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18.12.2022 | 13:47 | Agrareinkommen 

Haupterwerbsbetriebe in Baden-Württemberg bundesweit Schlusslicht

Stuttgart - Enttäuscht von den wirtschaftlichen Ergebnissen im Südwesten ist der Präsident des Landesbauernverbandes in Baden-Württemberg (LBV), Joachim Rukwied.

Agrarbetriebe
Weiterhin die Rote Laterne trotz Einkommenszuwachs - Gewinnsteigerungen vor allem im Acker- und Weinbau sowie in der Milchviehhaltung - Rukwied: Aussichten für das laufende Wirtschaftsjahr für alle ernüchternd und für die Ferkelzüchter existenzbedrohend - Bolkart: Die Erlöszuwächse sind noch keine Garantie für die Zukunftsfähigkeit der Betriebe. (c) proplanta
Zwar hätten die Bauerneinkommen im vergangenen Wirtschaftsjahr auch in Baden-Württemberg zulegen können, räumte Rukwied am Montag (12.12.) gegenüber Journalisten in Stuttgart ein. Die Haupterwerbsbetriebe im Land bildeten allerdings erneut das Schlusslicht unter den Bundesländern.

Die Aussichten im aktuellen Wirtschaftsjahr nannte Rukwied mit Hinweis auf die gestiegenen Kosten aufgrund des Ukraine-Krieges „für alle Sparten ernüchternd und für die Ferkelzüchter existenzbedrohend“. Laut Situationsbericht des Deutschen Bauernverbandes (DBV) rangierten die Einkommen der baden-württembergischen Haupterwerbsbetriebe mit rund 64.000 Euro im Mittel deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von knapp 80.000 Euro.

Je Familienarbeitskraft (FAK) lag das Ergebnis in Baden-Württemberg bei durchschnittlich 42.710 Euro, bundesweit hingegen bei 56.720 Euro. Der Präsident des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbandes (BLHV), Bernhard Bolkart, wies auf der traditionellen Weihnachtspressefahrt am Montag voriger Woche darauf hin, dass die Landwirte in Südbaden Deutschlands schon lange nicht mehr so gefordert gewesen seien.

Bolkart nannte als Gründe die extremen Preisschwankungen bei Getreide und Düngemitteln, eine geringere Nachfrage nach hochpreisigen Lebensmitteln und „unhaltbare politische Vorhaben“. „Umso wichtiger ist es, dass unsere diesjährigen Unternehmensergebnisse deutlich besser sind als im vorherigen Wirtschaftsjahr“, betonte der BLHV-Präsident.

Ferkelpreise nicht kostendeckend



Rukwied verwies auf die Folgen der Corona-Pandemie, die speziell die Schweinehaltung schwer getroffen hätten. Gegenwärtig stürzten die Auswirkungen des Ukraine-Krieges diesen Betriebszweig immer tiefer in eine Existenzkrise. „Die Erzeugerpreise insbesondere bei den Ferkelzüchtern sind bei weitem nicht kostendeckend“, erklärte der LBV-Präsident.

Einem durchschnittlichen Einkommensplus der Veredlungsbetriebe von 37,7 % auf 40.913 Euro je FAK stünden steigende Kosten für Futter, Energie, Dünger und Pflanzenschutzmittel gegenüber. Zudem belaste die Umsetzung kostenintensiver Auflagen die schweinehaltenden Betriebe zusätzlich. Investitionen für einen Umbau der Tierhaltung seien damit kaum umsetzbar.

Nachdem die Unternehmensergebnisse der Ackerbau- und Weinbaubetriebe laut Rukwied seit mehreren Jahren auf schwachem Niveau gelegen hatten, konnten insbesondere die Weinbaubetriebe ihr Einkommensniveau 2021/22 mit einem Anstieg um mehr als 50 % auf etwa 39.000 Euro je FAK verbessern. Die Ackerbaubetriebe verzeichneten einen Zuwachs von 39 % auf durchschnittlich rund 45.700 Euro/FAK.

Höhere Milchpreise



Gewinnsteigerungen gab es auch in der Milch- und Rindfleischerzeugung. Das mittlere Unternehmensergebnis stieg bei den Milchviehbetrieben in Baden-Württemberg um rund 32 % auf 50.235 Euro je Familienarbeitskraft. Futterbaubetriebe mit Rindermast und Mutterkühen konnten ein Plus von gut 22 % auf jedoch lediglich 22.335 Euro je FAK erwirtschaften.

„Ein knapp versorgter Rindfleischmarkt und höhere Milchpreise haben zu diesen Verbesserungen geführt“, erläuterte Rukwied. Massiv eingebrochen sind in Baden-Württemberg dagegen die Einkommen der Obstbaubetriebe. Laut dem LBV-Präsidenten war 2021/22 geprägt durch gesunkene Apfel- und Beerenpreise sowie zugleich hohe Betriebsmittelkosten. Dies habe sich auf das Unternehmensergebnis niedergeschlagen, das im Mittel um 37,8 % auf 38.509 Euro/FAK gesunken sei.

Die Prognosen für diesen arbeitsintensiven Betriebszweig seien aufgrund der höheren Produktions- und Lohnkosten im aktuellen Wirtschaftsjahr schwierig. Das zeigten auch die rückläufigen Anbauflächen im Beerenbereich.

Vom Plus nicht täuschen lassen



Bolkart zufolge ist bei dem höheren Unternehmensergebnis aber zu berücksichtigen, dass ein Teil davon für die Finanzierung existenzsichernder Neuinvestitionen aufzuwenden ist. Außerdem seien davon noch die Sozialversicherungsbeiträge abzuziehen.

Zudem warnte der BLHV-Präsident davor, sich von dem Plus täuschen zu lassen. Dieses sei nämlich vor allem den hohen Erzeugerpreisen zuzuschreiben; und hier könne niemand sagen, wie sich diese weiterentwickelten. Ähnlich sehe es mit den Düngerpreisen aus. „Wir wissen nicht, wo die Reise hingeht, was wir im nächsten Jahr für Dünger bezahlen müssen oder ob wir überhaupt welchen bekommen“, so Bolkart.

Besser vor Ort informieren



Darüber hinaus mahnte der BLHV-Präsident zuverlässige und praxistaugliche politische Rahmenbedingungen an. Doch auf EU-Ebene passiere gerade das Gegenteil. „Das EU-Naturschutzpaket entbehrt jeder praktischen und wissenschaftlichen Grundlage und würde die großen Fortschritte, die man in Baden-Württemberg beim Artenschutz sowie bei der Pflanzenschutzmittelreduktion gemacht hat, mit einem Schlag vernichten“, warnte Bolkart.

Solche „Aktionen“ gefährdeten die Zukunftsfähigkeit der Landwirtschaft, und nicht die fehlende Bereitschaft der Landwirte, etwas zu verändern. Im Berufsstand gebe es „sehr gute“ Konzepte für mehr Tierwohl und Nachhaltigkeit sowie höhere Erlöse. Jedoch mache die Politik den Bauern durch Auflagen, Bürokratie und unsachgemäße Verordnungen einen Strich durch die Rechnung.

Bolkart appellierte an die Gesellschaft, die Landwirte weiterhin mit dem Kauf regionaler Lebensmittel zu unterstützen. Auch sollten die Bürger nicht jede Behauptung über die Landwirtschaft glauben und sich am besten vor Ort beim Landwirt informieren.
AgE
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