürfte in den kommenden Jahren schrumpfen. (c) proplanta
Die ING Bank beziffert den betreffenden Umsatz in einer aktuellen Marktanalyse mit Verweis auf Daten des Londoner Marktforschungsunternehmens Euromonitor für 2025 auf insgesamt 7,5 Mrd Euro; das wären 3,1 Mrd Euro oder 70,5 % mehr als der für beide Produktgruppen geschätzte Gesamterlös im Jahr 2019.

Mit Blick auf 2025 wird im Einzelnen für die pflanzlichen Alternativprodukte zu Molkereierzeugnissen von einem Markt von rund 5 Mrd Euro und hinsichtlich der Fleischalternativen von 2,5 Mrd Euro Umsatz ausgegangen. Im vorigen Jahr wurden mit diesen Produkten 3,0 Mrd Euro sowie 1,4 Mrd Euro umgesetzt.

Das für die nächsten Jahre unterstellte Umsatzwachstum würde den Entwicklungen der vergangenen Dekade entsprechen. Verstärkt werden könnte dieser Aufwärtstrend den Bankern zufolge durch neue Politikmaßnahmen in der EU, die die Verbraucher vom Fleisch- beziehungsweise Milchkonsum abschreckten.

Ein Dämpfer für die positive Entwicklung der Ersatzprodukte würde sich dagegen ergeben, wenn diese von den Konsumenten nicht mehr als so gesund und nachhaltig wahrgenommen würden wie heute. Ferner könnten die EU-Exporte von Milchprodukten und Fleisch durch internationale Handelsstörungen beeinträchtigt werden, so dass das dann zusätzliche Angebot am Binnenmarkt zu niedrigeren Preisen führen würde. Dadurch würde die Konkurrenzfähigkeit der pflanzenbasierten Substitute ebenfalls beeinträchtigt.

Den Bedarf an pflanzenbasierten Substituten verringern könnte schließlich auch eine Vermarktungsgenehmigung für Fleischersatz aus Zellkulturen, geben die Analysten zu bedenken.

Verbraucher werden wahrscheinlich preissensibler



Im laufenden Kalenderjahr erwartet die ING Bank allerdings einen überdurchschnittlichen Erlösanstieg bei den Substituten. Für die pflanzlichen Milchalternativen wird im Vergleich zu 2019 ein Umsatzplus von 400 Mio Euro oder 13,3 % auf 3,4 Mrd Euro prognostiziert und für die pflanzlichen Fleischsubstitute ein Zuwachs von 300 Mio Euro oder 21,4 % auf 1,7 Mrd Euro.

Die Analysten begründen diese Einschätzung mit der coronabedingten Absatzsteigerung im Lebensmitteleinzelhandel. Allerdings rechnen sie für 2021 mit einer Abschwächung des Nachfragezuwachses, weil die Verbraucher dann ihren Außer-Haus-Verzehr voraussichtlich wieder auf ein „normales“ Niveau ausweiten würden.

Zudem dürfte die Preissensibilität der Konsumenten zunehmen, und zwar als Folge wahrscheinlich steigender Arbeitslosigkeit. Indes stellt sich die aktuelle Marktsituation beim Fleischersatz im EU-Ländervergleich der Analyse zufolge recht uneinheitlich dar.

Der reifste Markt ist mit Abstand das Vereinigte Königreich; der dortige Erlös im Jahr 2019 wird von der Bank auf 440 Mio Euro veranschlagt. Die Umsatzmarke von 100 Mio Euro überträfen derweil nur noch Deutschland, Italien, die Niederlande und Frankreich. Der Pro-Kopf-Konsum sei jedoch am höchsten in den nordischen Ländern, den Benelux-Staaten und im Vereinigten Königreich. Am niedrigsten sei dieser in den südlichen und östlichen EU-Ländern.

