Werden Deutschlands Industrie die Rohstoffe knapp?Bremen - Der Chef der Deutschen Rohstoffagentur (DERA), Volker Steinbach, gibt zunächst mit einem einfachen Satz Entwarnung: "Geologisch gesehen sind Rohstoffe nicht knapp." |
(c) proplanta Gleich darauf wird es beim Expertenforum des Außenwirtschaftstags in Bremen am Dienstag komplizierter, denn Deutschland ist Teil des weltweiten Marktes für Kupfer, Zink, Seltene Erden (Seltenerdmetalle), Kohle, Gas und andere Rohstoffe, ohne die in der Industrie nichts laufen würde.
Deutschland habe 2010 Rohstoffe für insgesamt 138 Milliarden Euro genutzt, berichtete Steinbach. Für 18 Milliarden Euro kamen sie aus dem eigenen Land, zum Beispiel Erden und Kali oder etwas Öl und Gas. Sekundärrohstoffe aus dem Recycling erreichten einen Wert von 10 Milliarden Euro und der Löwenanteil wurde für 110 Milliarden Euro importiert, vor allem Metall- und Energierohstoffe.
Steinbach sieht mehrere Probleme: Manche Rohstoffe fänden sich nur in wenigen Ländern. So konzentrierten sich die Metalle der Plantingruppe zu 88 Prozent auf Südafrika und den Markt für Seltene Erden beherrsche China weitgehend. Gerade die Metalle der Seltenen Erden - dazu gehören so fremd klingende Stoffe wie Neodym, Terbium oder Ytterbium - haben Eigenschaften, die in der Hochtechnologie gebraucht werden. Ausgerechnet die Innovationen im Bereich der erneuerbaren Energien und der Elektromobilität, aber auch die Kommunikationsindustrie brauchen Seltenerdmetalle. 97 Prozent der Förderung stamme aus China - und die Volksrepublik habe den Export gerade so stark gedrosselt, dass es weltweit eine Unterversorgung gebe, sagt Steinbach.
Der Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Metallhändler, Ralf Schmitz, beruhigt ein wenig. «Wirklich knapp sind die Rohstoffe bei unseren Händlern nicht. Wer etwas braucht, dem kann man das beschaffen.» Auch Seltene Erden. Der Blick in die Zukunft lässt angesichts des rasanten Wachstums in den Schwellenländern die künftige Nachfrage erahnen, die nach Steinbachs Angaben bei einigen Rohstoffen bis 2030 auf ein Vielfaches der heutigen Menge steigen wird.
Mehr Recycling weltweit könnte nach Überzeugung von Peter Hoffmeyer, Vorstandschef des Bremer Entsorgers Nehlsen AG, ein Schlüssel für gleich zwei Probleme sein. Was zum Beispiel an Aluminium wiederverwertet werde, müsse nicht als Bauxit importiert werden. Außerdem betrage der Energieeinsatz beim Recycling von Aluminiumschrott nur ein Zehntel im Vergleich zur erstmaligen Erzeugung des Leichtmetalls. Das verringere die Energiekosten und den Kohlendioxidausstoß. «Wir schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe», sagt Hoffmeyer. Die Suche nach Sekundärrohstoffen, von Fachleuten «urban mining» genannt, beschränke sich nicht auf Metalle. Kunststoffe, Papier und Glas seien Produkte, bei denen das prima funktioniere.
Auch aus Steinbachs Sicht ist das ein guter Beitrag zur Rohstoffversorgung des Landes. Er dämpft aber allzu große Erwartungen. Man könne auch mit Hilfe mit Recycling keine Autos aus Fahrrädern machen, sagt er mit Blick auf den chinesischen Autoboom. Ein Golf habe früher 800 Kilogramm gewogen, heute wiege er 1.200 Kilogramm und wenn er elektrisch angetrieben werden soll, seien es 1.400 Kilogramm.
Dass höhere Nachfrage und steigende Preise auch zu steigendem Angebot führen können, machte Klaus Potthoff vom Stahlproduzenten ThyssenKrupp deutlich. Es gebe eine Verknappung bei Kokskohle, einem wichtigen Vorprodukt für die Stahlverhüttung. Er komme gerade aus der Mongolei, wo die Förderung unter schwierigen Bedingungen in einem Tagebau in der Wüste Gobi aufgenommen wurde. «Die nächste Bahnlinie ist 500 Kilometer entfernt», berichtete er.
Die Bundesregierung hat 2010 die DERA in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe als Teil ihrer Rohstoffstrategie gegründet. Es bleibe dabei, dass Deutschland keine Lagerhaltung für Rohstoffe aufbauen wolle, sagt Thomas Gäckle vom Wirtschaftsministerium. Es gehe aber darum, Kooperationen mit Exportländern zu entwickeln und für weltweit faire Bedingungen bei der Versorgung mit Rohstoffen zu sorgen. (dpa)
|
|
|
|
|