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21.09.2015 | 18:15 | Autobranche 

VW schockiert Autowelt

Wolfsburg - Die manipulierten Abgastests bei VW-Dieselwagen in den USA schrecken die gesamte Autobranche auf und erschüttern das Vertrauen der Anleger.

VW Abgastest
Manipulierte Abgastests bei VW-Dieselautos in den USA schocken die Branche - der Ruf nach Konsequenzen wird lauter. Der Aktienkurs der Wolfsburger bricht ein und zieht auch andere Autowerte in den Keller. Gab es womöglich auch bei anderen Herstellern ähnliche Tricks? (c) proplanta
An der Frankfurter Börse verlor das Papier von Europas größtem Autobauer am Montag zeitweise mehr als ein Fünftel an Wert und zog auch die Titel anderer Hersteller mit in die Tiefe. Am Handelsende stand noch ein Minus von 18,60 Prozent für die VW-Aktie zu Buche. Das bedeutete einen Börsenwert-Verlust von etwa 14 Milliarden Euro für den Konzern.

Neben einem Imageverlust drohen Volkswagen Strafzahlungen von bis zu 18 Milliarden Dollar, Rückrufkosten sowie mögliche Regressansprüche von enttäuschten Kunden und Aktionären. Volkswagen erließ einen Verkaufsstopp für die betroffenen Modelle in den USA. Am Mittwoch will sich der innerste Zirkel des Aufsichtsrats bei einem Krisentreffen mit dem Thema beschäftigten, verlautete aus VW-Kreisen.

Am Wochenende hatte Volkswagen eingeräumt, dass Abgaswerte von Diesel-Autos in den USA für Fahrzeugtests manipuliert worden waren. VW-Chef Martin Winterkorn hatte eine externe Untersuchung und eine rasche Aufklärung zugesagt. VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh forderte, die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Er warnte zugleich vor Vorverurteilungen. «Wir gucken uns in den nächsten Tagen an, was passiert ist, wer die Verantwortung trägt», sagte er am Montag auf der IAA in Frankfurt.

Dass es dabei nicht um einen Sachbearbeiter gehe, sei klar. Aber jetzt schon den Abschied von Volkswagen-Chef Martin Winterkorn zu fordern, sei ein Unding. «Ich stehe zu Herrn Dr. Winterkorn», sagte Osterloh. Winterkorn stehe an der Spitze und müsse das Thema aufklären. Wenn herauskommen sollte, dass Winterkorn an dem Skandal beteiligt ist, werde er von alleine zurücktreten.

Am Freitag steht bei der VW-Aufsichtsratssitzung die angekündigte Vertragsverlängerung Winterkorns auf der Tagesordnung. Winterkorn hatte im Frühjahr einen Machtkampf mit dem damaligen Aufsichtratschef Ferdinand Piëch gewonnen. «Die gegen VW in den USA erhobenen Vorwürfe wiegen schwer», sagte Niedersachsens Ministerpräsident und VW-Kontrolleur Stephan Weil (SPD), der Mitglied im Präsidium des Aufsichtsrates von VW ist.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sprach mit Winterkorn über den Abgas-Skandal, wie das Bundesverkehrsministerium am Abend mitteilte. Dobrindt werde das Kraftfahrt-Bundesamt anweisen, bei den VW-Dieselmodellen nun umgehend strenge spezifische Nachprüfungen durch unabhängige Gutachter zu veranlassen. Winterkorn habe für diese Tests seine absolute Unterstützung zugesagt.

Die grüne Fraktionschefin im Europaparlament, Rebecca Harms, hielt dem VW-Konzern «handfesten Betrug und Umweltkriminalität» vor und forderte die EU-Kommission zur Klärung der Frage auf, ob auch in der EU derartige Testverfahren manipuliert werden. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) forderte die Überprüfung sämtlicher Diesel-Modelle neuerer Bauart auf dem VW-Heimatmarkt.

