Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
17.01.2016 | 06:32 | Ökologische Landwirtschaft 

Bio boomt - Ökolandwirte freuen sich

Berlin - «Trübe», «existenzbedrohend», «katastrophal»: Wenn sich Deutschlands Bauern an diesem Freitag zu ihrem Jahresauftakt in Berlin versammeln, könnte die Stimmung kaum schlechter sein.

Bio boomt
Die meisten Bauern ächzen unter sinkenden Preisen, nur die Bio-Bauern sind optimistisch wie lange nicht. Denn die Deutschen kaufen immer mehr Bio. Doch der Boom hat für die Branche auch Schattenseiten. (c) proplanta
Für ihre Milch und ihr Fleisch bekommen sie immer weniger Geld, immer mehr Bauern geben auf. Nur ein Teil der Branche kommt mit breiter Brust zur Grünen Woche: die Bio-Bauern.

Nach Jahren der Stagnation geht es für sie aufwärts, die Gewinne steigen zweistellig. «Die Stimmung ist sehr, sehr gut», sagt Jan Plagge, Chef des Bioland-Verbands. Doch nicht jeder Bio-Bauer kann mithalten; denn auch für sie zählt heute Größe.

Der Deutsche Bauernverband hat die Zahlen von 14.000 Landwirten im Wirtschaftsjahr 2014/2015 ausgewertet. Ergebnis: Überangebote auf dem Weltmarkt und scharf rechnende Abnehmer in Molkereien, Wurstfabriken und Supermärkten haben die Preise für die Bauern gedrückt. Die Gewinne brachen ein: Pro Arbeitskraft waren es noch knapp 30.000 Euro, ein Drittel weniger als im vorigen Wirtschaftsjahr. Ganz anders die Öko-Betriebe: plus 12 Prozent auf mehr als 51.000 Euro.

Warum das so ist? Einen Grund sieht jeder im Supermarkt: Der Liter Bio-Milch kostet mehr als 1,10 Euro, 10 Eier aus dem Öko-Landbau liegen bei 2,60, das Pfund Hähnchenschenkel gibt es nicht unter 6 Euro. Die konventionelle Ware kostet nur halb so viel. Bio ist zwar schon immer teurer, aber jetzt wächst der Preisunterschied.

«Bei Schlüsselprodukten hat der Handel begriffen, dass Bio billig nicht geht», sagt Bioland-Vertreter Plagge. Selbst die Öko-Supermarktkette Bio Company zieht mit dem Slogan «Bio ist sein Geld wert» auf die weltgrößte Agrarmesse (15.- 24 Januar).

Hinzu kommt, dass der Handel langfristige Verträge auch mit Biobetrieben schließt, die Liefergemeinschaften bilden. Außerdem - und das dürfte ein wesentlicher Grund sein - fördern seit 2014 bundesweit alle Landesregierungen Bauern, die ihre Betriebe auf Öko-Landbau umstellen. Zum Teil sind auch die Fördersätze gestiegen.

Und schon kann die Branche verkünden, dass erstmals seit fünf Jahren wieder deutlich mehr Bauern ihre Höfe auf Öko-Landbau umstellen. «Wir erleben seit Jahren ein stürmisches Wachstum der Nachfrage, aber wir kamen lange nicht nach», sagt Felix Prinz zu Löwenstein, Chef des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft. Noch immer muss der Handel vieles im Ausland kaufen, etwa Bio-Kartoffeln, Obst und Gemüse. «Gott sei Dank haben wir ein Jahr, das eine Trendwende andeutet», sagt Löwenstein.

Gut sechs Prozent der deutschen Ackerfläche werden biologisch bewirtschaftet. Die Bundesregierung will 20 Prozent erreichen. «Für uns bleibt der ökologische Landbau eine ganz wichtige Säule der Zukunftsentwicklung in der Landwirtschaft», sagt Agrarminister Christian Schmidt (CSU).

Die Grünen sehen in Bio mehr: die Lösung für die Preismisere der Bauern. «Die Landwirtschaft muss stärker als bisher die hochpreisigen und wachsenden heimischen Märkte für Öko- und Regionalprodukte bedienen», sagt der agrarpolitische Sprecher Friedrich Ostendorff, selbst Biobauer.

Gute Zeiten also für Biobauern? Nicht für jeden. Denn auch sie haben - wie die Konventionellen - die Logik des Wachsens oder Weichens erfasst, schreibt der Berliner Agrarethiker Franz-Theo Gottwald im neuen «Kritischen Agrarbericht». Er rechnet mit mehr größeren Öko-Betrieben. Diese Entwicklung widerspreche den ursprünglichen Leitgedanken des Segments, etwa Naturschutz, Tierwohl und Bäuerlichkeit. Schon macht auf der Grünen Woche das provokante Wort von der «Bio-Agrarindustrie» die Runde.

Das lassen die Branchenvertreter so nicht stehen. Aber es gebe natürlich auch in der ökologischen Landwirtschaft ein Höfesterben, bestätigt Löwenstein. Gerade kleinere Betriebe könnten die gestiegenen Pachtpreise nicht mehr bezahlen. Und wenn es darum gehe, Obergrenzen für die Zahl der Tiere in den Ställen festzulegen, werde auch unter Bio-Bauern intensiv diskutiert.
dpa
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Zahl der Ökobetriebe in Sachsen wächst

 Gut jeder zehnte Betrieb wirtschaftet ökologisch

 Mehr Bio in den Höfen - und auf den Tellern?

 Mehr Gemüse aus ökologischem Anbau

 Ökolandbau wächst 2022 massiv

  Kommentierte Artikel

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte

 Grundwasser in Bayern wird weniger

 Lindnerbräu - Hoch die Krüge!

 Mutmaßlicher Wolfsangriff - mehrere Schafe in Aurich getötet

 Weniger Schadholz - Holzeinschlag deutlich gesunken