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13.11.2009 | 13:55 | Wirtschaftsjahres 2008/2009 

Wirtschaftskrise kommt in Landwirtschaft an

Berlin - Erste Buchführungsergebnisse des Wirtschaftsjahres 2008/2009 weisen gute Ferkelpreise und Einkommenseinbußen bei Acker- und Futterbaubetrieben aus.

Wirtschaftskrise kommt in Landwirtschaft an
Auf der Basis der ersten Buchführungsergebnisse legen die Landwirtschaftskammern ihre Auswertung über die ökonomische Entwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe für das am 30. Juni abgeschlossene Wirtschaftsjahr 2008/2009 vor. 2008/09 konnten sich die Sauenhalter über gute Ferkelpreise freuen, dagegen verzeichneten die Acker- und Futterbaubetriebe deutliche Einkommenseinbußen aufgrund gefallener Preise für Getreide und Milch. Insgesamt rückten die Betriebsgruppen wieder enger zusammen. Die Ergebnisse entsprachen in etwa dem Niveau des Wirtschaftsjahres 2006/07 und lagen noch leicht über dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre.


Überdurchschnittliche Ernte

Trotz einiger Wetterkapriolen war das Erntejahr 2008 im Gegensatz zu den beiden Vorjahren als überdurchschnittlich einzustufen. Vor allem bei Getreide konnten Zuwächse von 10 bis 20% verzeichnet werden. Von Süden nach Norden hin war dieser Trend ausgeprägter. Allerdings minderte die Regenperiode während der Ernte die Qualität und führte zu erheblichen Problemen beim Dreschen sowie zu erhöhten Trocknungskosten. Auch für die Kartoffeln war ein Ertragszuwachs von bis zu 5 % festzustellen. Die Zuckerrübenanbauer verzeichneten Rekorderträge zwischen 590 bis 690 dt je Hektar sowie noch höhere Zuckergehalte als im letzten Jahr.


Preise für Marktfrüchte unter Druck

Verursacht durch ein hohes Marktaufkommen gaben die Erlöse bei Getreide zwischen 12- 31% nach. Lagen die Getreidepreise zur Ernte noch auf Vorjahresniveau, fielen die Kurse für Getreide binnen weniger Monate drastisch, so dass bei einem gänzlich atypischen Marktverlauf die Betriebe mit jedem Monat Lagerdauer bares Geld verloren.

Die Rapspreise sanken ebenfalls auf Grund der guten Erträge nach dem Beginn der Ernte. Da Raps meist in der Ernte und über Kontrakte vermarktet wird, konnten die Rapsanbauer jedoch deutlich höhere Verkaufserlöse erzielen.

Die Preise für nicht vertraglich gebundene Speisekartoffeln legten mit 2 bis 12% deutlich zu. Bei Frühkartoffeln stiegen die Preise bis zu 25%. Im Ergebnis der Zuckermarktreform sank der Mindestpreis für die Zuckerrüben im 3. Schritt um 6,7%. Die Erlöse konnten aber aufgrund des hohen Zuckerertrages, der gestiegenen „Zuckerprämie“ und der guten Vermarktung der Industrierüben auf dem Niveau des Vorjahres gehalten werden.


Milchpreise auf Talfahrt

Entgegen dem sonst typischen Saisonverlauf fielen die Milchpreise seit dem Frühjahr 2008 nahezu kontinuierlich. Höhere Milchpreise in der ersten Hälfte des Wirtschaftsjahres 2008/09 führten bis Ende Juni zu einem Preisrückgang von 20 % bis 30%. Der Milchpreis gab um etwa 7 Cent nach und fiel auf einen Jahresdurchschnittspreis von rund 30 Cent/kg. Die Milchviehbestände in den verbliebenen Betrieben sind weiter gewachsen. Die Milchleistung ist in den durch Blauzungenkrankheit betroffenen Regionen zwischen 150 bis 300 kg je Kuh gestiegen und konnte einen Teil des Preisrückganges auffangen.


Leichter Aufwärtstrend bei Rindfleisch

Schlachtviehpreise tendierten auf freundlichem Niveau. Mastbullen brachten um 3 bis 6% höhere Erlöse ein, so dass die Stückpreise um 1.000 € rangierten. Die Erlöse für Zuchtfärsen präsentierten sich unverändert hoch. Nutzkälber gaben im Preis nach.