Dagegen erklärte eine Sprecherin der Brüsseler EU-Kommission: «Es ist zu früh, um etwas darüber zu sagen, ob irgendwelche besonderen sofortigen Überwachungsmaßnahmen in Europa nötig sind und ob von Volkswagen in Europa verkaufte Fahrzeuge ebenfalls betroffen sind.»

Derzeit könne der in Tests gemessene Schadstoff-Ausstoß von Diesel-Wagen beträchtlich vom Ausstoß beim Fahren auf der Straße abweichen - aber «ohne jedes Fehlverhalten». Daher gelten ab 2016 neue EU-Regeln für Tests unter realistischeren Bedingungen.

Der Autoverband VDA bekannte sich zu Dieselantrieben: «Ohne den Diesel sind die anspruchsvollen CO2-Ziele in der EU nicht zu erreichen.» Ganz anders sieht das sie Deutsche Umwelthilfe (DUH), nach der Diesel-Autos nach wie vor gesundheitsgefährdende und giftige Abgase ausstoßen. Sie will daher ein Fahrverbot von Dieselautos in Deutschland erreichen.

In die Rufe nach rascher Aufklärung und harten Konsequenzen reihte sich auch der VW-Betriebsratschef ein. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden, forderte Bernd Osterloh, der im Aufsichtsrat sitzt. «Wir müssen verloren gegangenes Vertrauen bei unseren Kunden zurückgewinnen», betonte er.

Er sei sich bei diesen Forderungen einig mit Vorstandschef Martin Winterkorn, dessen angekündigte Vertragsverlängerung auf einer Aufsichtsratssitzung am Freitag ansteht. Winterkorn hatte zuvor schon eine externe Untersuchung und eine rasche Aufklärung zugesagt.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sorgt sich um den Ruf der deutschen Automobilindustrie und vor allem Volkswagens, meinte jedoch: «Ich bin aber sicher, dass das Unternehmen schnell und restlos den Fall aufklären und die denkbar eingetreten Schäden wieder gut machen wird.» Unklar sind die Auswirkungen auf den Absatz von Diesel-Wagen anderer deutscher Anbieter in den USA. Die Autobauer BMW und Daimler sind nach eigenen Angaben nicht betroffen.

Die Bundesregierung fordert von den Autoherstellern «belastbare Informationen», um mögliche Manipulationen bei Abgastests auch in Deutschland prüfen zu können. Das Kraftfahrtbundesamt müsse die Tests vornehmen, so ein Sprecher des Berliner Umweltministeriums. «Die gegen VW in den USA erhobenen Vorwürfe wiegen schwer», sagte auch Niedersachsens Ministerpräsident und VW-Kontrolleur Stephan Weil (SPD), der Mitglied im Präsidium des Aufsichtsrates von VW ist.

Am Wochenende hatte Volkswagen eingeräumt, dass Abgaswerte von Diesel-Autos in den USA für Fahrzeugtests manipuliert worden waren. Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) schloss sich der Kritik der DUH an. «Das Bestreben von Volkswagen, bis 2018 zum umweltfreundlichsten Autokonzern der Welt zu werden, ist stark beschädigt», sagte Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif Miller.

Seine Organisation kritisiere seit langem, dass die Abgaswerte vieler Fahrzeuge nur auf dem Prüfstand eingehalten und in der Praxis deutlich überschritten würden. Es sei naheliegend, «dass neben VW auch andere Hersteller manipulieren und zwar auch in Europa», ergänzte Miller laut Mitteilung. Die EU-Kommission und die Bundesregierung müssten dem nun schleunigst nachgehen, Abgastests anpassen «und diese um Messungen im realen Fahrbetrieb erweitern».

Ähnlich sieht es der Verkehrsclub Deutschland. Was Experten schon seit langem vermuteten und Umweltverbände wiederholt kritisierten, sei nun Gewissheit: «Autohersteller betrügen bei Abgastests.»
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