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31.03.2021 | 00:05 | Agrarwende 

Schweinezuchtanlage durch Feuer zerstört - Umdenken zu kleineren Anlagen gefordert

Alt Tellin - Ein Großbrand hat die Stallanlagen eines riesigen Schweinezuchtbetriebes in Alt Tellin (Vorpommern-Greifswald) zerstört.

Mastschweine
Ein oft befürchtetes Szenario ist in Vorpommern eingetreten: Feuer hat eine riesige und seit Jahren umstrittene Schweinezuchtanlage zerstört. Tausende Tiere verendeten. Die Ursache ist noch unklar. (c) proplanta
«Es handelt sich mit Sicherheit um einen Millionenschaden», sagte Bürgermeister Frank Karstädt (parteilos) der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag nach einem Besuch am Brandort.

Zum Glück sei nur ein Mensch dabei leicht verletzt worden. Die Anlage, in der nach Angaben des Schweriner Agrarministeriums rund 50.000 Ferkel und 9.000 Sauen gehalten wurden, ist annähernd komplett zerstört. Tausende Tiere verendeten. Etwa 75 Feuerwehrleute konnten über 8 Stunden hinweg nur verhindern, dass die Flammen auf Futtersilos und eine Biogasanlage übergriffen.

«Das Feuer ist nun unter Kontrolle», sagte der Sprecher des Landkreises, Achim Froitzheim. Der Brand war am Morgen aus bisher unbekannter Ursache ausgebrochen. Über die Lüftungsschächte und anderen Anlage griffen die Flammen nach und nach auf fast alle der etwa 18 Ställe über. «Das war eine hochkomplexe Lage», sagte Froitzheim. Letztlich habe man die Ställe «kontrolliert abbrennen lassen müssen».

Die betroffene Sauen- und Ferkelzuchtanlage war seit ihrer Planung, damals noch von einem niederländischen Unternehmer, umstritten. Die Investitionssumme war damals mit 20 Millionen Euro angegeben worden.

In Alt Tellin wurden nach Angaben der Betreiber bis zu 10.000 Muttersauen gehalten, die Tausende Ferkel werfen und eine Zeit lang aufziehen. Wie Froitzheim sagte, konnten nur rund 1500 Tiere gerettet werden.

Betreiber der Anlage ist die Landwirtschaftliche Ferkelzucht Deutschland (LFD) Holding, die als einer der größten deutschen Schweinezuchtbetriebe gilt. Sie war 2020 von der Schweizer Terra Grundwerte AG übernommen worden. Zur LFD gehören nach eigenen Angaben 11 Anlagen mit 400 Mitarbeitern und rund 55.000 Sauen in Ställen in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg, Sachsen und Bayern.

Die LFD war 2015 aus dem niederländischen Familienunternehmen des Züchters Adrian Straathof hervorgegangen, gegen den ein Landkreis in Sachsen-Anhalt wegen Tierschutz-Verstößen ein Tierhaltungsverbot verhängt hatte. Gegen die Unternehmen der damaligen Straathof-Gruppe hatte es in mehreren Bundesländern Proteste gegeben.

Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Till Backhaus (SPD) bezeichnete den Brand in der Schweinezuchtanlage als «Tragödie».

Umdenken gefordert



Im Zusammenhang mit dem Großbrand in der Schweinezuchtanlage Alt Tellin (Vorpommern-Greifswald) haben Linke, Grüne sowie Umwelt- und Tierschutzverbände eine neue Orientierung bei der Planung von Tierhaltungsanlagen gefordert.

«Derart überdimensionierte Tierzucht- und Mastanlagen dürfen nicht länger genehmigt und betrieben werden», erklärte die regionale Landtagsabgeordnete der Linken, Jeannine Rösler, in Schwerin. Gründe seien die Brandschutzprobleme, aber auch der Tier- und Umweltschutz.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) forderte, die Genehmigung für die «gigantische, tierquälerische und umwelttoxische Anlage» in Alt Tellin aufzuheben. Der Brand zeige, dass viel zu lange weggeschaut wurde, teilte der BUND in Schwerin mit. Der Umweltverband hatte wegen des Brandschutzkonzeptes vor Jahren bereits beim Verwaltungsgericht Greifswald gegen die Genehmigung geklagt. Das Verfahren war 2017 vertagt worden.

Das Feuer war am Dienstagmorgen in der Anlage in Alt Tellin ausgebrochen und hat weite Teile der Ställe zerstört sowie vermutlich mehrere Tausend Schweine getötet. Die Brandursache ist laut Polizei noch unklar.

Bei einer großen Tierzahl, wie sie in den «Intensivtieranlagen» üblich ist, sei die Rettung aller Tiere bei Feuer quasi unmöglich, erklärte Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes.

Realistische Rettungschancen bestünden nur bei frühzeitiger Brandfeststellung, kleinen Tierbeständen und einem angepassten Haltungssystem. Erst Ende Februar waren rund 3.000 Schweine bei einem Brand in einer anderen modernen Mastanlage in Kobrow (Ludwigslust-Parchim) getötet worden.
dpa
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