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21.01.2018 | 11:01 | Weizenmarkt 

Weizenfutures geben nach

Washington - Die russischen Weizenausfuhren 2017/18 dürften noch höher ausfallen als bislang angenommen, so dass sich der Wettbewerbsdruck durch Schwarzmeerware auf wichtigen Exportmärkten der Europäischen Union wahrscheinlich weiter verschärfen wird.

Weizenfutures
Die Konkurrenz am Weltweizenmarkt wird immer härter. (c) proplanta
So hob das amerikanische Landwirtschaftsministerium (USDA) im Januarbericht zum internationalen Getreidemarkt seine Prognose für den russischen Weizenexport im laufenden Wirtschaftsjahr um 1,5 Mio. t auf 35 Mio. t an. Mit dieser Rekordmenge, die fast einem Fünftel des globalen Handelsvolumens entspräche, würde das Vorjahresniveau um 7,2 Mio. t oder 26 % übertroffen.

Begründet wird diese Einschätzung vor allem mit der russischen Rekordweizenerzeugung 2017 von schätzungsweise 85 Mio. t; im Dezember war das Ministerium von „nur“ 83 Mio. t ausgegangen. Außerdem verbesserte sich den Washingtoner Experten zufolge die Wettbewerbsfähigkeit russischer Ware, und zwar unter anderem durch die günstige Wechselkursentwicklung, die niedrige Verkaufspreise ermögliche.

Als weiterer Vorteil wird die geografische Nähe zu den rasch wachsenden Märkten im Nahen Osten und Nordafrika gesehen. Zudem seien zuletzt die Umschlagkapazitäten russischer Häfen aufgestockt worden. Schließlich habe die nordafrikanische Nachfrage nach Futterweizen im Zuge der dort aufstrebenden Geflügelfleischbranche zugenommen.

Inzwischen boomen dem USDA zufolge die russischen Weizenausfuhren nach Ägypten, das mit einem Import von voraussichtlich 12 Mio. t auch 2017/18 der größte Weizeneinkäufer am Weltmarkt sein wird. Derweil habe das riesige russische Angebot die Belieferung von noch weiter entfernten Ländern in Afrika und Asien und sogar von Mexiko bedingt.

Gut 430 Millionen Euro für den Transport

Die Washingtoner Beamten stellen fest, dass die russische Regierung mittlerweile für ein günstigeres Umfeld für die Getreideausfuhren sorge als noch zu Beginn des neuen Jahrtausends. Damals sei das Land bei diesem Produkt nämlich noch Nettoimporteur gewesen. Selbst als die Föderation ihre Weizenproduktion ausgeweitet habe, sei ihre Verlässlichkeit als Lieferant am Weltmarkt noch unsicher gewesen. So habe Moskau bei einer niedrigen heimischen Getreideerzeugung immer wieder und oft auch kurzfristig Exportverbote verhängt, um das Angebot im eigenen Land sicherzustellen.

Mittlerweile aber wird der Getreidetransport aus wichtigen Anbauregionen zu den Ausfuhrhäfen subventioniert . So erließ das russische Parlament zuletzt in der Vorweihnachtswoche eine Verordnung, wonach die Bahntransportkosten für eine Getreidemenge von 3,181 Mio. t übernommen werden. Dafür steht ein Etat von 3,181 Mrd. Rbl (431 Mio. Euro) zur Verfügung, der bis zum 30. Juni 2018 ausgeschöpft werden kann.

Schwarzmeerware punktet im Niedrigpreissegment

Wie das USDA mit Blick auf die Schwarzmeerländer Russland, Ukraine und Kasachstan ausführt, haben sich diese insgesamt zu einem starken Akteur am internationalen Getreidemarkt entwickelt. Dabei dürften die drei Länder 2017/18 bei Weizen einen Marktanteil von insgesamt 32 % erreichen. Für die traditionellen Weizenexporteure - die Europäische Union, die USA, Kanada und Australien - prognostizieren die Washingtoner Experten Marktanteile von lediglich 15 % beziehungsweise 14 % sowie 12 % und 10 %.

Während der Exportweizen dieser Herkünfte dem Ministerium zufolge vorwiegend von hoher Qualität ist, punktet die Schwarzmeerware im Niedrigpreissegment. Auch die US-Weizenexporteure seien von dem gestiegenen Konkurrenzdruck betroffen. So sei ihr Marktanteil in Ägypten, dem größten Weizenimporteur der Welt, in den vergangenen fünf Jahren um 7 Prozentpunkte auf aktuell nur noch 1 % geschrumpft. Dagegen belaufe sich der dortige Marktanteil von Russland und der Ukraine zurzeit auf schätzungsweise insgesamt 82 %. Das nordafrikanische Land importierte im vergangenen Wirtschaftsjahr 11,2 Mio. t Weizen.