Spanier mögen pflanzenbasierte Milchdrinks



Nach Einschätzung der ING Bank werden die pflanzlichen Substitute trotz der erwarteten kräftigen Wachstumsraten in den kommenden fünf Jahren aber weiterhin nur eine Marktnische besetzen. Der Anteil von Fleischalternativen am Gesamtmarkt für Fleisch und Fleischprodukte wird den Banker-Prognosen zufolge bis 2025 zwar um 0,6 Prozentpunkte zunehmen, kommt dann aber auch erst auf 1,3 %.

Gleichzeitig soll der Marktanteil von pflanzenbasierten Molkereierzeugnisalternativen um 1,6 Prozentpunkte auf 4,1 % steigen. Allerdings liegt der Anteil der pflanzenbasierten Milchdrinks bezogen auf den gesamten Milchmarkt heute schon bei rund 10 %. Dabei seien die Marktanteile in Frankreich und Spanien mit jeweils 16 % am höchsten, gefolgt von Belgien mit 14 % sowie von Portugal und den Niederlanden mit jeweils 12 %.

Kostensenkung durch Größeneffekte



Wie die ING Bank mit Blick auf die aktuelle Preissituation ausführt, sind die pflanzenbasierten Substitute meist teurer als die tierischen Erzeugnisse. Allerdings könnten die Preisaufschläge für die Ersatzprodukte in den kommenden fünf Jahren schrumpfen; diese Entwicklung zeichne sich zumindest bereits im Vereinigten Königreich ab. Begründet wird dies unter anderem mit dem sehr intensiven Wettbewerb im britischen Lebensmitteleinzelhandel.

Ferner sprächen die Produktangebote auf der Insel die breite Masse der Verbraucher an. Dagegen richteten sich das Segment und die Werbung dazu beispielsweise in Italien noch an Konsumenten, die prinzipiell bereit seien, einen Preisaufschlag zu zahlen.

Für eine Verbilligung der Substitute spricht nach Einschätzung der niederländischen Analysten auch, dass die Kosten der Hersteller und Zulieferer sowie im Vertrieb in den kommenden Jahren in Folge von Größeneffekten sinken würden. Dazu dürften unter anderem Firmenzusammenschlüsse beitragen.

Zudem werden sich die Verbraucher den Fachleuten zufolge voraussichtlich zunehmend an die Ersatzprodukte gewöhnen, so dass die Hersteller weniger Geld für das Marketing aufwenden müssten. Darüber hinaus dürften die Lebensmitteleinzelhandelskonzerne wahrscheinlich ihr Angebot an Produkten mit Eigenmarken ausweiten und dabei ihre Einkaufsmacht zur Senkung der Einkaufspreise nutzen.

Bestimmte Verbraucher „wollen“ Preisaufschläge



Eine vollständige Angleichung der Preise für die tierischen Erzeugnisse und die pflanzenbasierten Ersatzprodukte bis 2025 sei aber unwahrscheinlich. Unter anderem seien die Hersteller der Substitute auf die Amortisation ihrer Investitionen angewiesen.

Ferner würden Produktkategorien wie pflanzenbasierter „Käse“ zunächst vor allem von Verbrauchern nachgefragt, die einen Preisaufschlag zahlen wollten. Zudem gebe sich der Lebensmitteleinzelhandel bei bestimmten Produkten wie Milch, Hühnerbrüsten und Hackfleisch mit kleineren Gewinnmargen zufrieden, was mit höheren Margen bei anderen Erzeugnissen ausgeglichen werde.

Darüber hinaus könnten die Preise für Fleisch und Milch in den kommenden Jahren im Zuge eines rückläufigen Konsums etwas unter Druck geraten; davon gehe zumindest die EU-Kommission aus. Derweil sei die Angleichung der Preise mit politischen Maßnahmen zwar grundsätzlich möglich, aber nach Einschätzung der Analysten unpopulär. Auch direkte Subventionen, mit denen zum Beispiel die Verkäufe von Elektroautos angekurbelt würden, seien im Lebensmittelbereich schwierig umsetzbar.
AgE
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