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24.01.2021 | 19:30 | Düstere Aussichten 

Massive Gewinneinbußen der Agrarbetriebe erwartet

Berlin - Der Verband der Landwirtschaftskammern (VLK) bescheinigt den landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetrieben „düstere Aussichten“ im laufenden Wirtschaftsjahr 2020/21.

Gewinneinbußen der Agrarbetriebe
(c) proplanta
Wie der VLK am vergangenen Freitag (22.1.) in Berlin berichtete, ist im Durchschnitt aller Betriebe und Regionen mit erheblichen Eigenkapitalverlusten und rückläufigen Gewinnen zu rechnen.

Die stärksten Gewinneinbußen von bis zu 47 % würden für die Schweinehochburgen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen erwartet. Der Schweinepreis habe sich zum Jahreswechsel 2020/21 auf dem niedrigsten Niveau seit fast 15 Jahren bewegt.

Die Rentabilität der Veredlungsbetriebe wird nach Einschätzung der Fachleute nach dem Rekordjahr 2019/20 in einen existenzbedrohenden Bereich abrutschen. Für Niedersachsen wird hier mit einem Einbruch der Betriebsergebnisse auf durchschnittlich nur 14.000 Euro gerechnet und für Nordrhein-Westfalen mit einem Rückgang auf 17.000 Euro.

Die Gewinne der Futterbaubetriebe sind laut VLK bereits seit drei Jahren rückläufig. Hier werde wohl eine Spanne zwischen 44.000 Euro in Niedersachsen und 59.000 Euro im Saarland erreicht. Die Getreidepreise befinden sich den Kammern zufolge zurzeit zwar auf einem Mehrjahreshoch, wovon die Ackerbauern im laufenden Wirtschaftsjahr aber nicht mehr profitieren können.

Die Regionen mit einer Landwirtschaftskammer zeigen nach Angaben des VLK bei den Ackerbauern unterschiedliche Entwicklungen. Beispielsweise dürften die Unternehmensergebnisse in niedersächsischen Betrieben um 16 % auf durchschnittlich 62.000 Euro sinken und in Nordrhein-Westfalen um 19 % auf 53.000 Euro.

Auch für Rheinland-Pfalz wird ein Rückgang erwartet, und zwar von 11 %. Anders sehe die Situation im Saarland und in Schleswig-Holstein aus, wo mit Zuwächsen von 14 % beziehungsweise 19 % gerechnet werde. Bedingt durch landesspezifische Betriebsstrukturen und ausgehend von einem schlechten Vorjahr könnten die dortigen Landwirte zum Niveau der anderen Bundesländer aufschließen, so die Kammern.

Drittes Trockenjahr in Folge

Der Winter 2019/20 war zu mild. Schädlinge bereiteten im weiteren Vegetationsverlauf Probleme. Der Frühling 2020 präsentierte sich erneut außergewöhnlich trocken. Regional verursachten Spätfröste größere Schäden. Auch im Frühsommer fehlten Niederschläge. Infolge der vorangegangenen Dürrejahre konnten die Böden kaum noch Feuchte nachliefern.

Auch im Erntejahr 2020 war Wasser der limitierende Wachstumsfaktor. Die Erträge bei Getreide lagen dicht unter dem langjährigen Mittel und damit etwa auf dem Niveau des mäßigen Vorjahres. Regional wurden je nach Bodengüte aber auch bis zu 90 dt/ha erreicht. In den südwestlichen Teilen der Republik konnten sogar leichte Mehrerträge realisiert werden. In den nordöstlichen Regionen blieben die Hektarerträge deutlich hinter den Durchschnittswerten der Vorjahre zurück.

Beim Raps konnte das schwache Vorjahresergebnis überwiegend überboten werden. In den Ländern mit einer Landwirtschaftskammer wurden gute Hektarerträge von bis zu 40 dt erzielt. Wie schon in den letzten Jahren hatten die Zuckerrüben auch 2020 mit massiver Trockenheit zu kämpfen. Niederschläge im September sorgten noch für Ertragszuwächse. Die Zuckergehalte waren leicht überdurchschnittlich. Unter dem Strich wurden bis zu 815 dt/ha gerodet.

In den Bundesländern mit einer Landwirtschaftskammer brachten die Kartoffeln Hektarerträge von bis zu 450 dt. Damit wurden die schlechten Ernteergebnisse der beiden vorangegangenen Trockenjahre größtenteils übertroffen.

Grundfuttermangel in Grünlandregionen

Regional sind im Wirtschaftsjahr 2020/21 wegen unzureichender Bodenwasservorräte Einbußen in der Grundfutterproduktion zu verzeichnen. Nach einem durchwachsenen, ersten Grünlandschnitt brachte die verbleibende Vegetationsperiode keine großen Masseerträge mehr. Insbesondere in Teilen Niedersachsens kam es zudem durch Mäusefraß und durch einen Befall mit Tipula-Larven zu Ernteeinbußen durch Schäden an der Grasnarbe. Fehlende Futtervorräte führten zu Grundfuttermangel.

