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20.06.2019 | 00:59 | Welternährung & Klimaschutz 

Nachhaltigkeitsziele der UN drohen zu scheitern

New York - Die Weltgemeinschaft könnte einer neuen globalen Studie zufolge an den selbst gesteckten UN-Nachhaltigkeitszielen scheitern.

Welternährung
Ein Drittel der Lebensmittel weltweit landen im Müll, während 800 Millionen Menschen unterernährt sind. Mit solchen Entwicklungen droht den UN-Nachhaltigkeitszielen Wissenschaftlern zufolge das Scheitern.Deutschland bezeichnen sie als «symptomatisch» - auch beim Klima. (c) proplanta
Vier Jahre nach ihrer Verabschiedung 2015 sei kein Land auf dem Weg, alle 17 übergeordneten Punkte zu erfüllen, teilten die Autoren einer weltweiten Studie unter Federführung des UN-Sonderberaters Jeffrey Sachs mit.

«Den historischen Versprechen sind kaum Taten gefolgt», sagte Aart De Geus, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann-Stiftung, die den Bericht mit herausgibt. Man müsse die UN-Ziele in konkrete Maßnahmen überführen. «Armut und ungleiche Bildungschancen verschwinden nicht durch Lippenbekenntnisse, sondern nur durch Taten.»

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller rief die Industriestaaten zu einem verstärkten Einsatz für die UN-Nachhaltigkeitsziele auf. «Das gilt besonders für den Klimaschutz - denn das ist eine Überlebensfrage der Menschheit», sagte der CSU-Politiker am Mittwoch in Berlin. Er verwies auf die Allianz für Entwicklung und Klima, die sein Ministerium auf den Weg gebracht habe. Ziel ist ein Bündnis aus Privatwirtschaft, Behörden und Nichtregierungsorganisationen, um Klimaneutralität zu erreichen.

Die Nachhaltigkeitsziele gelten als die globalen Vorsätze der Vereinten Nationen und seiner Mitgliedsstaaten. Zu ihnen gehört, dass kein Mensch mehr in Armut leben oder Hunger leiden darf, dass der Zugang zu Bildung und der Gesundheitszustand verbessert werden, die Diskriminierung von Frauen beseitigt und der Klimawandel bekämpft werden sollen. Die Ziele sollen bis 2030 erreicht werden. Im September wollen die Staats- und Regierungschefs bei den UN in New York eine Zwischenbilanz über das bislang Erreichte ziehen.

Dabei gibt es der Studie zufolge, für die Daten aus 193 Ländern verglichen wurden, auch und vor allem großen Nachholbedarf bei den reichen Industriestaaten. Zwar kämen sie der Erfüllung der Ziele am nächsten - Schweden, Dänemark und Finnland erreichen die besten Noten, indem sie die Vorgaben zu fast drei Vierteln erfüllt haben -, verursachen durch Massenkonsum und hohe Lebensstandards jedoch hohe ökologische und wirtschaftliche Kosten für andere Länder. So führe die hohe Nachfrage nach Palmöl zu Waldrodungen in den Tropen, die Einlagerung von Geld in Steueroasen schade letztlich auch Entwicklungsländern.

Deutschland liegt im internationalen Vergleich auf dem sechsten Platz, stehe aber «symptomatisch» für das Abschneiden der Industriestaaten: «Deutschland ist bei einigen UN-Zielen auf einem guten Weg, doch wir werden die Nachhaltigkeitsagenda verfehlen, wenn wir politisch in zentralen Bereichen nicht umsteuern», meint Mitautor Christian Kroll. So hinke die Bundesrepublik zum Beispiel in den Bereichen Klimaschutz und nachhaltiger Konsum hinterher. Auch habe Deutschland in den sozialen und ökonomischen Nachhaltigkeitszielen noch Nachholbedarf, von Geschlechtergerechtigkeit bis zur Reduzierung der Armutsquote.

Auch global zeigt der Bericht bei Klimaschutz und nachhaltigem Konsum die größten Nachlässigkeiten. Im Bereich der klimapolitischen Konzepte wird eine weitere Studie zitiert, in der USA, Russland, die Türkei und Saudi-Arabien mit einem «kritisch unzureichend» am schlechtesten bewertet werden. Die Politik von Deutschland und anderen EU-Staaten wird demnach etwas besser, aber noch immer als «unzureichend» eingestuft.

Zudem rügen die Autoren die schlechte Vorbildrolle der G20-Staaten. So seien die Industrieländer insgesamt für rund die Hälfte der globalen Umsetzungslücken zur Erreichung der Ziele verantwortlich. Hier fielen besonders die USA, Brasilien, China, Indien und Indonesien negativ auf. Nur wenige der G20-Mitglieder gäben bislang die von den UN geforderten 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) für Entwicklungshilfe aus.

Gleichzeitig kritisiert der Bericht das Missverhältnis aus Überproduktion von Nahrung auf der einen und Mangelernährung auf der anderen Seite. Denn während ein Drittel der Lebensmittel weltweit weggeschmissen werde, gälten noch immer 800 Millionen Menschen als unterernährt.
dpa
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