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11.12.2020 | 16:47 | Bauerneinkommen 

Landwirte in Baden-Württemberg verdienen deutlich unter Bundesdurchschnitt

Stuttgart - „Die Unternehmensergebnisse der landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebe in Baden-Württemberg in den unterschiedlichen Sparten schwanken stark.

Bauerneinkommen in Baden-Württemberg
Einkommen der Landwirte in Baden-Württemberg weiterhin deutlich unter Bundesdurchschnitt. (c) proplanta
Veredelung und Obstbau konnten kurzfristig von einer dringend notwendigen Einkommenssteigerung profitieren, die Aussichten im aktuellen Wirtschaftsjahr sind allerdings düster.“ Das erklärt Joachim Rukwied, Präsident des Landesbauernverbandes (LBV), zu den Unternehmensergebnissen im Wirtschaftsjahr 2019/20 (1. Juli 2019 bis 30. Juni 2020) am 11. Dezember 2020 in der Online-Jahrespresse-Konferenz.

Im Schnitt betrug das Ergebnis je Familienarbeitskraft 39.012 (2018/19: 35.476) Euro. Damit liegt Baden-Württemberg wiederholt deutlich unter dem Bundesdurchschnitt und belegt den vorletzten Platz unter den Bundesländern. Futterbaubetriebe mit Milch und Rindermast verlieren Die Einkommen der Milchviehbetriebe sind um 17,7 Prozent auf 39.777 Euro je Familienarbeitskraft (48.328 Euro) zurückgegangen. Dies lässt sich vor allem auf gestiegene Betriebskosten, niedrige Rinder- und Kälberpreise und leicht rückläufiges Milchgeld zurückführen. Futterbaubetriebe mit Rindermast und Mutterkühen liegen bei 19.425 (23.674) Euro je Familienarbeitskraft, was einem Rückgang von 18 Prozent entspricht.

Veredelung mit dringend notwendigem Einkommensplus – aktuelle Situation aber desaströs

In den vergangenen Jahren hatten die Schweine haltenden Betriebe im Land mit sehr schlechten Schweinepreisen in Verbindung mit höheren Produktionskosten zu kämpfen. Erstmals seit langem hat der Veredlungsbereich bei den Einkommen ein dringend notwendiges Plus erzielt. Im abgelaufenen Wirtschaftsjahr konnten die Veredelungsbetriebe ihr Betriebsergebnis von 35.001 auf 80.405 Euro je Familienarbeitskraft verbessern.

„Die Nachfrage beim Schweinefleisch vor allem durch China war zum Jahreswechsel deutlich gestiegen. Der Schlachtschweinepreis hatte Anfang 2020 die zwei Euro-Marke gerissen. Die gestiegenen Einnahmen waren dringend notwendig, um die Auswirkungen der schlechten Betriebsergebnisse in der Vergangenheit etwas abzumildern“, erläutert der Bauernpräsident. Die Erholungsphase war jedoch leider viel zu kurz. Mit der Coronakrise und der Einschleppung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) bei Wildschweinen sei die Schweinehaltung derzeit in der größten Krise seit Jahrzehnten.

Ackerbau und Gemischtbetriebe leicht im Plus

Seit mehreren Jahren verharren die Unternehmensergebnisse der Ackerbaubetriebe auf schwachem Niveau. „Im abgelaufenen Wirtschaftsjahr konnten die Ackerbauern das niedrige Einkommensniveau etwas verbessern“, sagt Rukwied. „Die Betriebe konnten einen leichten Zuwachs um fünf Prozent auf lediglich 29.851 (28.443) Euro je Familienarbeitskraft verzeichnen.“ Die Gemischtbetriebe fuhren nach langer Durststrecke ein etwas höheres Einkommen ein. Die Einkommen stiegen um 28,5 Prozent auf 35.690 (27.781) Euro je Familienarbeitskraft.

Weinbau bricht ein

Die Erntemengen 2019 waren im Weinbau unterdurchschnittlich und die Erlöse rückläufig. Die Weinbaubetriebe mussten daher ein schmerzliches Minus von 31,3 Prozent auf 26.278 (38.224) Euro je Familienarbeitskraft verkraften. „Die aktuelle Situation und der Ausblick im Weinjahr 2020/21 sind schlecht. Durch geschlossene Gastronomiebetriebe und die Absage zahlreicher Feste ist der Weinabsatz rückläufig“, erklärt der Bauernpräsident.

