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23.04.2021 | 11:40 | Ernte mit Abstand 

Strenge Corona-Regeln für ausländische Erntehelfer

Pogeez - Beim Spargelsortieren steht Nicoletta Cogoaru derzeit ziemlich allein da. Einsam sortiert die Rumänin in einer großen Halle auf dem Bauernhof von Andreas Löding frisch geerntete Spargelstangen in farbige Plastikkisten.

Corona-Regeln Erntehelfer
Für Erntehelfer aus Osteuropa gelten in der Corona-Pandemie strenge Regeln. Sie dürfen das Hofgelände nicht verlassen und nur zu wenigen Kollegen Kontakt haben. «Das ist in Ordnung, es soll ja keiner krank werden», sagt Nicoletta aus Rumänien. (c) proplanta
Von ihren polnischen Kolleginnen ist sie durch einen Vliesvorhang getrennt. «Das ist eine Vorgabe der Staatlichen Arbeitsschutzbehörde. Wenn die Arbeitsquarantäne beendet ist, wird der Vorhang entfernt», sagt Löding.

Cogoaru hat mit dem Vorhang keine Probleme, auch die übrigen Corona-Beschränkungen nimmt sie gelassen. «Nach der Arbeit muss ich gleich in mein Zimmer gehen und darf nur meine Mitbewohnerin treffen, aber das ist in Ordnung. Es soll ja keiner krank werden» sagt sie. Ihre Mitbewohnerin kenne sie schon aus der Heimat, sie wohnten in demselben Dorf. «Da haben wir uns hier wenigstens was zu erzählen», sagt die junge Frau.

Insgesamt 25 Erntehelfer aus Polen und Rumänien beschäftigt Löding auf seinem Hof in Buchholz in der Gemeinde Pogeez. «Wir mussten eine Menge Formalitäten erledigen, bis die Saisonkräfte einreisen durften», sagt Löding und zeigt einen den großen Aktenordner voller Formulare. So dürften die Arbeitskräfte während der ersten 14 Tage nach ihrer Einreise nur in festen Gruppen von höchstens fünf Personen zusammen wohnen und arbeiten, nur innerhalb ihrer Gruppe befördert werden, keine Kontakte zu anderen Personen haben, zählt Löding auf.

Das führt mitunter zu kuriosen Situationen. «Von den rumänischen Erntehelfern hat niemand einen Führerschein und da sie keinen Kontakt zu den polnischen Saisonkräften haben dürfen, müssen sie zu Fuß zum Spargelfeld gehen», sagt Löding. Doch Cogoaru sagt: «Ist aber nicht schlimm, der Weg dauert nur fünf Minuten.»

Auf dem Spargelhof Schäfer in Wiemersdorf im Kreis Segeberg genießen die rund 60 Erntehelfer gemäß den Vorgaben der staatlichen Arbeitsschutzbehörde Vollpension. «Wir kochen das Essen zentral für alle und die Saisonkräfte essen in ihren Unterkünften», sagt Landwirt Christian Schäfer, der den Hof seit 2016 führt.

«Die Unterkünfte sind alle mit Küchenzeilen ausgestattet, so dass sie sich Frühstück und Abendbrot selbst zubereiten können», sagt er. Außerdem gebe es auf dem Hof einen Laden mit Lebensmitteln, Süßigkeiten, Drogerieartikeln sowie Handy-Ladekabeln und SIM-Karten.

Auf dem Spargelhof Beeck in Hamberge im Kreis Stormarn dagegen versorgen sich die 19 Erntehelfer selbst. «Wir haben anfangs eine Gemeinschaftsverpflegung angeboten, aber das kam nicht so gut an», sagt Landwirt Matthias Beeck. «Da sich keiner der Erntehelfer noch in Arbeitsquarantäne befindet, können sie zu zweit im Ort einkaufen gehen», sagt Beeck.

Die Zahl der ausländischen Erntehelfer im Land bewegt sich nach Angaben des Bauernverbandes Schleswig-Holstein in etwa auf dem Niveau des Vorjahres. «So weit wir wissen, ist die Zahl der Erntehelfer knapp ausreichend», sagt die Pressesprecherin des Verbandes, Kirsten Hess. «Wieviel Prozent der Einreiseanträge von der staatlichen Arbeitsschutzbehörde bei der Unfallkasse Nord abgelehnt wurden, wissen wir aber nicht», sagt Hess.

Die strengen Hygieneauflagen haben ihren Preis. Auf mehrere Hunderttausend Euro beziffert Löding seine Mehrkosten für zusätzliche Wohnquartiere für seine Saisonkräfte. Sogar einen Quarantäne-Container hat er eingerichtet - für den Fall der Fälle, wie er sagt. Schäfer spricht von rund 230.000 Euro zusätzlicher Kosten, die ihm in dieser Saison bereits entstanden seien.

Die Saisonkräfte bleiben gelassen. Auf die Frage, womit er denn seinen Feierabend verbringe, da er den abgelegenen Hof doch nicht verlassen dürfe, antwortet Pawel Haczynski aus Polen: «Duschen, essen, schlafen - wie jedes Jahr.»
dpa/lno
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