Auslöser für den rund 25-prozentigen Absturz sei wie so oft bei Agrar-Rohstoffen das Wetter gewesen. In Florida - dem Hauptanbaugebiet für Zitrusfrüchte in den USA - seien die klimatischen Verhältnisse zwischen März und April annähernd optimal gewesen. Dies begründe bei vielen Farmern die durchaus berechtigte Hoffnung auf erheblich bessere Erträge als in der auslaufenden Saison.
Experten würden vermuten, dass der Output über 140 Millionen Boxen liegen könnte, zumal man den "Zitrusbrand" (Baumkrankheit) scheinbar unter Kontrolle gebracht habe. Im Wirtschaftsjahr 2006/07 sollten die Ernteerträge in dem "Sunshine State" laut der letzten Prognose des US-Landwirtschaftsministeriums bei lediglich 131 Millionen Kisten liegen, was den geringsten Wert in den zurückliegenden 17 Jahren bedeute.
Nichtsdestotrotz sollten die "Bären" lieber nicht in eine falsche Euphorie verfallen: Die diesjährige Hurrikan-Saison stehe quasi bereits in den "Startlöchern" und Meteorologen zufolge solle sie aufgrund des überaus milden Winters recht intensiv ausfallen. Offiziell beginne die "stürmische Zeit" am 1. Juni und ende am 30. November. Am gefährlichsten werde es aber zwischen August und Oktober.
Zur Stunde sei noch nicht absehbar, ob ein El Nino- oder ein La Nina-Wetterphänomen entstehe. Sollte es zu einem La Nina kommen, könnte die Saison sogar noch windiger werden als bislang prophezeit. Aber auch
El Nino sei in jedem Fall immer für überdurchschnittliche, viele und starke Tropenstürme gut. Da Florida bekanntlich zu den von Hurrikans am stärksten betroffenen Gebieten der USA gehöre, sei die Wahrscheinlichkeit überaus groß, dass eine nicht unerhebliche Zahl von Orangenbäumen Winden zum Opfer falle. Der Traum einer
Rekordernte könnte dann schnell ausgeträumt sein.
Wenn die Experten über Orangensaft sprechen würden, müssten sie immer auch ein Auge auf Brasilien richten. Immerhin sei das "Land am Zuckerhut" der mit Abstand bedeutendste globale Orangen-Produzent und außer den USA die einzige Region, in der die Zitrusfrüchte im nennenswerten Umfang zu Saft verarbeitet würden. In den letzten Monaten habe sich die Angebotssituation in Brasilien etwas entspannt. Mittlerweile würden lokale Beobachter dank ausreichender Regenfälle im Mai eine Ernte etwa auf Vorjahresniveau erwarten (18,1 Millionen Tonnen).
Zuvor sei die Regierung von einem Rückgang auf mindestens 17,9 Millionen Tonnen ausgegangen, weil mehr als zwei Millionen Bäume von einer unheilbaren Krankheit befallen worden seien. Allerdings habe verhindert werden können, dass sich die Seuche großflächig ausbreite. Dadurch seien die brasilianischen Exporte in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres um drei Prozent gestiegen, nachdem sie in 2006 um sechs Prozent gefallen seien.
Dennoch werde das Angebot an Orangensaft nicht zuletzt angesichts der extrem niedrigen Lagerbestände, die von den schwachen Erträgen der Vorjahre vor allem in Florida herrühren würden, bis auf weiteres knapp bleiben. Mit echten Versorgungsengpässen brauche aber wohl nicht gerechnet zu werden. Hintergrund sei folgender: Obwohl der Verbrauch in einigen asiatischen Schwellenländern moderat zunehme, stagniere die weltweite Nachfrage. Insbesondere in den USA werde zunehmend weniger Orangensaft konsumiert, weil viele der stark übergewichtigen Bürger ihre "letzte Chance" in der kohlehydratfreien Atkins-Diät sehen würden.
Insgesamt stelle sich die fundamentale Lage bei Orangensaft derzeit leicht "bullisch" dar. Ein gewisses Aufwärtspotenzial sei durchaus gegeben. Für eine echte "Rally" allerdings müsste es schon zu beträchtlichen Schäden an den Plantagen in Florida kommen. Ob das der Fall sein werde, werde man in den kommenden Monaten sehen. Zumindest spreche aus fundamentaler Sicht nichts wirklich gegen den Aufbau kleinerer spekulativer Long-Positionen in tief gefrorenem Orangensaft-Konzentrat, allein auch schon deshalb, weil Orangensaft aktuell leicht in Backwardation notiere. (PM)