Obstbaubetriebe legen wieder zu

Nach zwei sehr schwierigen Jahren konnten die Obstbauern endlich wieder einen deutlichen Zuwachs auf 61.234 (27.627) Euro je Arbeitskraft einfahren. „Eine gute Ernte 2019 mit ordentlichen Erlösen haben das nötige finanzielle Plus gebracht“, sagt Rukwied. Für das aktuelle Wirtschaftsjahr rechnen die Obstbauern mit höheren Kosten für Saisonarbeitskräfte durch die strengen coronabedingten Hygieneregeln und reglementierten Arbeitsabläufe.

Aktuelle Situation für viele Betriebe sehr schwer

In manchen Bereichen der Landwirtschaft sind die Erzeugerpreise aufgrund der Beschränkungen durch die Coronakrise zurückgegangen. „Geschlossene Gastronomie und das Verbot von Veranstaltungen haben auch die Nachfrage von landwirtschaftlichen Erzeugnissen reduziert“, sagt Rukwied. „Die aktuelle Situation ist für viele Betriebe äußerst schwer.“ Besonders dramatisch sei dies im Schweinesektor, aber auch der Rindfleischabsatz stagniere. „Für den momentanen Krisenfall fordern wir die Bundesregierung auf, den betroffenen landwirtschaftlichen Betrieben Zugang zu den Coronahilfen des Bundes zu ermöglichen.“

Rahmenbedingungen in der Landwirtschaft

Rukwied betont, dass auch weiter steigende Auflagen die wirtschaftliche Situation in den Betrieben zuspitzen. Von der Düngeverordnung über das geplante Insektenschutzgesetz bis zur Tierschutznutztierhaltungsverordnung – die Liste wettbewerbsbelastender Vorgaben ist lang. Viele Bauernfamilien zweifeln derzeit an der Zukunft ihrer Betriebe. Die Politik muss endlich gegensteuern. Wir brauchen Rahmenbedingungen, die unseren Betrieben Perspektiven bieten und ihre Wettbewerbsfähigkeit stärkt anstatt sie weiter schwächt. Den Lebensmitteleinzelhandel nimmt Rukwied ebenfalls in die Pflicht: „Lebensmittel sind mehr wert! Wir brauchen eine klare Selbstverpflichtung des Handels zum Ausstieg aus der Dauerniedrigpreiskultur, damit endlich nachhaltig mehr Wertschöpfung auf den landwirtschaftlichen Familienbetrieben ankommt.“

Unternehmensergebnisse der einzelnen Betriebsformen im Wirtschaftsjahr 2019/20 (1. Juli 2019 bis 30. Juni 2020)

In den Milchviehbetrieben sank das Unternehmensergebnis im Durchschnitt um 17,7 Prozent auf 39.777 (48.328) Euro je Familienarbeitskraft.

Bei den Futterbaubetrieben mit Rindermast und Mutterkühen lagen die Ergebniseinbußen bei 18 Prozent und somit 19.425 (23.674) Euro je Familienarbeitskraft.
Bei den Gemischtbetrieben gab es im Wirtschaftsjahr 2019/20 ein Plus von 28,5 Prozent auf 35.690 (27.781) Euro je Familienarbeitskraft.

In der Veredlung erholten sich die schlechten Unternehmensergebnisse des vergangenen Wirtschaftsjahres um 129,7 Prozent auf 80.405 (35.001) Euro je Familienarbeitskraft.

Das durchschnittliche Ergebnis je Familienarbeitskraft bei den Ackerbaubetrieben stabilisiert sich auf niedrigem Niveau mit einem leichten Anstieg um fünf Prozent auf 29.851 (28.443) Euro.
Der Obstbau erholte sich im Durchschnitt mit einem Plus von 121,6 Prozent. Die Obstbaubetriebe erwirtschafteten 61.234 (27.627) Euro je Familienarbeitskraft.

Der Weinbau muss den höchsten Ergebnisrückgang verbuchen. Die Unternehmensergebnisse brachen um 31,3 Prozent auf durchschnittlich 26.278 (38.224) Euro je Familienarbeitskraft ein.

