Die europäischen Agrarminister berieten am Montag in Brüssel entsprechende Vorschläge der EU-Kommission. Die Behörde will die sogenannten Interventionskäufe für Butter und Magermilchpulver bis Ende Februar 2010 und notfalls bis 2011 verlängern. Eigentlich sollten sie Ende August auslaufen. Staatssekretär Gert Lindemann zeigte sich zuversichtlich, dass die Minister den Notmaßnahmen zustimmen werden.
Damit solle «der Überschuss an Milch und Milchprodukten, der momentan auf EU-Ebene vorhanden ist, geordnet abfließen (...) und nicht zu weiteren desaströsen Entwicklungen der
Milchpreise nach unten» führen, sagte Lindemann. Erste Erkenntnisse aus einer Marktanalyse der
EU-Kommission zeigten, «dass wir in der Tat momentan eine desaströse Situation auf dem Weltmilchmarkt haben».
EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel soll das Papier am 22. Juli vorlegen. «In der Studie soll von einem Zusammenbruch des Funktionierens des Weltmilchmarktes die Rede sein», warnte Lindemann.
Die EU kauft Butter und Magermilch auf, sobald die Preise unter ein gewisses Niveau fallen. Damit soll der Markt gestützt werden («Intervention»). Bis 25. Juni wurden nach Kommissionsangaben bereits 81.000 Tonnen Butter und 203.000 Tonnen Magermilchpulver aufgekauft. Derzeit bewegen sich die Preise auf dem Niveau des EU-Sicherheitsnetzes von 21 Cent je Liter. Nach Angaben der Brüsseler Experten können damit vor allem kleinere Milchbauer ihre variablen Kosten nicht mehr decken. Im Visier der Kommission ist besonders die Handelskette von den Bauern über die Molkereien bis zu den großen Supermarktketten. Es sei unklar, wo genau die Gewinne abgeschöpft würden und weshalb die Bauern so wenig für ihre Milch erhielten, heißt es in Brüssel.
Auf der Agenda des Agrarministerrats stand auch die Erhöhung der
Milchquote, also der gesetzlichen Obergrenze für die jährliche Milchproduktion. Sie soll bis 2013 automatisch um ein Prozent jährlich erhöht werden und 2015 auslaufen. Eine Mehrheit der EU-Staaten will diesen Beschluss vom vergangenen November trotz der niedrigen Preise nicht anrühren. Die Bundesregierung will dagegen zumindest die jährliche Erhöhung hinterfragen. «Wir akzeptieren zwar das Argument der Kommission, dass momentan sowieso weniger Milch produziert wird als an Quote vorhanden ist», sagte Lindemann. «Aber für uns hat das nach wie vor eine erhebliche symbolische Wirkung, ob man jetzt die mögliche Produktionsmenge noch erhöht oder ob man das in diesem Jahr lieber lässt.»
Litauen hat außerdem vorgeschlagen, auch Käse in die
Intervention und die EU-Exporterstattungen aufzunehmen. Hier stand am Montag aber noch kein Beschluss an. Hilfsorganisationen kritisieren besonders die Exporterstattungen, mit denen die Milchbauern im Vergleich zum EU-Niveau niedrigere Weltmarktpreise von der öffentlichen Hand ausgeglichen bekommen. Dieses «Preisdumping» zerstöre die Märkte in der Dritten Welt. Auch die Bestände aus den Interventionslagern verkauft die EU weltweit.
Lindemann wies dagegen darauf hin, dass «deutlich über 80 Prozent sämtlicher Produkte, die in diesem Bereich überhaupt aus Europa auf den Weltmarkt kommen, nicht in Entwicklungsländer geht, sondern in industrialisierte und zahlungsfähige Länder wie Russland, die arabischen Ölländer, Südostasien oder China.» Diese könne man nicht zu den am wenigsten entwickelten Ländern («Least Developed
Countries/LDC») zählen. Zudem müsse der Verkauf auch gesteuert werden und der Weltmarkt entsprechend aufnahmefähig sein. Zudem habe Deutschland vorgeschlagen, dass das Milchpulver wieder verstärkt in den Tierfutterkreislauf eingespeist werde und weniger auf dem Weltmarkt lande. (dpa)