Deshalb sei es an der Zeit, gemeinsam mit der Wissenschaft neu über die Ziele und den Fortschritt nachzudenken, offen und unvoreingenommen, sagte Paetow heute auf der DLG-Wintertagung in Münster.
Der DLG-Präsident zeichnete die rasante Produktionsentwicklung nach, die Deutschlands Landwirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten genommen hat, getrieben von immer neuen Innovationen. Resümierend stellte er fest, dass mittlerweile die Grenze des rein an Produktivität und Technik orientierten Fortschritts erreicht sei. Die Akzeptanz von technischem Fortschritt, einzig und allein aus dem Grund, dass er das tägliche Leben vereinfache, sei nicht mehr gegeben: „Im Ergebnis ist Fortschritt heute nicht mehr grundsätzlich positiv belegt, sondern wird von vielen auch als Gefahr und Risiko gesehen“.
Im
Ackerbau habe der technische Fortschritt zu einer
Spezialisierung auf wenige, extensive Kulturen geführt, verbunden mit sehr engen Fruchtfolgen,
Resistenzen bei Ungräsern und Schädlingen und einem zunehmenden Krankheitsdruck bei Pflanzen, erklärte der DLG-Präsident. Die Tierhaltung sei hochproduktiv, und bisher hätten die
Leistungssteigerung und die Anpassung des Tieres an die vorgegebenen Prozesse an erster Stelle gestanden. Aufgrund der immer größeren Bestände und regional deutlicher Nährstoffüberschüsse täten sich aber heute die Fragen nach den Grenzen des ethisch Vertretbaren in der Tierzucht und der Tierhaltung auf.
Für den einzelnen Landwirt werde es immer schwerer zu entscheiden, welchen Fortschritt er einführen müsse, um seine Ziele zu erreichen, gab Paetow zu bedenken. Die Messlatte sei nicht mehr allein die Produktivität. Hinzu kämen die Auswirkungen auf die Umwelt und das Klima, die ethische Vertretbarkeit in der Tierhaltung und auch die Anschlussfähigkeit an die Bedürfnisse der Gesellschaft. Je komplexer und dynamischer das Umfeld werde, umso höher sei für den Landwirt das Fehlerpotential auf der Suche nach der bestmöglichen Lösung.