Talsohle beim Schweinezyklus durchschritten

Nach einer defizitären Produktion und Eigenkapitalverbrauch der letzten zwei Jahre stellte sich Mitte 2008 in der Schweinehaltung eine kostendeckende Preissituation ein. Mastschweine brachten mit etwa 140 € je Tier um 8 bis 10% höhere Erzeugervergütungen ein. Überdurchschnittliche Preissteigerungen mit 26 bis 41% hoben die Ferkelpreise auf etwa bei 55 € je Stück.


Variable Kosten uneinheitlich

Die Ausgaben für Treib- und Schmierstoffe stiegen mit 3 bis 5% moderat und für Strom, Heizstoffe und Wasser sogar deutlich um etwa 10% an. Auch Fremdlöhne sowie Ausgaben für Lohnarbeit legten bedingt durch unterschiedliche Produktionsschwerpunkte und verschiedene Intensitätsstufen um 10 bis 20% zu. Die beachtlich gestiegenen Ferkelpreise und das unverändert hohe Niveau der Nutzfärsen belasteten das Konto Tierzukäufe um etwa ein Viertel. Demgegenüber wurden Futtermittel durch den Preisverfall des Getreides wieder günstiger und entlasteten die Veredlungs- und Futterbaubetriebe um 3-8%.


Festkosten tendieren ebenfalls uneinheitlich

Im zurückliegenden Wirtschaftsjahr wurde bei der Gebäudeunterhaltung drastisch gespart. Regional uneinheitlich stellt sich die Situation bei den Abschreibungen dar. Nur bei der Unterhaltung für Maschinen und Geräte war eine moderate Zunahme zu ermitteln.


Geld fließt aus der Landwirtschaft ab

Die Investitionen nahmen insgesamt und insbesondere in der Primärproduktion deutlich ab. Lediglich in Fotovoltaik wurde wegen der zu erwartenden Ertragslage stärker investiert.


Rückläufiges Unternehmensergebnis im Ackerbau

Die hohen Produktionsausgaben bei schwachen Erlösen führten zu Einsparungen bei der Grunddüngung. Dennoch musste für Dünger mehr als im Vorjahr ausgegeben werden. Die guten Unternehmensergebnisse des Vorjahres bei den spezialisierten Ackerbaubetrieben wurden – je nach Region – um 6 bis 24 Prozent verfehlt. Ein durchschnittlicher Ackerbau-Betrieb erzielte ein Unternehmensergebnis von ca. 50.000 €. Rund 60.000 € würden jedoch zum Aufbau betrieblichen Eigenkapitals benötigt. Spezialisierte Getreidebaubetriebe schnitten schlechter ab als Betriebe mit Hackfruchtanbau (Zuckerrüben, Kartoffeln). Ackerbaugemischtbetriebe profitierten von höheren Umsätzen im Feldgemüse- sowie im Kartoffel- und speziell im Rapsanbau.


Einkommen im Futterbau halbiert

Obwohl die Milchleistung und die Einnahmen aus Schlachtvieh stiegen, wurde ein Rückgang des Unternehmensergebnisses von teils über 50% bilanziert. Typische Milchviehbetriebe erzielten im zurückliegenden Wirtschaftsjahr ein Unternehmensergebnis von etwa 40.000 bis 50.000 € und unterschritten damit den fünfjährigen Durchschnitt. Bei den Futterbaubetrieben (spezialisierte Milcherzeuger) ergaben sich vor allem bei den Betrieben mit einer mittel großen Herde gravierende Einschnitte. Bei den kleinen Herden überlagern andere Einkommensarten den Effekt des verfallenden Milchpreises. Ab einer Herdengröße von 80 Tieren treten wiederum Kosten reduzierende bzw. Gewinn anhebende Degressionseffekte ein. In der Bullenmast und Mutterkuhhaltung stabilisierten gute Preise aufgrund von Rindfleischexporten das Betriebsergebnis.


Sauenhaltung etwas erholt

Nach 1 ½ Jahren Talfahrt ging es für die spezialisierten Veredlungsbetriebe wieder bergauf. Das Unternehmensergebnis lag bei 40.000 bis 55.000 €. Das Ziel der Kostendeckung wurde – mit Ausnahme NRW – dennoch knapp verfehlt. Die Ferkelerzeugung verließ die Verlustzone. Das Unternehmensergebnis kompensiert nicht die Einbrüche der letzten Jahre. Etwas besser sah es nur bei den größeren Betrieben ab 125 Sauen aus. Mastschweinehalter blieben im Ergebniszuwachs aufgrund des schwächeren Preisanstiegs von rund 10% gegenüber den Ferkelerzeugern zurück. Im Durchschnitt wurde das Vorjahrsergebnis auf knapp unter 50.000 Euro verbessert. Entscheidend für die Einkommensentwicklung war auch hier vor allem die Anzahl der verkauften Mastschweine. Mit zunehmender Betriebsgröße stabilisierte sich die Wirtschaftlichkeit überproportional.


