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31.07.2010 | 07:30 | Kassamarkt notiert deutlich über 2009 

Österreich: Vermarktung der Getreideernte startet mit festen Preisen

Wien - In Österreich haben sich diese Woche auch am Kassamarkt sehr feste, gegenüber der Ernte 2009 deutlich gestiegene Preise für die Getreideernte 2010 gebildet.

Österreich: Vermarktung der Getreideernte startet mit festen Preisen
Die Erstnotierungen von Brotweizen liegen gegenüber ersten Preisen aus der Ernte 2009 um bis zu 36 % höher, die von Mahlroggen und Futterweizen um 46 % sowie von Futtergerste um 26 %. Dies ist für die Landwirte ein bedingter Trost, da auch hierzulande zuletzt die Ertragsaussichten der immer wieder durch Schlechtwetterfronten unterbrochenen Ernte schwanden und die Bauern im Spätdruschgebiet bei weiteren Niederschlägen um Mengen und Qualität zittern müssen.

An den internationalen Märkten treiben die Ernteausfälle im Schwarzmeerraum und Russland sowie Gerüchte um Exportrestriktionen in den betroffenen Ländern die Kurse an den Terminbörsen zu neuen Höhenflügen. Der Internationale Getreiderat IGC revidierte seine globale Weizenernteschätzung 2010/11 am Donnerstag dieser Woche gegenüber dem Juni um 13 Mio. t auf 651 Mio. t hinunter und sieht nun nach Mais und Getreide insgesamt auch beim Weizen eine negative Versorgungsbilanz der Welt mit einem Bestandsabbau zum Ende des Wirtschaftsjahres um 5 Mio. t. 

Die österreichischen Getreideverarbeiter sind in der abgelaufenen Woche aufgewacht und begannen mit Getreideaufkäufen aus der laufenden Ernte, nachdem sie in den vergangenen Wochen ungewöhnlich lange und ungläubig die rasante Entwicklung an den Terminmärkten beobachtet und auf ein baldiges Platzen einer Preisblase gehofft hatten. Nach Italien liefen Anschlusslieferungen sowie Probelieferungen aus neuer Ernte schon länger und in gewohnten Bahnen.

Die Börse für Landwirtschaftliche Produkte in Wien notierte daraufhin am Mittwoch dieser Woche praktisch alle aktuell geernteten Getreidearten mit Ausnahme von Braugerste. Dennoch erfolgte die Preisbildung am heimischen Markt heuer relativ frühzeitig, wodurch die nun eingeschlagenen Eckpflöcke den verunsicherten und nervösen Marktteilnehmern eine erste Orientierung geben können. Allerdings, so hieß es an der Wiener Produktenbörse, gäben diese Erstnotierungen Geschäfte wieder, die schon vor den neuerlichen jüngsten Notierungssprüngen an der Pariser Euronext abgeschlossen worden sind, sodass man erst nächste Woche sehen werde, wie der heimische Kassamarkt auch darauf reagieren wird.

Wie nervös die Märkte zurzeit reagieren, zeigten diese Woche Berichte über mögliche Exportrestriktionen der globalen Spieler unter den Getreideexporteuren Russland und Ukraine. An der Pariser Warenterminbörse Euronext, dem für die EU maßgeblichen Marktplatz, sprangen die Weizennotierungen für den Liefertermin November 2010 von einem zum anderen Kontrakthoch. Am Donnerstag schloss der Pariser November-Weizenfutures nach einem kurzfristigen Kontrakthoch von EUR 193,75 pro t letztlich bei EUR 188,- pro t, heute, Freitag, Vormittag legte er ein neues Kontrakthoch von EUR 194,50 pro t nach. Das ist ein Drittel mehr als noch zu Monatsbeginn.

Da Russland und die Ukraine in einem scharfen Wettbewerb mit den ebenfalls unter den Top-Exporteuren am Weltmarkt rangierenden Produzenten USA und EU stehen, versprechen sich diese beiden Konkurrenten nun vom Ausfall der anderen bessere Exportchancen vor allem in den heiß umkämpften und aufnahmefähigen Exportdestinationen rund ums Mittelmeer von Ägypten bis zum Maghreb.

Die Europäische Kommission berichtete diesen Donnerstag im Verwaltungsausschuss von weiterhin schwunghaften Getreideexporten der EU. Französische Weizenexporteure konnten sich an einem Geschäft mit Algerien beteiligen und erhielten dort USD 242,- (EUR 185,17) pro t cif. Im Zeitraum vom 14. bis 27.07. vergab die Kommission Ausfuhrlizenzen für rund 400.000 t Weizen. Die Nachfrage kam vor allem aus Frankreich, gefolgt von den Niederlanden.

So zogen zuletzt auch in den USA die Weizennotierungen im Monatsabstand um fast die Hälfte an, nachdem das Washingtoner Landwirtschaftsministerium USDA am Donnerstag jüngste Weizen-Exportdaten veröffentlichte, die die Erwartungen von Analysten um das Doppelte übertrafen.

