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16.06.2016 | 10:04 | Milchpreisverfall 

Nüssel fordert Ehrlichkeit bei Lösung der Milchkrise

Berlin - „Seit über einem Jahr sind die genossenschaftlichen Unternehmen mit einem niedrigen Preisniveau auf wichtigen Agrarmärkten konfrontiert. Der hohen Produktion steht eine anhaltend schwache Nachfrage auf Exportmärkten wie China und den ölexportierenden Ländern gegenüber“, unterstreicht Manfred Nüssel, Präsident des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV).

Lösungen für Milchkrise
(c) proplanta
Belastend kommt hinzu, dass die europäische Agrarwirtschaft mit dem Russland-Importstopp zum Spielball geopolitischer Auseinandersetzungen geworden ist. Diese komplexe Gemengelage kennzeichnet das globale Marktgeschehen.

„Wir haben stets darauf hingewiesen, dass nicht regulierte oder kaum regulierte Agrarmärkte zu instabilen, volatilen Preisen führen können;“ betont der DRV-Präsident beim Raiffeisen-Wirtschaftsforum „Europa und Märkte in Turbulenzen – Jetzt die richtigen Weichen stellen“. Genossenschaftliche Unternehmer diskutieren in Berlin die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen, Perspektiven und Handlungsoptionen für den Agrarhandel, die Milchbranche sowie die Vieh- und Fleischwirtschaft.

Die aktuellen Verwerfungen insbesondere auf den Milch- und Fleischmärkten sind auch deshalb beunruhigend, weil sich die Fundamentaldaten auf dem internationalen Parkett nicht wesentlich verändert haben.

„Was in den zurückliegenden Jahren für einen deutlichen Aufschwung sorgte – Bevölkerungswachstum, Einkommenssteigerungen in Schwellenländern – besteht im Prinzip fort. Deshalb  benötigen wir dringend EU-weit tragfähige Lösungen, wie wir mit Markt- und Preisschwankungen besser umgehen können. Wiederkehrende Diskussionen über agrarpolitische Instrumente von gestern sind nicht zielführend. Stabile Agrarmärkte sind darüber hinaus ein vorrangiges Ziel des EU-Vertrags, dem die Politik nach wie vor verpflichtet ist“, betont Nüssel.

Für den vorausschauenden Umgang mit volatilen Preisen fordert die Branche Instrumente, die das Risikomanagement auf der politischen und auf der Unternehmensebene stärken. Dazu zählen vor allem die Absicherung an Warenterminbörsen, aber auch mehr Markttransparenz bis hin zu steuerlichen Möglichkeiten zum Ausgleich von Einkommenseinbrüchen“, so Nüssel.

Ja zur Marktorientierung der europäischen Milchpolitik



„Die genossenschaftliche Molkereiwirtschaft bekennt sich ganz klar zur Marktorientierung der europäischen Milchpolitik. Denn wir sind davon überzeugt, dass Marktkräfte im globalen Spiel von Angebot und Nachfrage nicht nachhaltig außer Kraft gesetzt werden können“, so Nüssel. Obwohl die Mitgliedstaaten bereits im März 2016 die Möglichkeit haben, Maßnahmen zur Mengenreduzierung umzusetzen, ist bislang davon kein Gebrauch gemacht worden. Dafür fehlt in der EU offensichtlich die politische Mehrheit.

Neuerdings will die Politik in Deutschland eine Mengendrosselung auf nationaler Ebene durchsetzen. Das ist völlig unrealistisch. Angesichts starker Produktionssteigerungen in anderen Mitgliedstaaten sieht der DRV nationale Alleingänge überaus kritisch. Sie lösen nicht die weltweiten Probleme und gehen ausschließlich zu Lasten der Markt- und Wettbewerbsposition der heimischen Milchwirtschaft.

Exportchancen noch gezielter nutzen



Die Politik hat nun mit Änderung des Agrarmarktstrukturgesetzes Branchenorganisationen und Allgemeinverbindlichkeit als Steuerungsinstrumente ins Spiel gebracht. „Wir sind sehr skeptisch, ob sich die Molkereien angesichts des harten Wettbewerbs kurzfristig über unternehmensübergreifende Mengenkürzungen verständigen werden“, betont der Präsident.

Der DRV steht zu seiner Zusage beim Milchgipfel am 30. Mai 2016, für den Aufbau der Branchenorganisation Milch zu werben. Deren vorrangige Ziele sollten die Absatz- und Exportförderung und die verstärkte Inanspruchnahme von Forschungs- und Entwicklungsgeldern sein. „Derzeit werden die bereitstehenden europäischen Mittel kaum von deutschen Molkereien abgerufen. Auch die Exportchancen müssen noch konsequenter genutzt werden“, so Nüssel.

„Externe Einflussnahme oder gar rechtliche Vorgaben zur Änderung der genossenschaftlichen Lieferbeziehungen lehne ich entschieden ab. In den Molkereigenossenschaften entscheiden die Mitglieder selbst und autonom. Solche Vorschläge sägen am bewährten Fundament des genossenschaftlichen Geschäftsmodells. Sie bedrohen in der Konsequenz auch erfolgreiche genossenschaftliche Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen. Gerade jetzt wird in zahlreichen Genossenschaften über die Möglichkeit oder Notwendigkeit einer Änderung der Lieferbeziehungen intensiv diskutiert“, führt der Raiffeisen-Präsident aus.

Nüssel ermutigt die DRV-Mitgliedsunternehmen, weiterhin offensiv die aktuellen Marktturbulenzen zu managen. „Unsere von den bäuerlichen Mitgliedern getragenen 2.250 Genossenschaften sind in stabiler Verfassung. Sie behaupten ihre Marktposition und erschließen erfolgreich neue Märkte. Dynamisch antworten sie auf strukturelle Veränderungen und wirtschaftliche Herausforderungen.

Rationalisierung, Kooperation, Fusion, grenzüberschreitende Maßnahmen und internationale Zusammenarbeit – das sind geeignete Strategien, um die Wirtschaftlichkeit sicher zu stellen und um im Wettbewerb vorne zu bleiben“, unterstreicht Nüssel beim DRV-Wirtschaftsforum in Berlin.
DRV
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