Wie aus einem aktuellen Bericht der Einrichtung mit Niederlassungen in Sydney und Perth hervorgeht, dürfte Russland seine Weizenerzeugung in den kommenden zehn Jahren um bis zu 25 Mio. t steigern, und zwar weniger durch eine Ausweitung des Anbaus als vielmehr durch eine Intensivierung der Produktion.
Es wird prognostiziert, dass sich in der Folge die russischen Weizenexporte bis zum Jahr 2030 im Vergleich zu 2015 um 10,8 Mio. t oder 50 % auf rund 32,5 Mio. t erhöhen. Der Internationale Getreiderat (IGC) geht unterdessen davon aus, dass Russland schon in der laufenden Vermarktungssaison 2016/17 eine Ausfuhrmenge von etwa 30 Mio. t realisieren und die Europäische Union als weltweit führenden Weizenexporteur ablösen wird.
Australien war 2015/16 nach Schätzung des
IGC immerhin der sechstgrößte Weizenexporteur der Welt mit einer Ausfuhr von 15,8 Mio. t; das waren 65 % der Erzeugung. Im laufenden Jahr dürfte Australien nach der Prognose des Getreiderats mit einem Weizenexport von 19,5 Mio t die Ukraine vom fünften auf den sechsten Platz der größten Ausfuhrländer verdrängen.
Vor „Weizenflut“ aus Russland?Vor diesem Hintergrund sieht die AEGIC für die heimische Getreidebranche zwar „noch keinen Grund zur Panik“. Allerdings müsse man sich mittelfristig am Weltmarkt durchaus auf eine „Weizenflut“ aus Russland einrichten. Dabei weise die russische Weizenvermarktungskette extreme Kostenvorteile auf. So beliefen sich dort die Gesamtkosten pro Tonne auf insgesamt umgerechnet etwa 123 Euro, während in Australien mit fast 210 Euro/t gerechnet werde. Daraus könnten sich für Australien mittelfristig gravierende Marktanteilsverluste in wichtigen Exportregionen ergeben.
Der Einrichtung zufolge überschneiden sich die Hauptdestinationen für Weizen aus dem eigenen Land bislang allerdings noch nicht mit denen für russische Ware. So lägen die eigenen Zielmärkte vorwiegend in Asien. Wichtigster Kunde sei Indonesien mit einer Abnahmemenge von 4,16 Mio. t Weizen im Jahr 2015, gefolgt von China mit 1,38 Mio. t, Vietnam mit 1,31 Mio. t sowie dem Jemen mit 1,09 Mio. t und Südkorea mit 1,05 Mio. t. In dieser Region herrsche häufig noch ein dynamisches Marktwachstum, wobei die Kunden weniger preissensibel seien als die in den von Russland bevorzugten Ländern im Nahen Osten und Nordafrika; dort konkurrierten die russischen Exporteure vor allem mit EU-Anbietern.
Ägypten wichtigster russischer AbsatzmarktDie wichtigste russische Destination war 2015 laut AEGIC Ägypten mit einer Einfuhr von 4,53 Mio. t im Jahr 2015.Auf dem zweiten Platz folgte die Türkei mit 3,07 Mio. t; die weiteren Ränge belegten der Iran mit 1,51 Mio. t, Aserbeidschan mit 1,23 Mio. t und Nigeria mit 0,87 Mio. t. Allerdings habe die Regierung in Moskau angekündigt, dass bis 2030 auch Marokko, Indonesien, die Philippinen, Südkorea, China und Algerien als Absatzmärkte angepeilt werden sollten, berichtet die australische Exportförderorganisation. Dann könnten auch die Marktanteile von australischem Weizen empfindlich schrumpfen, befürchtet die AEGIC. Bereits in den vergangenen Jahren verzeichneten die Experten sinkende Marktanteile in neun von zehn der australischen Hauptmärkte.
