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02.09.2019 | 10:32 | Heu, Stroh und viele Tiere 

Stallbrände bergen große Herausforderungen

Frankfurt/Main - Feueralarm im Stall: Vor einem halben Jahr trifft es die bekannte Reiterfamilie Rothenberger in Bad Homburg.

Feuer
Immer wieder brechen schwere Brände in Pferde- oder Viehställen aus. Feuerwehrleute müssen dann nicht nur gegen die Flammen kämpfen, sondern auch mit der Panik der Tiere umgehen. (c) proplanta
Bei dem Brand sterben fünf Pferde, mehrere werden verletzt, ebenso Helfer, die die Tiere vor den Flammen zu retten versuchen. 25 Pferde können lebend hinausgebracht werden.

«Es ist eine Tragödie», sagt Sven Rothenberger über das Unglück auf seinem Gestüt, das ihm zufolge höchstwahrscheinlich durch einen technischen Defekt ausgelöst wurde.

Immer wieder brechen schwere Brände in Pferde- oder Viehställen aus, bei denen Tiere sterben und nicht selten ein Millionenschaden entsteht. Für die Feuerwehr sind diese Einsätze eine besondere Herausforderung: Weil es sich häufig um große Gebäude handelt, weil Stroh und Heu für reichlich Zunder sorgen, die Ställe oftmals abseits liegen und weil die Helfer es mit panischen Tieren zu tun haben - bei Bränden in der Massentierhaltung sogar mit einer Vielzahl davon.

«Tiere reagieren unterschiedlich auf Feuer und zeigen unterschiedliches Fluchtverhalten», sagt Hermann Schreck, Vizepräsident des Deutschen Feuerwehrverbandes. «Die Tiere laufen in der Regel nicht von selbst raus.» Besteht ein zu großes Risiko für die Feuerwehrleute, etwa durch Einsturzgefahr, müsse «der Einsatzleiter gewissenhaft entscheiden, ob eine Räumung des Stalls noch möglich ist».

Allein im August gab es bundesweit mindestens sechs Stallbrände. Im Juli brannten kurz hintereinander Pferdeställe im hessischen Lützelbach und in Rüdesheim. In einem Fall hatten die Tiere Glück, weil sie zum Zeitpunkt des Unglücks auf der Koppel standen, im anderen Fall konnten Helfer sie in Sicherheit bringen.

Mehr als 80.000 Hühner verendeten dagegen im selben Monat im niedersächsischen Neuenkirchen-Vörden. Etwa 2.500 Schweine starben in einer Mastanlage in Mecklenburg-Vorpommern.

Häufig sind elektrische Defekte die Ursache für die Feuer oder es steckt Brandstiftung dahinter, wie aus einem vom Karlsruher Institut für Technologie erstellten Brandschutzforschungsbericht für die Länder hervorgeht. Zudem kommt es vor, wenn auch eher selten, dass sich Heu selbst entzündet.

Die Rettung gestaltet sich je nach Tierart unterschiedlich, wie es in dem Bericht weiter heißt. Bei Geflügel sei diese nur bedingt möglich, die Tiere neigten in Panik etwa zu Gruppenbildung. Bei Rindern hänge viel davon ab, ob sie es gewöhnt seien, den Stall zu verlassen.

Die Rettung von Schweinen sei schwierig, unter anderem weil sie keine Fluchttiere seien und bei Gefahr instinktiv Schutz in ihrer Bucht suchten. Pferde wiederum reagierten bei einem Feuer unberechenbar. Allerdings sei eine Rettung gut möglich, da die Tiere es gewohnt seien, ihren Stall zu verlassen.

Dem Deutschen Tierschutzbund zufolge können sich bei einem Feuer dramatische Szenen abspielen: «Die Tiere sterben bei einem Brand qualvoll, meist durch Rauchvergiftungen beziehungsweise Ersticken und auch durch Verbrennen bei lebendigem Leib.»

Der Tierschutzbund sieht Defizite beim Brandschutz gerade mit Blick auf die Massentierhaltung: «Ställe werden in der Praxis für eine möglichst effiziente Nutzung gebaut - im Hinblick auf den Brandschutz sind sie insgesamt leider oft wenig vorbildlich.» Der Verband fordert ein Umdenken: Realistische Rettungsmöglichkeiten «bestehen nur bei frühzeitiger Brandfeststellung, kleinen Tierbeständen und einem angepassten Haltungssystem».

Diverse Vorschriften und (Landes-)Gesetze regeln die Brandschutzanforderungen in Ställen. In Hessen beispielsweise greift unter anderem die Hessische Bauordnung, in der es heißt, dass Gebäude so anzuordnen und zu errichten sind, «dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind».

Je nach Größe des Betriebes können besondere Anforderungen gelten, wie ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums in Wiesbaden erläutert. Bei Viehställen sei beispielsweise zu berücksichtigen, dass Nutztiere sich im Regelfall nicht selbst retten könnten, da sie in Boxen oder größeren abgeschlossenen Bereichen gehalten werden. «Auch wenn die Tore von Stallungen im Brandfall geöffnet werden, ist zu bedenken, dass nicht jede Tierart, zum Beispiel Pferde, ausreichend zur Eigenrettung fähig sind.»

Für den Deutschen Bauernverband ist klar: «Der Brandschutz ist von existenzieller Bedeutung für die Landwirte.» Der Fokus liege auf der Vorbeugung. Die Bauern «nehmen einen möglichst guten Brandschutz in ihren Betrieben sehr ernst, das geht oft über die gesetzlichen Vorschriften hinaus», sagt der stellvertretende Generalsekretär Udo Hemmerling. Sehr viele Landwirte seien auch ehrenamtlich aktiv in den Freiwilligen Feuerwehren und es gebe Übungen auf den Höfen.

Nach dem Feuer in Bad Homburg ist der Wiederaufbau der Stallungen «in vollem Gange», wie Sven Rothenberger erzählt. Man habe aus dem Unglück Konsequenzen gezogen. Die Erkenntnisse sollen auch Kollegen bei der Prävention helfen. Heufutter beispielsweise soll künftig nicht mehr im Stall, sondern getrennt davon gelagert werden. Wichtig sei auch, alle Pferde in Außenboxen unterzubringen. Das sei bei ihnen der Fall und «das große Glück» gewesen, sagt Rothenberger: «Sonst hätten wir weniger Pferde retten können.»
dpa
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