Nach Angaben der
Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (
ISN) konnten die coronabedingt eingeschränkten Kapazitäten an einigen Standorten allerdings wieder hochgefahren und der Zuwachs beim Schweinestau verlangsamt werden. Doch noch immer fehlten wöchentlich zwischen 20.000 und 40.000 Schlachtungen, insbesondere wegen der Restriktionen im Tönnies-Werk in Rheda-Wiedenbrück, so dass der Überhang auf 600.000 Tiere angewachsen sei, berichtete die ISN.
Die Schlachtdatenerhebung der Bundesanstalt für
Ernährung und Landwirtschaft (
BLE) zeigt ebenfalls noch keinen wirklichen Durchbruch bei der Kapazitätsausnutzung. In der Woche zum 8. November wurden in allen Handelsklassen 822.800 Schweine verarbeitet; das waren zwar 18.000 mehr als in der Vorwoche, aber gut 160.000 weniger als in der Vorjahreswoche. Zudem stiegen die Schlachtgewichte weiter an und lagen zuletzt auf einem Rekordniveau von 100,9 kg pro Tier.
Die Vereinigung der
Erzeugergemeinschaften für
Vieh und Fleisch (VEZG) konnte ihre Leitnotierung dennoch am Mittwoch (11.11.) auf dem seit Mitte September geltenden Niveau von 1,27 Euro/kg SG halten. Allerdings soll es einen ersten Versuch eines größeren Schlachtunternehmens zur Notierungssenkung gegeben haben.
Der Druck könnte in den nächsten Wochen zunehmen, da saisonal immer mehr Schweine zur Schlachtung nachdrängen und in mehreren EU-Partnerländern die
Schlachtschweinenotierungen und Schweinefleischpreise nachgeben. Der „Preisvorteil“ der deutschen Anbieter geht so sukzessive verloren; der Wettbewerbsdruck bei der Fleischvermarktung nimmt am
EU-Binnenmarkt zu.
Schweinestau auch in Dänemark
Zu allem Überfluss sind wegen Corona-Problemen nun auch mehrere große dänische Schweinefleischhersteller für den Export nach China gesperrt - darunter das größte Werk von
Danish Crown (DC) in Horsens -, so dass nun ebenfalls mehr dänische Ware am
Binnenmarkt untergebracht werden muss. DC sprach von einem regelrechten „Kampf“ und „Krieg“ um Kunden am Binnenmarkt, dem man sich aber durch die Belieferung von Stammkunden zu entziehen versuche. Vermisst würden positive Nachrichten, die den Markt bewegen könnten.
Andere Branchen seien optimistisch, weil ein Corona-Impfstoff auf dem Weg gebracht worden zu sein scheine, aber das Denken auf dem
Fleischmarkt sei kurzfristig und selten länger als auf vier bis sechs Wochen ausgerichtet. Auch Dänemark hat seit Wochen mit einem Schweinestau zu kämpfen.
Die Überhänge an Schlachtschweinen konnten laut DC zuvor etwas abgebaut werden, doch belaufen sich diese immer noch auf rund 200.000 Tiere. DC senkte seinen Ankaufspreis für Schweine um umgerechnet 2,7 Cent auf 1,29 Euro/kg SG.
Notierung in Belgien auf Tiefpunkt
Kräftig unter Druck standen erneut auch die
Schlachtschweinepreise in Italien; die nationale Notierung gab um den Maximalbetrag von 5,2 Cent/kg auf 1,252 Euro/kg Lebendgewicht (LG) in der Gewichtsklasse von 160 kg bis 176 kg nach.
Angesichts des Abwärtstrends wollen viele
Mäster ihre Tiere so schnell wie möglich vermarkten, so dass das Angebot sehr groß ausfiel. Zum anderen gab es zuletzt bei den Teilstückpreisen von Kotelett, Nacken und Bauch jeweils Abschläge von mehr als 20 Cent/kg.