Auch in der ASEAN-Region zunehmend präsentDass die Nachfrage nach russischem Weizen in Südostasien rasch zunimmt, zeigen auch aktuelle Zahlen des Föderalen Aufsichtsdienstes für Tier- und Pflanzengesundheit Russlands (Rosselkhoznadzor). Demnach verdoppelten sich die russischen Getreideexporte in Länder der Assoziation Südostasiatischer Nationen (ASEAN) in der ersten Hälfte der Vermarktungssaison 2016/17 im Vergleich zum Vorjahr auf insgesamt rund 590.000 t; davon entfielen etwa 470.000 t oder 80 % auf Weizen. Wichtigster Kunde in der Region war Indonesien mit einer Abnahmemenge von 252.0000 t Weizen, nach 234.000 t im Vorjahreszeitraum. Vietnam, Thailand und die Philippinen, die in der ersten Hälfte von 2015/16 keinen Weizen aus Russland geordert hatten, kauften im Zeitraum Juli bis Dezember vergangenen Jahres 66.000 t beziehungsweise 63.000 t und 16.500 t.
Getreide preiswerter produzierenDamit sich die Rentabilität der australischen Weizenproduktion durch die starke russische Konkurrenz nicht verschlechtert, empfiehlt die AEGIC der heimischen Getreidebranche unter anderem, in Forschung und Entwicklung zu investieren. Dabei müsse es vor allem darum gehen, die Stückkosten der Getreideproduktion auf der Ebene der landwirtschaftlichen Betriebe zu senken, um die Ware im Ausland zu attraktiveren Preisen anbieten zu können. Auffallend ist der deutliche Ertragsunterschied zwischen Australien und Russland: Während die russischen Ackerbauern laut AEGIC im Mittel etwa 3,25 t Weizen vom Hektar holen, ernten die australischen Landwirte durchschnittlich nur 1,82 t/ha. Dennoch hätten die Regierungen in einigen der sechs australischen Bundesstaaten ihre Unterstützung für Forschungs- und Entwicklungsprojekte im Getreidesektor zuletzt wegen Haushaltsproblemen zurückgefahren, moniert die Absatzförderungseinrichtung. Dadurch würden Produktivitätssteigerungen in wichtigen Anbauregionen gehemmt.
Senkung der Vermarktungskosten erforderlichDarüber hinaus muss nach Ansicht von AEGIC die australische Infrastruktur der Vermarktungskette von Weizen rasch modernisiert und rationalisiert werden, um die betreffenden Kosten zu senken. Dies sei es umso wichtiger, als fast 30 % der Gesamtkosten beim Weizenexport auf die Vermarktung entfielen. Dabei müssten Schlüsselorganisationen miteinander kooperieren, um kosteneffiziente Dienste anbieten zu können. Des Weiteren empfiehlt die Einrichtung angesichts der dynamischen internationalen Marktbedingungen eine kontinuierliche Beobachtung der Entwicklungen in Russland und dessen Schwarzmeernachbarn in Kombination mit einer regelmäßigen Marktberichterstattung. Dann wäre der heimische Sektor frühzeitig gewarnt und könne angemessen reagieren, wenn diese Konkurrenten Strategiewechsel planten.
Exportförderung wichtigWie die AEGIC mit Blick auf die
Absatzförderung ausführt, steht die australische Getreidebranche nicht nur im Preiswettbewerb mit Russland, sondern auch in einem „institutionellen Wettbewerb“ mit Kanada, den USA und Frankreich bei der Bewerbung von heimischem Weizen im Ausland. So bilde das Internationale Getreideinstitut Kanadas (CIGI) die Endverbraucher fort und organisiere für die dortigen Landwirte und Exporteure auch regelmäßige Marketingtouren in wichtige Importländer.
In den USA übernehme diese Aufgaben die U.S. Wheat Associates (USW). In Frankreich würden Landwirte und Exporteure durch France Export Céréales unterstützt, die Niederlassungen in Peking, Casablanca, Algier und Kairo unterhalte. Die Organisation identifiziere auch die Marktchancen im Ausland und unterstütze die Branche dabei, diese zu nutzen. In Australien fehle dagegen eine solche Einrichtung, die die Wertschätzung für den eigenen Weizen im Ausland erhöhe. Unterdessen habe Russland erkannt, dass einer seiner strategischen Schwachpunkte seine bisher unzureichende Unterstützung für die Exportförderung sei, so die AEGIC. In der australischen Getreidebranche fehle es indes noch an der Überzeugung, dass auch für den Export von Weizen Marketing und Absatzförderung von großer Bedeutung seien.
Umrechnungskurs: 1 A$ = 06965 Euro