Stabiler Öko-Landbau

Der Öko-Markt zeigte sich 2008/2009 ziemlich robust. Auch die Öko-Erzeuger hatten unter höheren Ausgaben zu leiden. Doch die Kombination von ordentlichen Erträgen und stabilen Preisen führte zu nahezu unveränderten Betriebsergebnissen.


Positive Entwicklung im Weinbau vorerst gestoppt

Der Witterungsverlauf bis zur Weinlese 2008 forderte vor allem die pflanzenbaulichen Fähigkeiten der Winzerinnen und Winzer. Die Ausgaben für Pflanzenschutzmaßnahmen stiegen um über 19 % gegenüber dem Vorjahr. Auch die Ausgaben für Energie und Wasser (+13,5 %), für Lohnarbeit und Maschinenmiete (+9,3 %) und für den Personalaufwand (+4,2 %) wuchsen deutlich. Der Weinmostertrag lag mit 110 hl je ha Ertragsrebfläche um 4,2 % unter dem von 2007, aber noch über dem langjährigen Schnitt. Die Preise für Trauben bzw. für Maische (-7,2 %) und Fasswein (-6,2 %) fielen deutlich. Um 7,4 % gestiegene Erlöse für Flaschenweine konnten einen Rückgang der Umsatzerlöse beim Weinbau um 3,1% nicht verhindern. Als Folge sanken die Unternehmensergebnisse in Rheinland-Pfalz um über 12% auf 52.196 € bei allen Betrieben mit Weinbau und auf 50.967 € bei spezialisierten Betrieben mit über 90% Rebflächenanteil.


Auswirkungen regional verschieden

Gebiete ohne nennenswerte Veredlung wurden durch die Bedingungen an den Märkten überproportional negativ beeinflusst. Die Unternehmensergebnisse in Rheinland-Pfalz, in Schleswig-Holstein und im Saarland geben um etwa 20 bis 30% nach. Bei einer umfangreicheren Schweinhaltung brach das durchschnittliche Unternehmensergebnis weniger stark ein. In den Schweine-Hochburgen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen ist lediglich ein Rückgang in Höhe von 10 bis 20% zu verzeichnen. Maßgeblich war hier die Frage: Ferkelerzeugung oder die Mast.

Trotz einer guten Ernte entspricht das abgelaufene Wirtschaftsjahr dem des Jahres 2006/2007. Niedrige Getreidepreise und fortwährend fallende Milchpreise verursachten finanzielle Rückschläge. Die Gewinner der Vorjahres – die Ackerbauern und die Milchviehhalter – mussten ihre Führungsposition im Einkommen an die Schweine haltenden Betriebe abgeben. Die Ferkel-Erzeuger konnten deutlich aufholen.


Das neue Wirtschaftsjahr verheißt kaum Besserung

Verursacht durch rückläufige Betriebseinkommen – keineswegs durch eine grundsätzliche Kreditklemme – tun sich zunehmend finanzielle Engpässe auf. Es werden vermehrt Darlehen genutzt, was sich im steigenden Zinsaufwand zeigt. Die kurzfristigen Verbindlichkeiten nehmen ebenfalls zu. Die beiden letzten Wirtschaftsjahre bekräftigen: Bei stärker und schneller schwankenden Einkommen sind ausreichende Rücklagen unumgänglich.

Die dramatische Milchpreissituation zeigt sich in dieser Auswertung noch nicht in vollem Umfang. Trotz hoher Erntemenge 2009 werden die Getreidepreise für das aktuelle Wirtschaftsjahr unter dem niedrigen Vorjahresniveau liegen. Im Moment sinken auch die Schweinepreise wieder - vielleicht ist dies nur ein Zwischentief. Genaueres wird die Prognose zeigen, die die Kammern im Januar 2010 durchführen werden.

Im Internet finden Sie uns unter www.landwirtschaftskammern.de (vlk)
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