Preise für Marktfrüchte durchmischt

Im neuen Wirtschaftsjahr 2020/21 ist der Markt mit Getreide nur knapp versorgt. Die gesamteuropäische Ernte blieb hinter den Erwartungen zurück. Zusätzlich musste Russland seine Exporte drosseln, um seine heimische Versorgung sicherzustellen. Die Marktnotierungen für Getreide steigen deshalb. Die hohen Preise ab der Jahreswende haben den meisten Produzenten aber nichts mehr genutzt, denn das Gros der Ernte war dann bereits vermarktet.

Über das gesamte Wirtschaftsjahr gesehen rechnen die Landwirtschaftskammern mit Preisen von bis zu 9 % über dem Vorjahreszeitraum. Der Rapsmarkt tendiert im Vergleich zum Vorjahr leicht positiv. Auch international zogen die Weltmarktpreise für Ölfrüchte an.

Die Kartoffelpreise geben um bis zu 35 % nach. Die Ursache ist vor allem in der Corona-Pandemie begründet. Geschlossene Kantinen, Mensen, Gaststätten und ausgefallene Großveranstaltungen ließen die Nachfrage einbrechen. Eine gute Ernte sorgt für gut versorgte Märkte, so dass sich die Preise zusätzlich unter Druck befinden.

Milchpreise weiterhin niedrig

Auch die Situation am Milchmarkt ist durch die Pandemie gekennzeichnet. Schulmilchprogramme sind eingestellt, Gastronomiebetriebe sind geschlossen und der Lockdown reduziert die Absatzmöglichkeiten. Die Auswirkungen auf die heimischen Erzeugerpreise wären gravierender, wenn sich das weltweite Wachstum der Milchproduktion gegenwärtig nicht abschwächen würde. Insofern gehen die Landwirtschaftskammern von einem ganzjährigen Rückgang des Erzeugerpreises von bis zu 2 % aus.

Notierungen für Rinder rückläufig

In Folge des ersten Lockdowns sind dieRinderpreise gesunken. Der vorwiegende Grund war die Schließung von Restaurants und anderen Gastronomie-Betrieben. Nach zwischenzeitlicher Erholung verschärft der zweite Lockdown den Nachfragerückgang erneut. Bei den Mastrindern legt die Prognose einen Preisrückgang von bis zu 5 % zu Grunde. Bei Altkühen wird mit einem Preisminus von knapp 20 % gegenüber dem Vorjahr gerechnet. Beim weiblichen Zuchtvieh nehmen die Landwirtschaftskammern einen ganzjährigen Preisabschlag von bis zu 8 % an. Für die Kälber erwarten die Fachexperten um 20 % geringere Notierungen.

Niedrigstes Preisniveau für Schlachtschweine seit 15 Jahren

Die im September 2020 in Deutschland aufgetretene Afrikanische Schweinepest (ASP) führte aus seuchenhygienischen Gründen zur Verhinderung von Schweinefleisch-Exporten nach Asien. Weit verbreitet mussten Schlachtstätten ihre Kapazitäten coronabedingt reduzieren. Dies verursachte in den Ställen einen erheblichen Stau an Schlachtschweinen. Der Schweinepreis befand sich zum Jahreswechsel 2020/21 auf dem niedrigsten Stand seit fast 15 Jahren. Insgesamt wird ein Preisrückgang von bis zu 28 % bei der Berechnung zugrunde gelegt.

Ferkelpreise teils halbiert

Vor dem Hintergrund der Absatzschwierigkeiten bei Schlachtscheinen sind die Mastabteile voll. Die Mäster können keine Ferkel einstallen. Die verminderte Nachfrage führt zu dramatischen Einbrüchen bei den Ferkelpreisen. Die Landwirtschaftskammern rechnen damit, dass die Notierungen um bis zu 50 % unter denen des Vorjahres rangieren werden.

Ackerbau schwächelt, steht aber noch am besten da

Die Regionen mit einer Landwirtschaftskammer zeigen unterschiedliche Entwicklungen. In Rheinland-Pfalz (- 11 %), Niedersachsen (- 16%) und Nordrhein-Westfalen (- 19%) geben die Unternehmensergebnisse nach. Erreicht werden absolute Größenordnungen zwischen 53 000 Euro (Nordrhein-Westfalen) und 62.000 Euro (Niedersachsen).Anders sieht die Situation für das Saarland (+ 14 %) und Schleswig-Holstein (+ 19 %) aus. Bedingt durch landesspezifische Betriebsstrukturen und ausgehend von einem schlechten Vorjahr können die dortigen Landwirte zum Niveau der anderen Bundesländer aufschließen. Damit ist eine Vergütung der eingesetzten Produktionsfaktoren Arbeit, Boden und Kapital nur teilweise möglich.