Ein Ende der Fahnenstange für die Preisrallye sehen Analysten aber auch durch die immer noch hohen Lagerbestände aus den vorigen Ernten gesetzt. Preissprünge wie 2007/08 mit Spitzen von bis zu  EUR 300,- pro t Weizen seien diesmal nicht in Sicht, heißt es. Denn, so bestätigt auch die jüngste IGC-Weizenbilanz für 2010/11: Mit 651 Mio. t Weizenproduktion weltweit - übrigens die drittbeste Ernte der Geschichte - werde der Verbrauch von 655 Mio. t zwar nicht gedeckt, aber aus 2009/10 liegen noch 197 Mio. t komfortabler Bestände auf Lager - das sind rund 30 % eines Jahresbedarfs, die zum Ende 2010/11 lediglich auf etwa 29 % abgebaut werden sollen.

Und am Weizenmarkt gilt eigentlich die Faustregel: In der Branche gilt nämlich als Auslöser für eine Preisrallye erst ein Fallen der Getreidereserven unter 20 % eines Jahresbedarfs, mehr Überlager deuten dagegen auf Preisdruck. Außerdem reagiert der Verbrauch auch elastisch auf die Preise. Verteuert sich etwa Weizen, geht seine Verwendung im Tierfutter - die Tiermast ist gleichzeitig deutlich vor der menschlichen Ernährung der größte Verbrauchsfaktor - auf Kosten des Einsatzes anderer Getreidearten wie Gerste oder Mais zurück. Deshalb hat der IGC in seiner Juli-Prognose neben der Produktion auch den Weizenverbrauch für 2010/11 gegenüber dem Vormonat um 3 Mio. t auf 655 Mio. t zurückgenommen. Die regionalen und die Märkte für die einzelnen Getreidearten verhalten sich letztlich wie untereinander kommunizierende Gefäße.

Insgesamt, so der IGC, wird aber die weltweite Gesamtgetreidebilanz mit 1,753 Mrd. t Produktion und 1,774 Mrd. t Verbrauch um 21 Mio. t negativ ausfallen, denn auch die Maisbilanz sehen die Londoner Experten im roten Bereich: Mit 823 Mio. t erwarteter Ernte stehen um 6 Mio. t weniger zur Verfügung als gebraucht werden.


Österreich: Bessere Preise Trost für geschmälerte Ernteaussicht - Zittern im Spätdruschgebiet 

Die diese Woche an der Wiener Produktenbörse notierten Kassamarktpreise (Netto-Großhandelsabgabepreise ab Station) von - jeweils pro t - EUR 179,- für Premiumweizen, EUR 169,- für Qualitätsweizen, EUR 159,- für Mahlweizen, EUR 149,- für Mahlroggen sowie EUR 116,- für Futtergerste und EUR 142,50 für Futterweizen stellen für die heimischen Landwirte einen bedingten Trost für die gegenüber ursprünglich optimistischeren Prognosen geschmälerten Ernteaussichten dar. Futtergerste zog übrigens im Wochenabstand um EUR 12,50 pro t gegenüber der wenig repräsentativen Erstnotierung von Ex-Ernte-Verkäufen an; ebenso befestigte sich Raps von allerdings schon hohem Niveau ausgehend weiter auf EUR 330,- pro t.

Zittern lässt die Bauern in Österreich allerdings die Welle von Schlechtwetterfronten, die in der abgelaufenen Woche die Erntetätigkeiten ziemlich stark bremste. Es heißt zwar, im weit fortgeschrittenen Qualitätsweizengebiet hätten die noch am Halm stehenden Bestände noch nicht essenziell gelitten. Experten sehen beim Weizen bisher "eine sehr normale Qualitätsverteilung".  Doch reduziert jeder weitere Regen das Hektolitergewicht und bringt die Gefahr von Lagerbildung, Auswuchs und Krankheiten. Man hofft nun nach dem Abzug der aktuellen Front auf zumindest ein zweitägiges Schönwetterfenster, dann sollte hier das Meiste erledigt sein. Mit weiteren, nächste Woche befürchteten Niederschlägen nimmt aber das zittern im Spätdruschgebiet wie im Waldviertel oder in Oberösterreich zu.


Russland: Dürre schmälert die Ernteaussichten - Exportrestriktionen hängen in der Luft 

Ist es hierzulande der Regen, sind es in Russland Dürre und Hitze mit Temperaturen bis 40° C. Die Ernte 2010 wird mit nur noch 70 bis 75 Mio. t Getreide gegenüber 97,1 Mio. t in der vergangenen Saison erwartet, so das nationale Consulting- und Forschungszentrum für Agrarökonomie, Sovecon. Andere Analysten sehen sogar weniger als 70 Mio. t. Die möglichen Getreideausfuhren Russlands im Wirtschaftsjahr 2010/11 bezifferte Sovecon auf lediglich 12 Mio. t, während ursprünglich mit 20 Mio. t gerechnet worden ist.

