Landwirtschaftsminister Mykola Solskyj hat zu diesem Zweck diese Woche zusammen mit dem Vorsitzenden des Ukrainischen Agrarrats (VAR), Andriy Dykun, und Litauens
Landwirtschaftsminister Kestutis Navitskas Möglichkeiten ausgelotet, Agrarausfuhren über die Häfen des baltischen Staates abzuwickeln.
Dykun wies bei dem Treffen darauf hin, dass die
Bauern durch die kriegsbedingten Exportausfälle seit Ende Februar empfindliche Einnahmeverluste verbucht hätten. Dies wirke sich nun auch auf die Frühjahrsaussaat aus, da vielen Betrieben das Geld ausgehe. Die Ausweitung der Agrarlieferungen ins Ausland über das bisherige Maß hinaus könnte in dieser Situation einen Unterschied machen.
Der Vorsitzende des Agrarverbandes, der rund 1.100 Unternehmen mit insgesamt etwa 3,5 Mio ha Anbaufläche vertritt, schlug deshalb ein Drei-Parteien-Abkommen zwischen der Ukraine, Litauen und Polen vor. Polen müsste zwangsläufig mit ins Boot, da der Transport über das dortige Schienennetz erfolgen würde. Dykun zufolge hätte ein derartiges Abkommen nicht nur den Vorteil, dass die Ukraine über einen weiteren Absatzkanal für seine
Agrarprodukte verfügen würde.
Auf dem Rückweg könnten die Züge zudem Treibstoff und Düngemittel ins Land schaffen und damit die angespannte Versorgungslage bei Betriebsmitteln lindern. Polen könnte damit bei der Suche der Kiewer Regierung nach alternativen Exportmöglichkeiten zum Schlüsselfaktor werden.
Kapazitäten ausweiten
Tatsächlich arbeitet Polen nach Angaben von Landwirtschaftsminister Henryk Kowalczyk bereits konkret an der Schaffung eines sogenannten „Trockenhafens“ an der östlichen Landesgrenze, um die logistischen Kapazitäten für landwirtschaftliche Schüttgüter auf der Schiene zu erhöhen. Damit soll zumindest ein Teil der ukrainischen Agrarausfuhren in Drittländer ermöglicht werden, die wegen der russischen Blockade der Schwarzmeerhäfen derzeit weitgehend am Boden liegen.
Bei einem „Trockenhafen“ handelt es sich um ein Güterverkehrszentrum oder einen Rangierbahnhof, der in der Regel im Hinterland eines Seehafens Teile der logistischen Aufgaben übernimmt und damit die Verladekapazität des eigentlichen Hafens erweitert. Voraussetzungen dafür sind ein ausgebautes Schienennetz und die Verladeeinrichtungen, um die entsprechenden Tonnagen bewältigen zu können.
Schienennetz hat Grenzen
Der mit dem ukrainischen Landwirtschaftsminister Solskyj besprochene Plan steht in einer Reihe weiterer Versuche Kiews, die Agrarexporte auf dem Landweg auszubauen. Zuvor hatte Solskyj bereits mit Vertretern der rumänischen Regierung gesprochen, um die mögliche Nutzung dortiger Seehäfen auszuloten.
Bei einem Treffen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit polnischen und baltischen Amtskollegen hatte diese Woche auch der lettische Präsident Egils Levits der Ukraine die Nutzung der lettischen Häfen für Agrarausfuhren angeboten. Voraussetzung dafür wäre aber in jedem Fall ein ausreichend leistungsfähiger Transportapparat auf der Schiene und Straße.
Der polnische Vorschlag könnte hierzu wichtige Impulse liefern. Limitierender Faktor dürfte aber hier wie dort die logistische Kapazität des ukrainischen Schienennetzes sein, die von Fachleuten derzeit auf maximal 600.000 t Getreide und Ölsaaten monatlich geschätzt wird.