EU will verlorene Marktanteile zurückgewinnen

Als weiteres Beispiel für die intensive russische Konkurrenz am internationalen Weizenmarkt nennt das Washingtoner Agrarressort Nigeria. Dort habe sich der US-Marktanteil in den vergangenen fünf Jahren von fast 75 % auf jetzt nur noch 33 % verringert. Gleichzeitig sei die betreffende Kennzahl für Russland von 1 % auf 26 % gestiegen.

Die Washingtoner Experten begründen die Einbußen der US-Weizenexporteure mit der negativen Wirtschaftsentwicklung in dem bevölkerungsreichsten Land Afrikas. In der Folge habe Nigeria am Weltmarkt für Weizen weniger qualitäts- als vielmehr preisbewusst agiert. Derweil habe die EU noch nicht so drastisch unter der Schwarzmeerkonkurrenz gelitten wie die USA.

Allerdings korrigierten die US-Beamten ihre Prognose für die Weizenausfuhren der Union 2017/18 unter anderem mit Verweis auf den härteren Wettbewerb um 1,5 Mio. t auf 27 Mio. t nach unten. Das wären zwar nur 300.000 t weniger als im Vorjahr, aber 7,7 Mio. t weniger als 2015/16. Unterdessen kämpfe die Gemeinschaft heftig, um ihre auch infolge der recht niedrigen Ernte 2016 verlorenen Marktanteile im Nahen Osten und in einigen afrikanischen Ländern zurückzugewinnen.

Weizenbedarf  Nordafrikas nimmt zu

Wie das USDA mit Blick auf Nordafrika ausführte, folgen dessen Weizenimporte einem Aufwärtstrend. Für 2017/18 werden die betreffenden Einfuhren bei 27,9Mio t gesehen; davon entfallen voraussichtlich allein 71 % auf Algerien und Ägypten. Diese beiden Länder waren auch für fast das gesamte Importwachstum der Region in den vergangenen zehn Jahren verantwortlich.

Die Washingtoner Marktfachleute begründen die positive Entwicklung mit dem regionalen Bevölkerungswachstum, das sich auf etwa 2 % pro Jahr belaufe. Entsprechend erhöhe sich der Weizenbedarf, während die Ernten wegen des ariden Klimas und der wechselhaften Witterung stark schwankten. Dem USDA zufolge entfielen in der vergangenen Vermarktungssaison etwa 44 % des Weizenverbrauchs Nordafrikas auf Ägypten; im laufenden Wirtschaftsjahr soll sich der Bedarf auf 19,7 Mio. t belaufen. Das Washingtoner Agrarressort hält es zudem für wahrscheinlich, dass die ägyptischen Landwirte in Zukunft weniger Weizen anbauen, weil Kairo inzwischen nicht mehr die inländischen Erzeugerpreise subventioniere. In der Folge könnte der Importbedarf noch weiter zunehmen.

Größerer Überhang

 Wie sich dem USDA-Bericht weiter entnehmen lässt, wird sich der für 2016/17 auf 11 Mio. t geschätzte globale Produktionsüberhang bei Weizen im laufenden Vermarktungsjahr auf 15,3 Mio. t erhöhen. Entsprechend sollen die globalen Weizenbestände bis Ende 2017/18 um diese Menge auf 268 Mio. t zunehmen. Ein solcher Bestand würde - bezogen auf den prognostizierten Verbrauch von 741,7 Mio. t - für 132 Tage reichen. Demnach stellt sich die globale Versorgungssituation deutlich üppiger als 2016/17 dar, für das sich ein Vergleichswert von 125 Tagen errechnet.

Für das eigene Land erwartet das USDA allerdings eine weniger reichliche Weizenversorgung. So wird hier mit einem Weizenbestand zum 31. Mai 2018, dem Ende des US-Vermarktungsjahres, von 26,9 Mio. t gerechnet. Damit könnte der für 2017/18 erwartete Weizenverbrauch einschließlich der voraussichtlichen Exporte rund 175 Tage lang gedeckt werden; das wären 17 Tage weniger als in der vergangenen US-Weizenkampagne.

Für die Europäische Union zeichnet sich dagegen bei gleicher Rechnung ein Anstieg um fünf auf 30 Tage ab. An den Warenterminbörsen in den USA und in Europa lösten die neuen USDA-Daten Verkäufe aus. So wurde der Chicago-Weizenfuture mit Fälligkeit im März 2018 am vergangenen Mittwoch (17.1.) gegen 3.55 Uhr Ortszeit für 4,16 $/bu (125 Euro/t) gehandelt; gegenüber dem Eröffnungskurs am Morgen vor der Veröffentlichung des USDA-Berichts war das ein Minus von 3,9 %. Gleichzeitig verbilligte sich der betreffende Termin für Weizen an der Pariser Matif um 2,7 % auf 154,75 Euro/t. 

Umrechnungskurse: 1 Rbl = 0,0144 Euro; 1 $ = 0,8145 Euro

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AgE
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