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09.02.2017 | 11:08 | Thunfisch-Export 
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Thunfisch treibt Mosambik in die Schuldenkrise

Maputo - Die normalerweise fröhliche Gelassenheit der Menschen in Mosambik hat sich in eine düstere Stimmung der Ungewissheit verwandelt.

Thunfische
Die Zukunft war so rosig. Mosambik wollte großer Thunfisch-Exporteur werden. Neu entdeckte Gasreserven versprechen Reichtum. Doch jetzt droht eine Finanzkrise den Traum zunichtezumachen. (c) Tommy Schultz - fotolia.com
Die Krise des Landes im Südosten Afrikas erinnert an jene in Griechenland.

Mosambik hat an den offiziellen Büchern vorbei Schulden gemacht. Jetzt droht der Offenbarungseid. Die frühere portugiesische Kolonie hat Gläubiger schon auf einen Zahlungsausfall eingestimmt. Doch die Zeche zahlen die Bürger.

«Ich kann es mir nicht mehr leisten, den Gürtel noch enger zu schnallen», sagt Janete Massango, eine Händlerin in der Hauptstadt Maputo.

Der Grund für die Misere sind Schulden, die teils heimlich aufgenommen wurden. Als die Mauschelei im vergangenen Jahr bekannt wurde, stellten Geberländer und der Internationale Währungsfonds (IWF) sofort alle Hilfen ein. Das hat Mosambik, das einem UN-Index zufolge zu den zehn ärmsten Ländern der Welt zählt, schwer getroffen.

Der einzige Hoffnungsschimmer für Mosambik sind die Gasvorkommen vor der Küste im Indischen Ozean. Laut Auswärtigem Amt handelt es sich um die drittgrößten Reserven weltweit. Doch diese sind bislang noch kaum erschlossen, auch weil es im abgeschiedenen Norden des Landes nahe der Grenze zu Tansania kaum Infrastruktur gibt. Die Zukunft könnte so rosig sein: Der IWF träumt von Wachstumsraten von bis zu 24 Prozent, sobald das Gas angezapft wird. Doch das wird Experten zufolge wohl nicht vor 2022 passieren - wahrscheinlich noch später.

Zunächst muss die Schuldenkrise überwunden werden. Sie begann mit einem Kredit für ein Staatsunternehmen zum Aufbau einer Thunfisch-Fangflotte. Doch die Regierung schaffte mit dem Großteil des Geldes vor allem überteuerte Militärschiffe an. Zins und Tilgung für den Kredit über 850 Millionen Dollar (heute 780 Millionen Euro) sollten ursprünglich mit dem Fang von rund 200.000 Tonnen Thunfisch pro Jahr bezahlt werden. 2013 wurden jedoch nur 6.000 Tonnen gefangen. Daraufhin übernahm die Regierung die Schulden - und bot Gläubigern dafür einen saftigen Zinssatz von 14,4 Prozent.

Doch dann tauchten im März 2016 noch einmal 1,15 Milliarden Dollar bislang geheim gehaltene Schulden anderer Staatsunternehmen auf. Das ist viel Geld für ein Land, dessen jährliche Wirtschaftsleistung bei nur 15 Milliarden Dollar liegt. «Die Schuldenkrise hat für die ganze Wirtschaft einen vernichtenden Effekt gehabt», erklären Analysten der Risikoberatung Verisk Maplecroft. Die Landeswährung Metical sei gegenüber dem Dollar 2016 um knapp 50 Prozent eingebrochen. Das wiederum machte es noch schwieriger, die Dollar-Kredite zu bedienen.

Mosambik war lange eines der Boom-Länder Afrikas, doch der Verfall der Rohstoffpreise hat das Land mit rund 28 Millionen Einwohnern hart getroffen. Die Preise der Hauptexportgüter Kohle und Aluminium sind weiter niedrig.

Durch die Metical-Abwertung wurden zudem Importe teurer, was die Inflation hochschnellen ließ. Im Land herrscht derzeit obendrein die schlimmste Dürre seit etwa drei Jahrzehnten, die zu schweren Ernteausfällen und Preissteigerungen geführt hat. Zahlte man etwa Anfang des Jahres noch 13 Euro für einen 25-Kilo-Sack Reis, müssen die Mosambikaner jetzt 19 Euro hinlegen.

Die Schulden des Landes entsprachen 2011 noch etwa 38 Prozent der Wirtschaftsleistung, inzwischen gehen Experten von 130 Prozent aus. Dies entspricht etwa der Schuldenquote Griechenlands, als die Krise dort 2009 begann. Der IWF schätzt, dass die Verschuldung Mosambiks im Jahr 2020 bei 160 Prozent liegen wird.

Das Land hat nun Experten zufolge zwei realistische Möglichkeiten. Mosambik könnte den Schuldendienst einstellen. Damit wäre das Land aber auf viele Jahre von internationalen Finanzmärkten ausgeschlossen und hätte einen jahrelangen Rechtsstreit vor sich. Wahrscheinlicher ist ein Hilfspaket des IWF - das aber mit strengen Reformauflagen und Ausgabenkürzungen verbunden wäre. Derzeit läuft eine unabhängige Prüfung von Mosambiks Finanzen durch eine New Yorker Beratungsfirma. Die Ergebnisse werden in Kürze erwartet. Dann entscheidet der IWF.

Entwicklungspolitiker und manche Experten argumentieren jedoch, dass Mosambik einen Schuldenerlass bekommen sollte. Anleger hätten sich an Mosambiks hohen Zinsen erfreut, jetzt müssten sie auch das Risiko tragen, das damit einhergehe, fordert Jürgen Kaiser, Schuldenexperte und Koordinator des deutschen Entschuldungsbündnisses erlassjahr.de.

Hilfspakete seien nichts anderes als ein Ersetzen alter Schulden durch neue. «In einer Situation wie der von Griechenland oder Mosambik, da muss man streichen, was nicht mehr bezahlt werden kann.»
dpa
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Kommentare 
cource schrieb am 09.02.2017 19:54 Uhrzustimmen(87) widersprechen(26)
mit thunfisch eine aufrüstung/waffen bezahlen zu lassen ist einfach der gipfel der perversion unserer gesellschaft/entwicklungshilfe
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