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04.12.2013 | 07:34 | Welthandel 
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WTO-Ministertreffen ringt um Bali-Paket zur Handelsliberalisierung

Nusa Dua - Freie Märkte und freier Handel - Allheilmittel und Ausweg aus der Krise oder ein Fahrplan zu mehr Armut? Im Streit darüber könnte ein Plan zur Liberalisierung des Welthandels scheitern.

Handelsliberalisierung
(c) proplanta
Minister aus aller Welt haben auf Bali Verhandlungen über die Rettung eines Abkommens für die Liberalisierung der Handelsbeziehungen begonnen. Das umstrittene Bali-Paket sieht Vereinfachungen bei der Zollabwicklung im internationalen Warenverkehr, den Abbau von Agrarsubventionen sowie eine bessere Einbeziehung der ärmsten Länder in den Welthandel vor. Bis zum Freitag soll auf der 9. WTO-Ministerkonferenz um ein Ergebnis gerungen werden.

Falls ein Durchbruch gelingt, könnten von diesem «Bali-Deal» nach Expertenansicht enorme Anstöße ausgehen. Die damit verbundenen wirtschaftlichen Vorteile werden auf einen Wert von 760 Milliarden Euro geschätzt; zudem würden 21 Millionen neue Jobs entstehen, vor allem in Entwicklungsländern. Zugleich soll mit dem Paket die stagnierende Doha-Welthandelsrunde für eine umfassende Liberalisierung des Welthandels, die 2001 beschlossen worden war, neu belebt werden.

Teile der Vereinbarung werden jedoch von Indien und einigen anderen der 159 Mitgliedstaaten der Welthandelsorganisation (WTO) abgelehnt. Deshalb gilt die Annahme des Pakets als ungewiss.

Indonesiens Präsident Susilo Bambang Yudhoyono appellierte am Dienstag an die Handelsminister, politischen Willen für eine Einigung aufzubringen. Als Folge der Finanzkrise sei der Welthandel gesunken. Das Bali-Paket könne ihn wieder ankurbeln. «Wir alle müssen mehr Flexibilität aufbringen - für das Wohl der WTO, unserer Volkswirtschaften und der Völker in der ganzen Welt.»

Indien lehnt den Teil des Bali-Paktes ab, wonach staatliche Subventionen in vielen Entwicklungsländern zur Schaffung von Nahrungsreserven für Arme nur für eine Übergangszeit von vier Jahren erlaubt sein sollen. Indiens regierende Kongresspartei hat für das Wahljahr 2014 ein Programms zur Bereitstellung preiswerter Lebensmittel für Millionen von Armen versprochen, das gegen WTO-Regeln verstoßen könnte.

Kritiker einer völligen Marktliberalisierung demonstrierten unweit des Konferenzortes Nusa Dua. Sie warfen der WTO die Missachtung der Grundbedürfnisse armer Menschen vor. «Staatliche Nahrungsreserven für Notzeiten als verbotene Subventionen zu werten, ist falsch», sagte Francisco Mari, Ernährungsexperte der kirchlichen Organisation Brot für die Welt. Die WTO dürfe Fisch, Reis oder Brot nicht als Handelswaren wie Autos oder Computer betrachten. «Das Recht auf Nahrung muss Richtschnur für Entscheidungen im Agrarhandel werden.»

WTO-Generaldirektor Roberto Azevêdo hielt dem entgegen: «Durch das Bali-Paket würde es keinem einzigen Bauern schlechter gehen. Gerade in den Entwicklungsländern würden sich ihre Lebensbedingungen verbessern.» Azevêdo rief die 2800 Delegierten zur Kompromissbereitschaft auf. Bei einem Scheitern würde es «viele Verlierer geben, darunter auch die WTO», sagte er vor Reportern.

Der stellvertretende WTO-Generaldirektor Karl Ernst Brauner sagte dem Südwestrundfunk, er sei zuversichtlich, dass die Ministerkonferenz ein Welthandelsabkommen beschließen wird. Seinen Optimismus begründete er mit der veränderten Strategie der WTO-Führung: Statt Detailverhandlungen zu führen wie bei früheren Konferenzen sei das Treffen sehr viel intensiver vorbereitet worden. Brauner räumte aber ein, dass der Konflikt mit der Gruppe von Ländern, die von Indien angeführt wird und weitere Zugeständnisse im Bereich von Agrarsubventionen fordert, noch gelöst werden müsse. (dpa)
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Kommentare 
Torsten schrieb am 09.12.2013 16:42 Uhrzustimmen(106) widersprechen(54)
Na klar, solche Abkommen dienen immer angeblich den Armen. Weitere Liberalisierungen stärken in Wirklichkeit doch nur die kapitalistischen Großunternehmen. Waren werden dann in noch größerem Ausmaß überproduziert und so billig an sowieso schon benachteiligte Länder verkauft, dass die dortige Infrastruktur zerstört ist. Wir kennen das von Hühnerfleisch-Exporten nach Afrika. Willkommen im Turbo-Raubtierkapitalismus! Diese Milliardengewinne, wo sollen sie denn herkommen? Gewinnmaximierung ist nur möglich durch Ausbeutungsmaximierung. Es kann nicht auf allen Seiten Gewinner geben.
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