«Sie reichen aber bei weitem nicht aus und müssen um den Faktor zehn erhöht werden.» Entscheidend sei auch, dass die Beschlüsse nun schnell umgesetzt werden. «Von Ankündigungen können unsere Milchbauern nicht leben.»
Beim
Bauerntag in Bad Hersfeld machten die Landwirte auf ihre prekäre Situation mit einer Demonstration aufmerksam. Rund 400 Teilnehmer beteiligten sich an dem Protestmarsch vom Veranstaltungsort, der Schildehalle, durch die Innenstadt bis zum Rathaus. Dort sorgten Mitglieder der Hessischen
Landjugend mit einer besonderen Aktion für Aufsehen.
Am Ende der Kundgebung sprangen sie angezogen in den Lullusbrunnen. «Wegen der zu niedrigen
Erzeugerpreise geht die Landwirtschaft baden. Der Handel macht uns nass», verdeutlichte der Vorsitzende der Landjugend, Lars Döppner.
Die Preise in der aktuellen Milchmarkt-Krise sind für die Bauern teils unter 20 Cent je Liter gefallen. Um die Kosten decken zu können, gelten mindestens 35 Cent als nötig. Ursache des seit Monaten andauernden Preistiefs sind große Milchmengen auf den Märkten. Die Preise seien «unterirdisch und völlig inakzeptabel», sagte Schmal. «Sie treiben unsere Milchviehbetriebe in den Ruin.»
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) hatte am Montag Vertreter von Bauern, Molkereien und Handel zu einer Krisensitzung nach Berlin eingeladen und danach ein Nothilfe-Paket skizziert. Neben den mehr als 100 Millionen Euro sind etwa auch Steuerentlastungen und Zuschüsse zur Unfallversicherung vorgesehen.
Hessens
Agrarministerin Priska Hinz (Grüne) kritisierte Schmidt: «Der
Milchgipfel war schon eine sehr gewöhnungsbedürftige Veranstaltung.» Die Länderminister und einige Verbände seien nicht eingeladen gewesen. Und: Die 100 Millionen Euro seien «in den Wind geschossen», weil es an viel wichtigeren Strukturveränderungen fehle. Sie empfahl unter anderem: «Man muss mit den Molkereien härter verhandeln.»
Hinz appellierte aber auch an die Verbraucher, ihrer Verantwortung beim Einkaufen gerecht zu werden. Sie müssten reelle Preise zahlen, um Milch von heimischen Betrieb bekommen zu können. Sie sollten im Laden nicht gleich zur billigsten Milch greifen.
Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, verdeutliche mit einigen Zahlen die dramatische Situation für die Betriebe. «Die Landwirte haben in zwei Jahren mehr als die Hälfte ihrer Einnahmen verloren.» Er erklärte, dass nicht allein die deutschen Bauern mit ihrer Produktion für das Überangebot auf dem Markt verantwortlich seien. Auch die Milcherzeugung in anderen EU-Staaten habe Einfluss auf die Preise. Das Russland-Embargo habe ebenfalls die deutschen Bauern hart getroffen. Dadurch hätten sie eine Milliarde an Einnahmen verloren.
«Die Politik ist in der Pflicht, jetzt zu handeln. Es ist höchste Zeit. Die Bauern sind in Not», betonte Rukwied. Er forderte unter anderem Soforthilfen und Steuervorteile für die Milchbauern. Aber auch die Molkereien und die Lebensmittelwirtschaft müssten ihrer Verantwortung gerecht werden. «Es muss mit den Molkereien neu verhandelt werden über die Preise.»
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium, Peter Bleser, machte den Bauern Hoffnung auf zusätzliche Hilfen: «Wir sind dabei, weitere Mittel loszueisen.» Die Marktlage sei dramatisch und Besserung nicht in Sicht.