Wie aus dem
Situationsbericht des Deutschen Bauernverbandes (DBV) hervorgeht, stiegen die Unternehmensergebnisse gegenüber dem vorhergehenden Wirtschaftsjahr im Durchschnitt um knapp 50 % auf rund 80.000 Euro (Sonderbeilage).
Die höchsten Zuwächse gab es in der
Milchviehhaltung mit 68 % auf rund 96.000 Euro. Die
Ackerbaubetriebe verbuchten einen Anstieg um gut 42 % auf etwas mehr als 90.000 Euro. Auch die Veredlungsbetriebe legten mit gut 40 % spürbar zu, blieben aber mit knapp 60.000 Euro unter dem
Schnitt aller Haupterwerbsbetriebe. Im Wirtschaftsjahr 2020/21 waren die Ergebnisse der
Schweinehalter noch um rund zwei Drittel eingebrochen.
Die Weinbaubetriebe erzielten einen Zuwachs von 12 % und kamen im Schnitt auf 87.100 Euro. Ähnlich verlief die Entwicklung bei den Ökobetrieben; deren Unternehmensergebnis stieg um 9 % auf 90.300 Euro. Für 2023 rechnet der
Bauernverband mit zunächst weiterhin stabilen Erzeugerpreisen. Für den Jahresverlauf zeichne sich jedoch ab, dass die Erzeugerpreise ebenso wie die Preise für
Betriebsmittel unter Druck geraten könnten.
Unter dem Strich erwartet der
DBV für das Wirtschaftsjahr 2022/23, dass die Ergebnisse des abgelaufenen Wirtschaftsjahres nicht wieder erreicht werden, die Unternehmen jedoch im Mehrjahresvergleich überdurchschnittlich abschneiden werden.
DBV-Präsident
Joachim Rukwied sprach bei der Vorstellung des Situationsberichts von großen Unsicherheiten in den Märkten, die kaum verlässliche Prognosen zuließen. Hinzu kämen politische Unsicherheiten wie offene Fragen beim Umbau der Tierhaltung sowie insbesondere die Vorschläge der
EU-Kommission zur Halbierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes.
Große Herausforderung
Rukwied nannte vor Journalisten in Berlin gestiegene Erzeugerpreise als Grund für den Einkommensanstieg in der Landwirtschaft. Ursache dafür sei die enge Versorgungslage auf den internationalen Märkten, die sich bereits Mitte letzten Jahres abgezeichnet und mit Ausbruch des Ukraine-Krieges noch verstärkt habe. Den höheren Agrarpreisen stünden allerdings kräftige Preissteigerungen bei Energie sowie Dünge- und Futtermitteln gegenüber.
Der DBV-Präsident verwies auf ein deutliches Nord-Süd-Gefälle in der wirtschaftlichen Entwicklung der Betriebe. Höhere Erzeugerpreise für Milch, Ackerfrüchte und Rindfleisch hätten dafür gesorgt, dass die
Betriebe in Norddeutschland deutlich besser abgeschnitten hätten als im Süden.
Rukwied warnte zugleich davor, die Einkommenszuwächse im abgelaufenen Wirtschaftsjahr überzubewerten. Zum einen sei ihnen eine wirtschaftliche Durststrecke vorausgegangen. Zum anderen sei die Verbesserung der Betriebsergebnisse dringend notwendig, damit die Landwirte die gestiegenen Marktrisiken und auch die Klimarisiken bewältigen könnten.
Düngemittel, Energie, Löhne und andere Betriebsmittel hätten sich drastisch verteuert oder seien nur beschränkt verfügbar. Die Erzeugerpreise wiesen eine hohe
Volatilität auf. Der
Bauernpräsident bezeichnete es als große Herausforderung, „in diesen unsicheren Zeiten eine stabile
Lebensmittelproduktion zu erhalten.“
Verlässliche Grundlage notwendig
Rukwied rief die Verantwortlichen in der Bundes- und EU-Politik auf, die notwendigen Schlussfolgerungen aus der derzeitigen Situation zu ziehen: „Der Green Deal und die Farm-to-Fork-Strategie brauchen neue Ansätze“, forderte er. Der Brüsseler Vorschlag zur Halbierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes über ein Verbot in „sensiblen Gebieten“ sei „der völlig falsche Weg“, weil damit drastische Einbußen der heimischen Produktion zu Gunsten einer wachsenden Importabhängigkeit einhergingen.
Beim
Tierwohl fehle es der Ampelkoalition am politischen Willen für eine Finanzierung des Umbaus. Bei Erneuerbaren Energien richte die Erlösabschöpfung großen Schaden an, weil investierende Landwirte und finanzierende Banken abgeschreckt würden. Allein bei Biogas seien als Reaktion auf die Pläne der Bundesregierung geplante Investitionen von etwa 1 Mrd Euro gestoppt worden.
„Anstatt die Landwirte mit falschen Umweltauflagen und Abschöpfungen zu belasten, brauchen sie eine verlässliche Grundlage für die dringend notwendigen Investitionen“, mahnte Rukwied.