Eine weniger pessimistische Ernteprognose, von 75 bis 78 Mio. t, hat in dieser Woche die Russische Getreideunion veröffentlicht. Jedenfalls aber ging Russland auch mit kleineren Übergangsvorräten an Getreide ins Wirtschaftsjahr 2010/11 als zunächst vermutet. Der Föderale Statistische Dienst bezifferte diese kürzlich mit rund 21,7 Mio. t, betonte Sovecon. Damit sei die Behauptung von Landwirtschaftsministerin Jelena Skrynnik korrigiert worden, die Übergangsvorräte hätten sich auf etwa 24 Mio. t belaufen. Dennoch liege auch die korrigierte Zahl noch um 4,1 Mio. t höher als zum Anfang des vergangenen Wirtschaftsjahres 2009/10. Damit hängen ähnlich wie 2007/08 Exportrestriktionen in der Luft und machen die internationalen Märkte nervös.


Ukraine schließt Kontingentierung von Weizenexporten nicht mehr aus

Die Ukraine schließt mittlerweile staatliche Einschränkungen von Getreideausfuhren in diesem Wirtschaftsjahr nicht mehr aus. Wie Landwirtschaftsminister Nikolai Prisjashnjuk am Dienstag vor Journalisten in der Provinzhauptstadt Shitomir einräumte, wäre eine Kontingentierung der Exporte von Brotweizen nach Abschluss der Ernte möglich. Bislang hatte man derartige Eingriffe abgelehnt. Denn Kiew habe sich gegenüber der Weltbank und der Welthandelsorganisation verpflichtet, weder die Ausfuhren zu kontingentieren noch Lizenzpflicht dafür einzuleiten. Daher sollte der Exportumfang ursprünglich nur indirekt durch staatliche Interventionen in Höhe von 4 bis 5 Mio. t beeinflusst werden. Das Agrarressort habe dazu vor, die Interventionspreise entsprechend der internationalen Entwicklungen zu initiieren. Zuvor hatte Staatspräsident Viktor Janukowitsch den nationalen Agrarfond mit einer Intervention von bis zu 4,5 Mio. t Getreide beauftragt.

Nunmehr erläuterte der Minister aber, dass die Regierung jedenfalls die Ausfuhren sowohl von Nahrungs- als auch von Futtergetreide überwachen werde. An Futtergetreide könnten 2010/11 aus seiner Sicht zwar 16 bis 17 Mio. t exportiert werden, jedoch drohe der Ukraine heuer ein Defizit bei Brotgetreide in Höhe von 3 bis 4 Mio. t. Angesichts der andauernden Trockenheit ist in der Ukraine die Ernteprognose 2010 für Getreide in der vergangenen Woche weiter nach untern korrigiert worden, und zwar auf 42,1 Mio. t. Lediglich 16 Mio. t davon könnte das Land in diesem Jahr ausführen, so Prisjashnjuk. Ende Mai wurde noch mit 46 Mio. t Ernte und im Juni mit bis zu 21 Mio. t Exportkapazität gerechnet.

Nun heißt es sogar, die Ukraine könnte 2010/11 Brotweizen importieren. Das schließt zumindest die ukrainische Agrarkammer nicht aus. Denn mit erwarteten rund 8 Mio. t Brotgetreide werde der Eigenverbrauch von 11 bis 12 Mio. t nicht zu stillen sein. 


Auch Ungarns Weizenernte beeinträchtigt - Anbieter halten sich am Markt zurück 

Die Weizenernte in Ungarn sei zu mindestens 80 % abgeschlossen, berichtet agrarzeitung.de (az). Die Erträge lägen zwischen 30 und 45 dt pro ha. Damit sind sie niedriger als im Vorjahr. 2009 lag der durchschnittliche Ertrag über 40 dt pro ha. Laut österreichischen Experten  gelten die Qualitäten als sehr unterschiedlich. Die Hektolitergewichte bewegten sich, so az, zwischen 65 und 72 kg bei Futterweizen. Weizen mit 14 % Protein kann auch 74 kg pro hl vorweisen. Die Proteinwerte sind in der Regel in Ordnung. Probleme gibt es aber mit Pilzen. Fusarien treten häufig auf. Die Ware kann dann oft nur noch in Biogasanlagen verwendet werden. Die ungarischen Landwirte bieten auch nur sehr verhalten an. Preisvorstellungen lägen bei EUR 140,- bis 160,- ab Station.

Damit sei in Österreich heuer aus Ungarn bisher kein Mengen- oder Preisdruck wie in den Vorjahren spürbar geworden, sagen Marktteilnehmer. Von in Ungarn tätigen Experten heißt es: "Die ungarische Getreideernte wird 2010 deutlich unter der vorjährigen liegen, die Preise steigen seit Erntebeginn an; aufgrund der Überschwemmungen fällt die Ernte von etwa 100.000 ha aus." 


Quelle: Lebensministerium Österreich
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