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17.01.2016 | 14:30 | Zukunft des Lebensmitteleinkaufs 

Lebensmittelkauf im Netz ein Milliardengeschäft

Frankfurt/Main - Der Händler deponiert das im Internet bestellte Gemüse in einer Poststation mit Kühlaggregat vor dem Haus. Der Supermarkt bringt die bestellten Lebensmittel zu einem vereinbarten Ort oder stellt sie im Geschäft zum Abholen bereit - So sehen Fachleute die Zukunft des Lebensmitteleinkaufs.

Lebensmitteleinkauf der Zukunft
Noch kaufen nur wenige Menschen in Deutschland Mehl, Butter oder Fleisch per Mausklick im Internet. Das wird sich ändern - sind Fachleute überzeugt. Stirbt dann der Supermarkt aus? (c) proplanta
Zwar wird in Deutschland Studien zufolge bislang erst ein Prozent des Umsatzes mit Lebensmitteln per Mausklick erwirtschaftet. «Wir rechnen aber damit, dass der Online-Einkauf von Lebensmitteln schon bald ganz selbstverständlich zu den alltäglichen Einkaufkanälen gehören wird», sagt die Vorstandsvorsitzende der Nestlé Deutschland AG, Béatrice Guillaume-Grabisch.

«Alle großen Firmen, die im Internetbusiness tätig sind, drängen in diesen Markt der Online-Lebensmittellieferung hinein und investieren gerade Milliarden», sagt der Geschäftsführer vom Zukunftsinstitut Workshops, Andreas Steinle.

Hanni Rützler vom Zukunftsinstitut in Wien ist überzeugt: «Wir werden uns unsere Getränke, unser Klopapier und unsere Standardprodukte künftig schicken lassen.» Knackpunkt seien in der mobilen Arbeitswelt die Lieferadresse sowie Produkte wie Fleisch, Obst und Gemüse. «Bei frischen Lebensmitteln wollen die Leute selber sehen und entscheiden.» Ob sich der Kauf solcher Produkte im Internet rechne, hänge von der Qualität und der Organisation ab. «Da wird erst eine neue Kultur entstehen mit völlig neuen Serviceangeboten.»

Die persönlichen Poststationen mit Kühlung nennt Zukunftsforscher Steinle als Beispiel. Denn neben der schnellen Auslieferung sei in Zeiten immer flexiblerer Arbeitszeiten die größte Schwierigkeit, dass Verbraucher und Lieferant zusammen kommen. «Muss bei Lieferung zu Hause sein» und «zu umständlich» sind dann auch zwei der wichtigsten Gründe gegen den Online-Lebensmitteleinkauf, die Verbraucher in einer neuen repräsentativen Studie im Auftrag der Nestlé AG nennen. Und: «Supermarkt ganz in der Nähe.»

«Der große Löwenanteil wird auch künftig noch im Supermarkt gekauft, einfach weil es extrem praktisch ist», ist Steinle überzeugt. «Aber der Online-Lebensmittelhandel wird trotzdem interessant, gerade wenn es um Spezialitäten geht, zum Beispiel hochwertiges Fleisch.» Das sehen auch die Befragten so: «Lebensmittel, die ich in der Nähe nicht bekomme» sowie «exotische beziehungsweise besondere Lebensmittel» und «individuelle Lebensmittel» nennen sie als Argumente für die Bestellung per Mausklick.

Ein Fünftel der Verbraucher bestellt der Studie zufolge derzeit regelmäßig Lebensmittel oder Tiernahrung im Internet. Als Inspirationsquelle zum Kochen sei das Netz bereits die Nummer eins - noch vor der eigenen Rezeptsammlung, sagt die Leiterin der Nestlé-Marktforschung, Katja Popanda. Fast die Hälfte der Befragten poste Bilder vom Essen im Internet. 16 Prozent nutzten zudem beim Essen bereits häufig Lieferdienste.

Soziologe Alfred Fuhr sagt, die Generation der 25- bis 45-Jährigen werde diesen Trend verstärken. Denn sie habe extremen Zeitdruck, könne Lebensmittel nicht mehr konservieren und nutze das Internet intensiv. Der Online-Lebensmittelhandel biete auch alten Menschen viele Vorteile. «Warum soll ich mich noch mit Lebensmitteltüten abschleppen, wenn ich mir das liefern lassen kann?» Dabei komme es auch auf serviceorientiert freundliche Lieferanten an. Zugleich stärke der Internethandel den Verbraucher: «Ich sitze vor meinem Rechner, filter die Werbung raus, gehe zu meinem Kühlschrank und schaue, was ich wirklich brauche und haben will und kaufe nur das.»

Die Wiener Zukunftsforscherin Rützler sagt: «Die spannende Frage ist: Gelingt es, den Servicegedanken für den Kunden zu leben.» In den USA boomten Lebensmittellieferungen per Internet vor allem in den Städten, wo es keine Parkplätze mehr gebe oder die Parkstrafen sehr hoch seien. «Der Städter will nicht immer mit dem Auto an den Stadtrand, um groß einzukaufen. Das macht auch unter dem Aspekt Nachhaltigkeit und Zeitmanagement im Alltag immer weniger Sinn.»
dpa
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