Daten zu den Unternehmensergebnissen 2019/20 (1. Juli 2019 bis 30. Juni 2020)

Die Ermittlung der Einkommenssituation basiert auf den Buchführungsergebnissen von 1.542 landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetrieben, welche die badenwürttembergische Landwirtschaft im Haupterwerb repräsentieren.

Unternehmensergebnis
Das Unternehmensergebnis (Bruttoeinkommen) muss neben der Entlohnung für die Familien-Arbeitskräfte sowie die unternehmerische Tätigkeit auch die Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals abdecken. Zusätzlich gehen davon die Sozialabgaben, persönliche Steuern, Tilgung für Fremdkapital und finanzielle Verpflichtungen gegenüber der Vorgängergeneration ab. Ein Teil des Unternehmensergebnisses ist für die Finanzierung von Ersatz- und Neuinvestitionen aufzuwenden.

Arbeitskräfte (AK)
Der Arbeitskräfteeinsatz je ausgewertetem Betrieb liegt bei 2 Arbeitskräften je Unternehmen oder 2,7 AK je 100 Hektar (Familien-AK: unverändert 1,5 Familienarbeitskräfte/Betrieb). Der durchschnittliche AK-Besatz, bezogen auf die Fläche, liegt damit in Baden-Württemberg bei rund 23 Prozent über dem Bundesdurchschnitt (2,2 AK je 100 Hektar).

Fläche
Die landwirtschaftlich genutzte Fläche der ausgewerteten Betriebe beträgt rund 77 Hektar pro Betrieb. Der Anteil der Pachtflächen liegt im Durchschnitt dieser Betriebe bei 72 Prozent (knapp 56 Hektar). Die durchschnittlichen Pachtkosten der ausgewerteten Betriebe betragen rund 14.700 Euro pro Jahr (ca. 265 Euro je Hektar). Die Pachtquote im Land liegt bei 60 Prozent.

Eigenkapitalbildung
Im Wirtschaftsjahr 2018/19 konnte von den ausgewerteten Betrieben rund 9.800 Euro Eigenkapital gebildet werden. Dieser Wert hat sich im Vergleich zum Vorjahr leicht verbessert (Wirtschaftsjahr 2018/19: ca. 9.000 Euro). Im Hinblick auf eine dauerhafte Sicherung der betrieblichen Existenz beträgt die anzustrebende Zielgröße mindestens 10.000 bis 15.000 Euro je Betrieb.

Investitionen
Die Bruttoinvestitionen, das heißt der gesamte Zugang an Vermögensgegenständen, nahmen im Wirtschaftsjahr 2019/20 um rund 10 Prozent zu und lagen bei 63.400 Euro je Unternehmen. Die Investitionen in Maschinen erhöhten sich ebenfalls (um sieben Prozent auf circa 33.000 Euro). Die Nettoinvestitionen stiegen im abgelaufenen Wirtschaftsjahr erneut (+ 30 Prozent) und lagen im Durchschnitt der badenwürttembergischen Haupterwerbsbetriebe bei 13.700 Euro.

Betriebe im Land nach der amtlichen Statistik
In Baden-Württemberg gibt es nach der amtlichen Statistik 39.600 Betriebe. Die durchschnittliche Betriebsgröße beträgt knapp 36 Hektar pro Betrieb (D rund 62 Hektar). Die überwiegende Mehrheit (89 Prozent) der landwirtschaftlichen Betriebe wird als Familienbetrieb, als sogenanntes Einzelunternehmen, geführt. In Baden-Württemberg wirtschaften ein Drittel dieser Einzelunternehmen im Haupterwerb und knapp zwei Drittel im Nebenerwerb. Gemeinschaftliche Betriebsformen gewinnen zunehmend an Bedeutung, darunter Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) mit einem Anteil von knapp neun Prozent.

Hintergrund
Der Landesbauernverband in Baden-Württemberg e. V. (LBV) vertritt rund 36.000 Landwirte aus Baden-Württemberg. 23 selbstständige Kreisbauernverbände nehmen auf regionaler Ebene die Interessen des bäuerlichen Berufsstandes wahr. Insgesamt ist jeder zehnte Arbeitnehmer in Baden-Württemberg direkt oder indirekt von der Landwirtschaft abhängig.
LBV
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