Das Maß der Vergütung wird als Nettorentabilität bezeichnet und in % angegeben. Per Saldo ergibt sich im Ackerbau eine Faktorvergütung um 70 %. Das entspricht einer Verschlechterung von rund 10 % gegenüber dem Vorjahr. Nach den Spezialisierungsformen gesehen ergeben sich jedoch Differenzierungen. Betriebe mit den Schwerpunkten Getreide und Raps schneiden gegenüber dem Vorjahr leicht positiv ab. Kartoffeln sorgen bei Hackfruchtbetrieben für rückläufige Unternehmensergebnisse.

Futterbaubetriebe müssen Minderumsätze und hohe Futterkosten akzeptieren

Gesunkene Milchpreise und geringe Erlöse aus der Altkuh- und Rindfleischvermarktung, sowie hohe Futterkosten setzen die Futterbaubetriebe unter Druck. So geben die Unternehmensergebnisse gegenüber dem Vorjahr abermals nach. Die Spanne reicht von 8 % im Saarland bis hin zu 22 % in Niedersachsen. Erreicht werden Gewinne zwischen 44.000 Euro in Niedersachsen und 59.000 Euro im Saarland. Die damit verbundenen Werte der Nettorentabilität schwanken zwischen 53 % in Niedersachsen und 80 % im Saarland.

Die Wirtschaftlichkeit nimmt um bis zu 20 % ab. Auch bei den Futterbaubetrieben bewirken die produktionstechnischen Ausrichtungen markante Unterschiede. Spezialisierte Milchviehbetriebe verzeichnen einen geringeren Rückgang des Gewinns als spezialisierte Bullenmäster und Mutterkuhhalter.

Schweinehaltung: Ruinöse Verhältnisse

Der Vorjahresboom in der Schweinehaltung war nur ein Zwischenhoch. Im laufenden Jahr wird die Situation dramatisch. Näher betrachtet werden die Bundesländer Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, in denen die meisten Schweine gehalten werden. In Niedersachsen brechen dieUnternehmensergebnisse auf 14 000Euro ein und in Nordrhein-Westfalen auf 17.000 Euro. Ausgehend von einer Nettorentabilität im Vorjahr von deutlich über 100 % gibt diese im laufenden Wirtschaftsjahr um bis zu 90 % nach. Die eingesetzten Produktionsfaktoren können nur noch bis zu 16 % vergütet werden. Die Betriebsergebnisse bleiben hinter dem Durchschnittsgewinn der zurückliegenden fünf Jahre zurück, und zwar bis zu 78 %.

Verbesserung der Ergebnisse im Weinbau erwartet

Regional sehr unterschiedlich waren die Ernteergebnisse im Weinbau 2020, dem dritten Jahr in Folge mit langem, trockenem und heißem Sommer. Im Durchschnitt konnte deutlich mehr Menge mit besseren Qualitäten als 2019 geerntet werden. Im Vorjahr „geplünderte“ Lagerbestände können wieder aufgefüllt werden. Trotz allgemeiner zum Teil deutlicher Kostensteigerung werden Weinbaubetriebe im Wirtschaftsjahr 2020/21, bei annähernd gleichen Preisen wie 2019/20, ihr Unternehmensergebnis wieder steigern.

Eigenkapitalverluste in allen Betriebsformen

Keine Hauptspezialisierungsform der Landwirtschaft kann im laufenden Wirtschaftsjahr punkten. Die Lage im Ackerbau ist mäßig bis schlecht, im Futterbau ist die Situation noch angespannter. Für die Veredlung wird es ein wahrlich dramatisches Jahr. Im Durchschnitt aller Betriebsformen und über alle Regionen hinweg gesehen geben die Gewinne nach. Am geringsten ist das Saarland mit minus 3 % betroffen. Denn dort gibt es kaum Schweine und auch kaum einen Hackfruchtanbau.

Am stärksten prägt sich die negative Tendenz für die Schweinehochburgen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen mit bis zu 47 % Rückgang des Gewinns aus. Wenn man das Saarland (mit 78 % Nettorentabilität) einmal ausklammert, können die eingesetzten Produktionsfaktoren nur in etwa zur Hälfe vergütet werden.

Zusammenfassend ist einzuschätzen, dass die Corona-Pandemie auch in der deutschen Landwirtschaft schweren Schaden verursacht hat. Das zeitgleiche Auftreten der Afrikanischen Schweinpest, der Geflügelgrippe und der dritten Dürre in Folge sorgen für übergreifend schlechte Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft. Die Haupterwerbsbetriebe müssen nennenswerte Eigenkapitalverluste und große Liquiditätsprobleme im laufenden Wirtschaftsjahr verkraften.
AgE
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