Regionale Unterschiede
Die starken Einkommensverbesserungen in der Milchviehhaltung und im
Ackerbau schlagen sich in den regionalen Ergebnissen nieder. An der Spitze rangieren demgegenüber die Haupterwerbsbetriebe in Schleswig-Holstein. Sie konnten ihr Unternehmensergebnis mit durchschnittlich rund 116.000 Euro im Vergleich zum Wirtschaftsjahr 2020/21 nahezu verdoppeln.
Dahinter rangieren die Haupterwerbsbetriebe in den neuen Ländern mit rund 108.000 Euro je Unternehmen, gefolgt von Niedersachsen mit rund 104.000 Euro, Rheinland-Pfalz mit rund 88.300 Euro und Nordrhein-Westfalen mit gut 73.000 Euro. Mit einigem Abstand folgen die Haupterwerbsbetriebe in Hessen, Baden-Württemberg und Bayern, also Ländern mit kleiner strukturierter Landwirtschaft.
Bezogen auf das Unternehmensergebnis je nicht entlohnter Familienarbeitskraft erzielten die Haupterwerbsbetriebe im Wirtschaftsjahr 2021/22 im Bundesdurchschnitt rund 56.720 Euro. Damit lag das „Bruttomonatseinkommen“ der Landwirte bei etwa 4.700 Euro.
An der Spitze standen die Milchviehbetriebe mit knapp 95.900 Euro je Familienarbeitskraft, gefolgt von den Ackerbau- und den Ökobetrieben mit jeweils gut 90.000 Euro sowie den Weinbaubetrieben mit gut 87.200 Euro. Die Veredlungsbetriebe erzielten knapp 60.000 Euro je Familienarbeitskraft.
So gut wie keine Gebäudeinvestitionen
Die Bruttoinvestitionen der Haupterwerbsbetriebe lagen im Wirtschaftsjahr 2021/22 mit 75.800 Euro um 16 % über dem Vorjahresniveau. Allerdings ist der Zuwachs überwiegend auf neue Bewertungsnormen für Feldinventar, Viehvermögen und Vorräte zurückzuführen.
Der Rest entfällt auf um 4 % höhere Maschineninvestitionen infolge des Investitionsprogramms Landwirtschaft. Gebäudeinvestitionen wurden 2021/22 so gut wie gar nicht vorgenommen. Der DBV führt dies auf weiterhin bestehende große Unsicherheiten über die rechtlichen Rahmenbedingungen beim
Stallbau zurück.
Die nachhaltige Eigenkapitalbildung der letzten drei Wirtschaftsjahre betrug im Durchschnitt der Haupterwerbsbetriebe 16.800 Euro. Zur Sicherung der Existenz ist eine Eigenkapitalbildung von mindestens 10.000 Euro bis 20.000 Euro erforderlich. Etwa die Hälfte der Haupterwerbsbetriebe erreichte in den drei vergangenen Wirtschaftsjahren diese Marke. Die durchschnittliche Eigenkapitalbildung dieser Betriebe betrug 46.100 Euro im Jahr.
Wie ebenfalls auf dem Situationsbericht hervorgeht, setzt sich der
Strukturwandel in der deutschen Schweinehaltung ungebremst fort. Insbesondere in der Sauenhaltung hält der Schrumpfungsprozess an. Laut Situationsbericht wurden im Mai 2022 mit rund 1,95 Millionen Tieren bundesweit fast 9 % weniger
Sauen gezählt als ein Jahr zuvor. Die Zahl der Halter sank im gleichen Zeitraum um 11 % auf rund 5.800.
Innerhalb von zehn Jahren hat sich damit mehr als jeder zweite
Ferkelerzeuger in Deutschland aus diesem Produktionszweig verabschiedet. Insgesamt ist in Deutschland die Zahl der schweinehaltenden Betriebe in den zwölf Monaten bis Mai 2022 um 9,6 % auf etwa 17.400 zurückgegangen. Im Zehnjahresvergleich bedeutet das ein Minus von 41 %.
Die Gesamtzahl der Schweine hat sich binnen zehn Jahren um rund ein Fünftel auf 22,3 Millionen Tiere bei der Erhebung im Mai verringert. Rund 80 % aller gehaltenen Schweine stehen in den 7.300 Beständen mit mehr als 1.000 Tieren.
Große Spannbreite
Auch in der Milchviehhaltung setzt sich der Trend zu größeren Einheiten fort. Laut Situationsbericht stehen mittlerweile 58 % der Milchkühe in Beständen mit 100 oder mehr Tieren. Im Bundesdurchschnitt liegt die Herdengröße bei 71 Kühen. Die Spannbreite reicht von durchschnittlich 44 in Bayern bis 244 Kühen in Mecklenburg-Vorpommern.
Die Zahl der Betriebe geht in der Milchviehhaltung ebenfalls stetig zurück, allerdings weniger stark als in der Schweinehaltung. Die Zahl von 53.700 Milchviehhaltern im Mai 2022 bedeutete einen Rückgang um 3,9 % gegenüber dem Vorjahresmonat. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der
Milchviehhalter in Deutschland um 37 % verringert. Im gleichen Zeitraum ging die Zahl der hierzulande gehaltenen Milchkühe um 8,9 % auf gut 3,8 Millionen Tiere zurück.