«Wenn sich die Preise noch eine Weile so halten für Pflanzenöle und für Getreide, dann wird sich das innerhalb einiger Monate sicherlich in den Lebensmittelpreisen auch im Supermarkt niederschlagen», sagte der Vorstandsvorsitzende des Vereins der
Getreidehändler der Hamburger Börse, Thorsten Tiedemann, der Deutschen Presse-Agentur.
Zwar haben
Rohstoffpreise bei Backwaren nur einen geringen Anteil am Verkaufspreis. «Aber die
Fleischproduktion wird sicherlich teurer werden durch Futter», sagte Tiedemann. Auch bei Produkten wie Mehl und
Pflanzenöl dürfte der Weltmarkttrend nach seiner Einschätzung auf die
Verbraucherpreise durchschlagen.
Die Welternährungsorganisation
FAO beobachtet seit geraumer Zeit steigende Preise bei praktisch allen Agrarrohstoffen. Unter dem Strich lag der FAO-Preisindex für
Nahrungsmittel nach jüngsten Daten im April 31 Prozent über dem Vorjahreswert, nach elf monatlichen Anstiegen in Folge sei inzwischen der höchste Stand seit sieben Jahren erreicht.
Besonders ausgeprägt ist der Trend bei Ölsaaten, wo das
Preisniveau gegenüber April 2020 inzwischen doppelte Höhe erreicht hat. Befeuert wird diese Entwicklung aus Sicht der FAO auch von der Nachfrage der Hersteller von Biokraftstoffen.
«Erwartet hat man schon lange, dass irgendwas passieren wird in den Preisen aufgrund der hohen
Liquidität und auch teilweise aufgrund der Engpässe, die in der Wirtschaft entstehen durch Corona-Einschränkungen», sagte Tiedemann. Nach einer «ganz komfortablen Angebots- und Nachfragesituation im Getreide- und Ölsaatenmarkt» sei nun «durch ein paar schlechtere Ernten mit einhergehendem Bestandsabbau etwas aus den Fugen geraten».
Hinzu komme, dass in Regionen mit stärkerem Wachstum nach der Corona-Rezession die Nachfrage anziehe. «Dann kommen noch ein paar Wettermeldungen hinzu, in Brasilien laufen wir auf eine relativ schlechte Ernte hinaus, und dann gehen die Märkte natürlich sehr stark nach oben.»
Besorgt äußerte sich Tiedemann darüber, dass die
Selbstversorgung Deutschlands bei Agrarrohstoffen abnehme. Im Getreidewirtschaftsjahr sei Deutschland auf einen Nettoexport von rund zwei Millionen Tonnen gekommen. «Das sind nicht mal fünf Prozent der gesamten
Getreideproduktion, die wir hier übrig haben.» In früheren Jahren seien «auch schon mal netto sieben bis zehn Millionen Tonnen» exportiert worden.
Der Hamburger Hafen ist die zentrale Drehscheibe für den Getreidehandel in Nordeuropa. Der Verein der Getreidehändler sieht sich seit über 150 Jahren als offizielles Sprachrohr des internationalen Handels mit Getreide, Ölsaaten, Futtermitteln, Hülsenfrüchten,
Fischmehl und Speisesaaten.