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11.10.2012 | 08:53 | Tierkörperbeseitigung 

400.000 t Tierkörper jährlich beseitigt

Orsingen - Der Geruch ist das Schlimmste. Während man draußen im Hof kaum etwas wahrnimmt, riecht es in den Räumen der Tierkörperbeseitigungsanlage in Orsingen am Bodensee leicht süßlich - nach einer Mischung aus verkochtem Fleisch, Blut, Innereien und Maschinenöl.

Tierkörper
(c) proplanta
In Windeseile setzt sich der Geruch in den Kleidern fest, legt sich auf Haare und Haut. Kann man sich an so etwas gewöhnen? «Ja», sagt der Betriebsleiter der Anlage, der nicht mit Namen genannt werden möchte. «Aber jeder geht anders damit um.»

44 solcher Verarbeitungsbetriebe für tierische Nebenprodukte gibt es bundesweit. Sie entsorgen das, was bei Schlacht-, Zerlege- und Fleischverarbeitungsbetrieben «nicht in die Wurst geht», sagt Harald Niemann vom Branchenverband Servicegesellschaft Tierische Nebenprodukte (STN) in Bonn.

Rund acht Millionen Tonnen Fleisch werden nach Angaben des Verbandes in Deutschland jährlich erzeugt. Bei deren Schlachtung und Verarbeitung fielen etwa 2,5 Millionen Tonnen Nebenprodukte an, die nicht ihren Weg über die Ladentheke finden - stofflich seien sie nichts Anderes als Fleisch und Knochen von Schlachttieren.

Die Betriebe in ganz Deutschland verarbeiten diese Abfälle zusammen mit weiteren rund 400.000 Tonnen verendeter Tiere. Allein in Orsingen, wo die Anlage für zwölf Landkreise zuständig ist, sind es jährlich 20.000 Tonnen Rohware.

Der Verarbeitungsprozess verlangt von den Mitarbeitern starke Nerven und gute Mägen. Mit Lastwagen holen sie Tiere und Tierprodukte von Schlachtereien oder Bauernhöfen ab und kippen die Rohware in eine Mulde.

Dort zerstückelt sie ein Grobbrecher, eine Art riesiger Fleischwolf. Eine ganze Kuh kann so in einer Minute in Stücke mit einer Größe von weniger als 50 Millimetern zerkleinert werden.

Der Brei wird anschließend zu einem großen Kessel gebracht, in dem er mindestens 20 Minuten lang bei 133 Grad und drei Bar Druck sterilisiert wird. Danach wird das Material getrocknet und entfettet.

So entstehen die beiden Endprodukte der Anlagen: Zum einen Tiermehl, das beispielsweise als Dünger in der Landwirtschaft oder als Brennstoff genutzt wird. Und zum anderen Tierfett, aus dem unter anderem Biodiesel hergestellt wird.

Beides diente früher auch als Tierfutter. Infolge der BSE-Erkrankungen von Rindern wurde dies aber 2000 in Deutschland verboten. Seit dem 1. Januar 2001 gilt nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums auch EU-weit ein solches Verfütterungsverbot für Tiermehl an lebensmittelliefernde Tiere.

Daher musste sich auch Protec neue Verwendungswege für seine Produkte einfallen lassen. Der Betrieb stellte die Dampferzeugung, die für den Sterilisationsprozess erforderlich ist, von Gas und Heizöl auf Tierfett um.

Die Anlage zur Eigenfettverbrennung ist seit 2003 im Betrieb. Rund 1.800 Tonnen Tierfett werden pro Jahr verbrannt - sie ersetzen mehr als zwei Millionen Liter Heizöl, die zuvor dafür verwendet wurden. «Der Rest wird an zugelassene Verbrennungsbetriebe in Deutschland geliefert», sagt der Betriebsleiter.

Auch die Restwärme, die bei der Verarbeitung der Tierkörper anfällt, wird genutzt. Seit rund drei Jahren wird sie mit Hilfe eines Wärmetauschers an ein Nahwärmenetz abgegeben, 130 Kunden werden damit versorgt.

Möglich wären noch mehr: «Wir sind etwa zur Hälfte ausgelastet», sagt Ludwig Egenhofer, der Geschäftsführer des Zweckverbandes. Während die Fettverbrennungsanlage nach Angaben des SNT in deutschen Tierkörperbeseitigungsanlagen Standard ist, spielt Orsingen bei der Nahwärme durchaus eine Vorreiterrolle: «Das macht meiner Kenntnis nach nur Orsingen», sagt Harald Niemann. (dpa)
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