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30.10.2022 | 20:34 | Kriegsgebiete 

Mindestens ein Fünftel der Agrarflächen in der Ukraine nicht nutzbar

Brüssel / Kiew - Die ukrainische Regierung zeigt sich trotz der zuletzt erzielten Erfolge auf dem Schlachtfeld gegen Russland mit Blick auf die Landwirtschaft pessimistisch.

Agrarflächen
Diese Felder sind entweder vermint oder Teil des Schlachtfeldes beziehungsweise von Russland besetzt - Anteil könnte laut des stellvertretenden Agrarministers Dmytrasevych sogar noch auf 40 Prozent steigen - Kiew bittet um Lastkraftwagen - Benötigt wird auch Saatgut für die Frühjahrsbestellung - Russlands Angriffe auf die Energieversorgung treffen auch die Landwirtschaft - Selensky beklagt auch Behinderung der Getreideexporte. (c) proplanta
Mindestens 20 % der Agrarflächen der Ukraine seien im kommenden Jahr nicht nutzbar, berichtete der stellvertretende Agrarminister Markiyan Dmytrasevych am Dienstag vergangener Woche (25.10.) per Online-Schaltung vor dem Landwirtschaftsausschuss des Europaparlaments in Brüssel.

Er verwies darauf, dass diese Flächen entweder vermint oder Teil des Schlachtfeldes seien beziehungsweise sich in den von Russland besetzten Gebieten befänden. Aktuell hätten lediglich rund 60 % der Ackerflächen bestellt werden können, erklärte der stellvertretende Ressortchef.

Je nachdem, wie sich die Lage im kommenden Frühjahr entwickeln werde, könne der Anteil von Flächen, die 2023 nicht abgeerntet werden könnten, sogar auf bis zu 40 % steigen. Insbesondere die Minenräumung gestalte sich schwierig. Was sein Land jetzt benötige, sei vor allem Saatgut. Lieferungen davon könnten helfen, im Frühjahr - soweit möglich - die Flächen mit Sommerfrüchten zu bestellen.

Von den EU-Agrarpolitikern nach gewünschten Hilfen gefragt, bekräftigte Dmytrasevych insbesondere die Forderung seiner Regierung nach Lastkraftwagen, um den Transport von Getreide über die Solidaritätskorridore forcieren zu können. In diesem Zusammenhang stellte der stellvertretende Minister klar, dass die Ukraine weiter auf diese Solidaritätskorridore angewiesen sei. Er appellierte an die Abgeordneten, diese Exportwege langfristig auszulegen.

Grain Deal sehr unsicher



Zwar sei der Transport über den Landweg sehr viel teurer als über den Seeweg, jedoch bestehe die Sorge, dass Russland den Ende November auslaufenden Grain Deal zur Offenhaltung der ukrainischen Schwarzmeerhäfen nicht verlängere. Daher sei die Ukraine auf die EU zum Export der eigenen Agrargüter dringend angewiesen, betonte Dmytrasevych.

Ein weiteres Problem sei die Düngemittelknappheit. Auch dies werde aller Voraussicht nach die Erträge beziehungsweise Erntemenge reduzieren. Zudem würden auch die zuletzt massiv ausgeweiteten Angriffe auf die ukrainische Energieversorgung die Landwirte hart treffen. Dies gelte unter anderem für die Milchkuh- und die Geflügelhaltungen.

Nachdrücklich bat Dmytrasevych die EU daher um die Bereitstellung von Dieselgeneratoren. Indes wiesen Abgeordnete des Landwirtschaftsausschusses darauf hin, dass es auch in der EU teilweise Engpässe gebe. So stellten die Agrarsprecher der liberalen Fraktion Renew Europe (RE) und der Grünen/EFA, Ulrike Müller und Martin Häusling, fest, dass aktuell auch in der Europäischen Union ein Mangel an Dieselgeneratoren herrsche.

Stau an den Seehäfen



Derweil beklagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wiederholt eine massive Behinderung der Getreideexporte aus den Schwarzmeerhäfen des Landes durch Russland. Es gebe einen künstlichen Stau von 150 Schiffen, weil Russland absichtlich deren Passage verhindere, sagte Selenskyj am vorletzten Freitag (21.10.) in einer Videobotschaft. Der Feind tue alles, um „unsere Lebensmittelexporte zu verlangsamen".

Wegen der Verzögerungen habe die Ukraine bislang 3 Mio t Getreide weniger als erwartet exportieren können. Selenskyj warf Russland erneut vor, auf diese Weise eine Lebensmittelkrise und soziale Spannungen in der Welt hervorrufen zu wollen. Im Juli hatte Moskau unter Vermittlung der Vereinten Nationen (UN) und der Türkei dem „Grain Deal“ mit Kiew zugestimmt.

Zuletzt hatte es aber gedroht, die Vereinbarung nicht zu verlängern. Staatspräsident Wladimir Putin hatte sich unzufrieden mit der Umsetzung gezeigt. Russische Medien zitierten den ersten stellvertretenden Vertreter Russlands bei den Vereinten Nationen, Dmitri Poljanskij, dass Moskau „möglicherweise“ die Zusammenarbeit mit der UN „revidieren“ und das Getreideabkommen nicht verlängern werde.

Bei den Vereinten Nationen gibt man sich dennoch verhalten optimistisch. „Wir wollen das jetzt umgehend erneuert sehen“, sagte UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths am Mittwoch (26.10.). Er sei „noch relativ optimistisch“. Das Abkommen läuft am 19. November aus.
AgE
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