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26.10.2015 | 10:45 | Poker um Ackerland 

Neugründungen und Insolvenzen von landwirtschaftlichen Betrieben

Berlin - Bereits seit einigen Jahren ist eine beunruhigende Entwicklung im deutschen Agrarsektor zu beobachten. Traditionell familiengeführte landwirtschaftliche Betriebe verschwinden und im Gegenzug tauchen große Agrarkonzerne oder branchenfremde Investoren an ihrer Stelle auf.

Insolvenzen Landwirtschaft
(c) proplanta
Creditsafe registriert im laufenden Geschäftsjahr deutlich mehr Insolvenzen von landwirtschaftlichen Betrieben als im gesamten Jahr zuvor. Creditsafe-Geschäftsführer Goran Filipovic sieht einen direkten Zusammenhang zwischen steigenden Landpreisen und landwirtschaftlichen Konkursen: „Investoren mit genügend Kapital suchen weiterhin gute Renditen im Ackerland, dies führt zwangsläufig zu einer weiteren Steigerung der Pacht- und Kaufpreise und drängt letztlich die kleineren Betriebe vom Markt, sodass große Agrarkonzerne an ihre Stelle treten“.

In diesem Jahr mussten bereits 69 Landwirte Insolvenz anmelden und bis Jahresende steigt die Zahl auf 83, prognostiziert Creditsafe. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies einen Anstieg von knapp 30%. Betroffen sind insbesondere kleinere Betriebe mit knapp über 50 Hektar Landbesitz. Im gleichen Zeitraum ist die Neugründungsrate um 50% gefallen.

2014 wurden bundesweit ca. 600 neue landwirtschaftliche Betriebe registriert – in diesem Jahr knapp 300 neue Branchenteilnehmer. Hauptgrund sind die schwierigen Einstiegsbedingungen. Die Marktpreise haben sich in den letzten Jahren teils verdreifacht, wie das statistische Bundesamt mitteilte. Der rasante Anstieg der Kauf- und Pachtwerte führt zwangsläufig zu Umsatz- und Gewinneinbußen bei Landwirten und raubt ihnen damit die Lebensgrundlage.

Ende der traditionellen Landwirtschaft?

Über die Hälfte der verfügbaren Ackerflächen befinden sich bereits heute im Besitz von Investoren. Nach der Wende ging das Land im Osten Deutschlands in Bundesbesitz über und wird von einer Verwaltungsgesellschaft im Auftrag des Bundes verpachtet oder meistbietend verkauft. Agrar-Investoren kaufen seit jeher große Flächen von mehreren Tausend Hektar auf und sind damit direkt für die hohen Bodenpreise verantwortlich, die manchen Landwirten ihre Existenz kostet.

Des Weiteren erhöht sich mit dem Aussterben von kleineren Landwirtschaftlichen der Bevölkerungsstrom vom Ländlichen in die Großstadt, denn während familiengeführte Betriebe mit 60 Hektar im Schnitt 20 Personen anstellen, sind es bei Konzernen mit mehr Ackerland weitaus weniger Beschäftigte. Die Wertschöpfung findet somit nicht mehr in den Dörfern statt, sondern weiterhin in Großstädten, wohin die Konzerne ihr Geld abziehen.

Subventionen für Ackerland begrenzen

Landwirte sehen EU-Subventionen für Ackerland als Hauptgrund dafür, dass Investoren mit ihnen um Flächen konkurrieren. Allein im letzten Jahr erhielten landwirtschaftliche Betriebe aller Größenordnungen insgesamt 6,4 Mrd. Euro aus EU-Töpfen. Unter den Empfängern waren zwar auch Kleinbauern, allerdings profitierten Energie, Agrar- und Schlachtkonzerne, gemessen an der Fördersumme, am stärksten von der Auszahlung.

Goran Filipovic sieht in den Subventionen ein strukturelles Problem: “Mithilfe von Geld, das sich Großunternehmen leicht am Kapitalmarkt beschaffen können, sichern sie sich Land, wofür sie Subventionen erhalten und dies ermöglicht es ihnen, wiederum in noch mehr Flächen zu investieren“, betont er. Daran wird deutlich, wie wichtig politische Maßnahmen sind, um die Anreize für Ackerland zu verringern und den Poker um Ackerland zu beenden. Sobald Großbetriebe keine Subventionen mehr erhalten, ist davon auszugehen, dass sich die Pacht- und Kaufpreise wieder stabilisieren und Landwirte von ihrem Ertrag wieder leben können.
Pd
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