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12.10.2016 | 10:00 | Ölmarkt 

Ölpreis auf Jahreshoch

Frankfurt/Main - Das ehemals mächtige Ölkartell Opec scheint seit Monaten schwach und zerstritten. Doch jetzt machen die Förderländer einen neuen großen Anlauf im Kampf gegen die niedrigen Preise am Ölmarkt.

Ölpreis Entwicklung 2016
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Gemeinsam mit Russland will das Ölkartell Opec den Dumping-Preisen beim schwarzen Gold ein Ende setzen. Allein die Ankündigung trieb diese Woche den Preis für Nordseeöl auf ein Jahreshoch. Doch wie ernst ist es den Förderländern wirklich? (c) proplanta
Seit dieser Woche scheint klar: Auch Russland dürfte sich an einer geplanten Förderbeschränkung beteiligen. Das sorgte für heftige Reaktionen am Ölmarkt. Der Preis für das Nordseeöl Brent stieg sogar auf den höchsten Stand in diesem Jahr. Doch Experten haben Zweifel, ob den Worten der Förderländer auch tatsächlich Taten folgen werden.

Dabei dürfte manch einem Ölscheich bei den Äußerungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin bei einer Energiekonferenz diese Woche ein Stein vom Herzen gefallen sein. «Ein Einfrieren oder sogar eine Kürzung der Ölförderung ist wohl die einzig richtige Entscheidung», hatte der Kremlchef in Istanbul gesagt. Russland sei bereit, sich einer Initiative der Opec anzuschließen. Die Chancen auf eine gemeinsame Einigung stünden gut, gab sich der saudi-arabische Ölminister Khalid Al-Falih zuversichtlich.

Für die Opec bedeuten Putins Worte nicht weniger als den zweiten großen Etappensieg im Kampf gegen niedrige Ölpreise. Die Reaktion an den Finanzmärkten kam prompt: Die Ölpreise schnellten nach oben, der Preis für ein Fass (159 Liter) der Nordseesorte Brent kletterte zwischenzeitlich sogar über 53 US-Dollar auf den höchsten Stand in diesem Jahr.

Schon nach dem ersten Etappensieg hatten die Ölpreise kräftig zugelegt. Ende September einigten sich die Mitgliedstaaten auf eine Beschränkung des gemeinsamen Produktionsvolumens, um der Überproduktion Herr zu werden. Monatelang war darum gerungen worden. Kaum noch jemand hatte mit einem Erfolg gerechnet. Zu groß schienen die Differenzen, zu groß der Druck, durch immer mehr Produktion möglichst viel Geld in die Kassen zu spülen.

Seit Mitte 2014 waren die Ölpreise immer weiter gefallen, von über 100 Dollar je Barrel bis auf zwischenzeitlich unter 40 Dollar in diesem Jahr. Anfangs kamen der Opec die niedrigen Preise sogar gelegen, um die Fracking-Firmen aus den USA vom Markt zu drängen. Doch das Pokerspiel geriet außer Kontrolle. Die weltweite Produktion stieg immer weiter. Nun will die Opec zusammen mit Russland wieder die Märkte kontrollieren. Aber wie ernst ist der Comeback-Versuch zu nehmen?

Die Internationale Energieagentur (IEA) beobachtet die Wiederbelebungsversuche der Opec sehr genau. Man rechne noch bis Mitte 2017 mit einem Überangebot am Ölmarkt, hieß es im jüngsten monatlichen Öl-Marktbericht der Organisation. Aber: «Wenn die Opec zu ihrem Ziel steht, dann könnte die Ausgeglichenheit am Markt früher kommen.» Die wirkliche Arbeit gehe für die Opec allerdings erst los, so die IEA. Schließlich muss die Einigung noch formal festgezurrt werden. Bis dahin gebe es noch «kritische Details» zu klären.

Besonders schwierig dürfte die Einigung auf konkrete Länderquoten werden. Denn der Iran, der gerade erst Sanktionen des Westens abgeschüttelt hat, sowie die von Krieg gebeutelten Länder Libyen und Nigeria dürften kaum zu einer Drosselung ihrer Produktion zu bewegen sein. Andere Länder wie Saudi-Arabien müssten daher noch kürzer treten.

Deshalb zweifeln einige Experten daran, dass die Produktionsbeschränkung der Opec wirklich kommt. Eugen Weinberg, Rohstoffexperte bei der Commerzbank, hält zudem eine sinkende Produktion in Russland für «nahezu ausgeschlossen, da sich viele russische Ölunternehmen im Privatbesitz befinden.» Die Zweifel scheinen berechtigt. Das Land erwäge zunächst ein Einfrieren auf bisherigem Niveau, sagte Russlands Energieminister Alexander Nowak am Dienstag. Von einer Reduktion war keine Rede.

Von Vertretern russischer Ölkonzerne gab es unterdessen unterschiedliche Signale. Der Vizechef des Ölgiganten Lukoil, Leonid Fedun, sagte, dass «alle russischen Ölförderer die Produktion senken werden», sofern die Regierung dies verlange. Michail Leontjew, Vizechef von Russlands größtem Ölproduzenten Rosneft, sprach dagegen nur von einem möglichen Einfrieren und sein Chef Igor Setschin schlug noch viel zurückhaltendere Töne an. Laut Medienberichten sagte er auf die Frage, ob sein Unternehmen seine Förderung deckeln werde: «Warum sollten wir das tun?»

Besonders problematisch: Spekulative Anleger an den Finanzmärkten hätten zuletzt stark auf steigende Preise gesetzt, so Experte Weinberg. Sollte die Opec ihren Worten keine Taten folgen lassen, drohe daher ein deutlicher Preiseinbruch beim Öl. Für die Förderländer würde dies neben einem empfindlichen Glaubwürdigkeitsverlust dann auch neue schmerzhafte Einnahmerückgänge bedeuten.  
dpa
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