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01.05.2015 | 06:03 | Landwirtschaft in Südafrika 

Südafrikas Farmer fürchten Gewalt und Enteignung

Nigel - Landwirt Johann Pistorius sorgt sich um seine Zukunft. «Wenn ich hier vertrieben werde, gehe ich nach Mosambik, oder in ein anderes Land in Afrika», sagt der 36-Jährige Südafrikaner.

Landwirtschaft in Südafrika
In Europa bereiten fallende Agrarpreise Bauern schlaflose Nächte. Südafrikas weiße Farmer plagen ganz andere Existenzsorgen. Eine Reihe von Ihnen wurde Opfer von Überfällen, und auch die Furcht vor Enteignung geht um. (c) proplanta
Seit sechs Generationen bewirtschaftet die weiße Farmerfamilie den 1.000 Hektar großen Betrieb etwa 80 Kilometer östlich von Johannesburg. Eine Schafherde genießt die letzten Sonnenstrahlen an diesem warmen Nachmittag, die Mais- und Sojafelder erstrecken sich in die Ferne.

Trotz dieser Idylle ist Pistorius beunruhigt: «Es hat hier Angriffe auf weiße Bauern gegeben, und ich fürchte ständig, dass mir die Regierung meine Farm wegnimmt.» Nach Angaben der Landwirte-Union TAUSA wurden in Südafrika zwischen 1990 und 2014 mehr als 1.000 weiße und 72 schwarze Farmer getötet. Von der Polizei, die keine Statistiken über Angriffe auf landwirtschaftliche Betriebe führt, wurden diese Zahlen nicht bestätigt.

TAUSA-Vertreter Chris van Zyl sagt, die Angriffe seien sehr brutal, Opfer würden oft gefoltert und berichteten über rassistische Beschimpfungen. Dies deutet laut TAUSA darauf hin, dass manche der Angreifer sich an den Weißen für die Ungerechtigkeiten des Apartheid-Regimes von 1948-94 rächen wollten. Die weiße Minderheit kontrollierte damals etwa 90 Prozent von Grund und Boden.

Seitdem hat sich nicht viel geändert. Etwa 67 Prozent der Landfläche entfallen auf 40.000 Farmen, die meisten von ihnen im Besitz von Weißen, heißt es beim Institut für Armut, Land- und Agrarstudien (PLAAS) der Universität Western Cape. Zwei Millionen schwarze Landwirte erwirtschaften demnach auf ihren kleinen Flächen hingegen nur genug zum Überleben, nur 200.000 produzieren Überschüsse. Nach offiziellen Zahlen liegt das Monatseinkommen in mehr als der Hälfte der ländlichen Haushalte bei umgerechnet 47 Euro.

Die Linkspartei der «Wirtschaftlichen Freiheitskämpfer» EEF will Agrarland verstaatlichen und an die schwarze Bevölkerung verteilen. Für sie sind ländliche Armut und Bodendiebstahl durch Weiße eng verknüpft. «Wir verlangen nicht, dass Weiße das Land verlassen», sagt der EEF-Abgeordnete Andile Mngxitama der Deutschen Presse-Agentur. «Aber die Siedler haben das Land gestohlen.»

Die Regierungspartei ANC versprach 1994, dass bis 2014 etwa 30 Prozent des weißen Agrarlandes Schwarzen gehören werde. Doch bislang wurden nur acht Prozent umverteilt. Für Kritiker liegt das Problem darin, dass die Farmer nicht gezwungen werden, ihr Land an den Staat zu verkaufen. Unter zunehmendem Druck des EFF zieht der ANC aber die Schrauben an. Gewerbliche Landwirte sollen, wenn es nach den Plänen der Regierung geht, bis zu 50 Prozent ihrer Betriebe an ihre Arbeiter überschreiben. Zudem soll eine Besitzobergrenze von 12.000 Hektar eingeführt und Ausländer vom Grunderwerb ausgeschlossen werden.

«Das Schicksal von zu vielen liegt in den Händen von zu wenigen», sagte Präsident Jacob Zuma über das Problem der Nahrungssicherung. Doch für PLAAS-Experten Ben Cousins sind solche Aussagen populistisch. Die arme Landbevölkerung interessiere die Regierung nicht, meint er. Von der Umverteilung würden nur einige Farmer mit engen Verbindungen zu den Mächtigen profitieren.

Gegner einer Neuverteilung führen das Nachbarland Simbabwe als abschreckendes Beispiel an. Dort wurden Tausende weiße Farmer vertrieben, das Resultat waren Nahrungsmittelknappheit, internationale Sanktionen und wirtschaftlicher Abstieg. Auch in Südafrika fehlt es vielen schwarzen Neu-Farmern an Erfahrung und Finanzmitteln. Profite zu erwirtschaften, ist für viele schwierig.

«Ich habe mir die Hände wund gearbeitet, warum sollte ich also meinen Betrieb hergeben?», fragt Pistorius und versucht indessen, sich und sein Land so gut wie möglich zu schützen. Er hat Zäune errichtet und Alarmanlagen installiert. Gemeinsam mit anderen Farmern hat er eine Wachtruppe gebildet. Die Behauptung weißer Farmer, dass die Polizei sie nicht beschütze, weist Polizeisprecher Solomon Makgale zurück. Es werde kein Unterschied gemacht, betont er. Pistorius ist hingegen überzeugt: «Als weißer Landwirt bin ich in den Augen der Regierung ein Feind.» (dpa)
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