Die ganze Produktion von
Schweinefleisch für das Weihnachtgeschäft habe sich aufgrund der Unsicherheit und Verschärfung der Corona-Lage verlangsamt, berichteten Analysten. In Belgien gaben die Schlachtschweinepreise bei der Danisgruppe und Westvlees um 3 Cent beziehungsweise 5 Cent/kg LG nach und sackten damit auf das niedrigste Niveau seit Dezember 2003.
Die kaum noch mögliche Ausfuhr von schlachtreifen Schweinen ins benachbarte Ausland, die noch fehlende Exportlizenz für China sowie die sinkenden Erlösmöglichkeiten für Hälften und Teilstücke am EU-Binnenmarkt haben die Schlachtschweinepreise in Belgien noch unter das Niveau von September 2018 gedrückt, als dort erstmals die Afrikanischen
Schweinepest (ASP) bei Wildschweinen festgestellt worden war.
In Spanien stießen die Schlachtbetriebe bei einem Rekordangebot von Schlachtschweinen ebenfalls an ihre Kapazitätsgrenzen, zumal auch sehr günstige Schweine und Fleisch auf den heimischen Markt drängten. Die Notierung des Mercolleida gab um 3,5 Cent auf 1,204 Euro/kg LG nach.
VLV fordert Private Lagerhaltung
Glimpflicher kamen zuletzt die Mäster in Frankreich davon, denn die Notierung am Marché du Porc Breton gab am Donnerstag (12.11.) im Vorwochenvergleich „nur“ um 1,7 Cent auf 1,292 Euro/kg nach. Dortigen Analysten zufolge schmälerten der Feiertag am 11. November sowie der weggebrochene Absatz an Restaurants und Hotels den Bedarf der Schlachtbetriebe.
In Österreich konnte sich die Notierung auf dem Niveau von 1,41 Euro/kg SG halten; sie war eine Woche zuvor aber um deutliche 9 Cent gesenkt worden. Nach Angaben des Verbandes landwirtschaftlicher Veredlungsproduzenten (VLV) minderten die coronabedingt fehlenden Arbeitskräfte in mehreren Schlacht- und Zerlegebetrieben die Schlagkraft bei der Fleischgewinnung.
Ein Rückstau von schlachtreifen Tieren und verspätete Abholung seien die Folge gewesen. Am Fleischmarkt sei von aggressiver werdenden Angeboten aus deutscher und dänischer Herstellung berichtet worden. Der VLV sprach sich für eine private
Lagerhaltung (PLH) von Schweinefleisch in der EU aus, die am Montag (16.11.) beim Agrarministerrat in Brüssel beschlossen werden sollte, um etwas Druck vom Markt nehmen.
In der Vorwoche noch stabil
In der Woche zum 8. November war der
Preisverfall am EU-Schlachtschweinemarkt laut Daten der
EU-Kommission noch relativ verhalten ausgefallen. Demnach wurden für Tiere der Handelsklasse E im Mittel der 27 Mitgliedstaaten 139,19 Euro/100 kg SG gezahlt; das waren lediglich 0,14 Euro oder 0,1 % weniger als in der Vorwoche.
Den EU-weit größten Abschlag mussten dabei die Erzeuger in Lettland mit 6,2 % hinnehmen. Aber auch die
Schlachtunternehmen in Österreich, Litauen und Italien kürzten ihre Auszahlungsleistungen merklich, nämlich zwischen 2,0 % und 3,8 %.
In Frankreich und Spanien fielen die Abzüge mit 0,7 % und 1,1 % moderater aus. Unverändert wurden hingegen in der Berichtswoche noch die Schlachtweine in Dänemark, Deutschland, Belgien und den Niederlanden abgerechnet. Dem stand ein leichter Zugewinn in Polen von 0,7 % gegenüber. Deutlicher nach oben ging es mit Preiszuschlägen von 1,1 % bis 1,7 % nur in Schweden, Ungarn und Tschechien.