Von 2010 bis 2020 nahm der Bestand um 6,7 Millionen Schweine oder 27 % auf 31,4 Millionen Tiere zu, die Schweinefleischerzeugung wegen gestiegener Schlachtgewichte sogar um fast 50 % auf 5 Mio t. Spanien ist dadurch weltweit zum drittgrößten Schweinefleischproduzenten geworden. Und ein Ende der Expansion scheint - trotz der zuletzt stark gefallenen Schweinepreise - vorerst nicht in Sicht.
Im Mai 2021 haben die
Betriebe ihren
Schweinebestand gegenüber dem Vorjahr um gut 1 Million Stück auf 32,41 Millionen Tiere aufgestockt; erstmals dürften in diesem Jahr mehr als 58 Millionen Schweine geschlachtet werden und die Produktion um gut 4 % auf 5,2 Mio t
Schweinefleisch steigen.
„Das integrierte System der Viehwirtschaft hat dem Produktionssektor finanzielle, wirtschaftliche und operative ‚Muskeln‘ verliehen, die es ihm ermöglicht haben, solch ein Wachstum in Bezug auf Quantität und Effizienz zu erreichen“, erläuterte der Generaldirektor des Mercolleida, Miquel Àngel Bérges, in einem Interview mit AGRA-EUROPE. Die Fleischhersteller hätten in den vergangenen Jahren ihre Schlacht- und Gefrierkapazitäten erheblich erweitert und sich der Internationalisierung verschrieben; die Exporte seien schnell gestiegen.
Auch die Produktionskapazitäten auf Erzeugerstufe seien ausgebaut worden. „Insgesamt hat die Konzentration und die Vertikalisierung zugenommen, wobei große integrierte Schweineproduzenten mit Futtermittelunternehmen in den Schlachthofsektor und
Schlachtunternehmen auch in die
Schweineproduktion mit dem Bau neuer Mastställe eingestiegen sind“, erklärte Berges. Dies habe die Effizienz und Schlagkraft des Sektors erhöht, was auch ausländische Investoren anziehe, wie den italienischen Konzern Pini oder Tönnies mit dem geplanten Standort in Calamocha.
Betriebspläne sehen Wachstum vor
Die starke Fokussierung der spanischen Schweinefleischbranche auf den Export - in der ersten Jahreshälfte wurde rund die Hälfte der Produktion ins Ausland verkauft und davon etwa 70 % nach China - hat nach dem Einbruch der Ausfuhren in die Volksrepublik für starken Markt- und Preisdruck gesorgt. Die Schlachtschweinenotierung am Mercolleida ist seit Ende Juni um gut ein Drittel gefallen, während für die Erzeuger die Kosten für Energie und Futter spürbar gestiegen sind. Berges erwartet dennoch keinen Rückgang der Erzeugung, wie er für Nordeuropa wahrscheinlich ist.
„Die Produktion in Spanien wird im nächsten Jahr aufgrund der der bereits genehmigten Betriebspläne weiter wachsen“, prognostiziert der Experte. Allerdings werde das Ausmaß davon abhängen, wie sich die Preis-Kosten-Situation entwickle. Grundsätzlich wolle der Sektor diese Krise nutzen, um die Strukturen zu stärken, um das Wachstum zu konsolidieren. Es werde weitere Schritte in Richtung Vertikalisierung und Effizienzsteigerung geben.
China könne, so Berges, 2022 bei rückläufiger Eigenproduktion wieder mehr Schweinefleisch importieren, doch dürfte die Volksrepublik mittelfristig wieder mehr zu einem Markt für Nebenprodukte wie Innereien, Köpfe oder Füße werden.
Um die Abhängigkeit von China zu verringern, müssten andere Exportmärkte ausgebaut werden. Spaniens Schweinesektor sei zuversichtlich, dass er in der Lage sein werde, den Produktionsrückgang im Norden der EU zu nutzen, um mehr Schweinefleisch im Export zu verkaufen.
Produktion wächst in Aragonien
Dem Generaldirektor des Mercolleida zufolge stößt der
Ausbau der Schweinehaltung und der Schlachtstätten nun aber auch in Spanien auf immer mehr Widerstand von Umwelt- und Tierschützern. So sei das Wachstum in der Produktionshochburg Katalonien wegen Umweltauflagen kaum noch möglich und verlagere sich deshalb westlich in die Provinzen Huesca oder Zaragoza in der autonomen Gemeinschaft Aragonien. Aber auch dort gebe es zunehmenden Druck von Umwelt- und Tierschutzgruppen.
„Was bis vor wenigen Jahren Spanien nicht betraf und noch als rein nordeuropäisches Problem angesehen wurde, ist heute hierzulande eine Realität, mit der der Sektor lernen muss zu leben, zu diskutieren und zu verhandeln“, stellte Berges fest. Allerdings seien landwirtschaftliche Betriebe und Schlachthöfe auch wichtig für den Erhalt der lokalen Wirtschaft und zur Bekämpfung der Landflucht.
Zum Thema
Tierwohl berichtete Berges, dass es zwar Fleisch mit einem
Tierschutzlabel in den Geschäften gebe, aber der Preis in der
Wirtschaftskrise noch zu oft einer Kaufentscheidung entgegenstehe. Dem Sektor sei aber bewusst, dass er sich in diese Richtung bewegen müsse. Eine
Diskussion um die
Kastration gebe es nicht, da die meisten Schweine in Spanien ohne diesen Eingriff produziert würden.