Der Kampf gegen die globale
Erderwärmung soll in der kommenden Bundesregierung zur Querschnittsaufgabe werden, der sich kein Ministerium mehr entziehen kann. Für alle Gesetze planen die Ampel-Parteien einen sogenannten Klimacheck. Das bedeutet, dass jedes Ministerium seine Gesetzentwürfe künftig auf die Einhaltung der
Klimaziele prüfen und sie entsprechend begründen muss.
Eine klare Ansage ist auch die
Verteilung der Ministerien: Die Grünen werden künftig ein neu geschaffenes Wirtschafts- und Klimaministerium sowie unter anderen die Ressorts Umwelt/Verbraucher und Agrar/Ernährung besetzen. Der bislang herrschende Dauerkonflikt zwischen den Interessen des Natur- und Umweltschutzes und der Landwirtschaft könnte damit künftig besser zu lösen sein.
Für das kommende Jahr planen die Parteien ein Klimaschutz-Sofortprogramm. Herzstück ist ein deutlich beschleunigter
Ausbau erneuerbarer Energien - eines der wichtigsten Vorhaben im vorgelegten Koalitionsvertrag.
Bis zum Jahr 2030 sollen erneuerbare Energien 80 Prozent des Stromverbrauchs ausmachen. Nach Branchenangaben liegt der Anteil derzeit bei etwa 45 Prozent. Der Weg hin zu flächendeckender Wind- und
Solarenergie ist also noch weit.
Die noch amtierende Bundesregierung hatte sich für 2030 lediglich einen Ökostrom-Anteil von 65 Prozent vorgenommen und lange über ein höheres Ziel gestritten. Auch wegen Dauerkonflikten zwischen den Ministerien.
Einen massiven Ausbau von sauberen Energiequellen halten Experten aber für längst überfällig. Er gilt als einer der zentralen Bausteine, um die ökologische Wende zu meistern - und auch um einen früheren Kohleausstieg zu ermöglichen. Der soll nach dem Willen von
SPD, Grünen und FDP «idealerweise» bis 2030 gelingen - und damit bis zu acht Jahre früher als bislang geplant. Hier wird sich noch zeigen, ob die Ampel-Partner ihr Versprechen einlösen können, dass die vom Kohleausstieg betroffenen Regionen auch bei einem früheren Ende der Kohleverstromung «solidarische Unterstützung» erfahren. Auch die konkreten Maßnahmen zum Ausbau erneuerbarer Energien bergen Konfliktpotenzial.
Zwei Prozent der Landesfläche soll künftig für Windenergie an Land zur Verfügung stehen. Solardächer sollen flächendeckend zur Regel und im Gewerbe auch zur Pflicht werden. Aber wer bezahlt die Solardächer? Und welches Bundesland übernimmt welchen Anteil für die Windräder? Viele Fragen sind noch offen.
Fakt ist aber: Ohne einen deutlichen Ausbau erneuerbarer Energien wird Deutschland sein Ziel der Klimaneutralität bis 2045 nicht erreichen können. Bis dahin soll das Land nur noch so viele klimaschädliche Gase ausstoßen, wie wieder ausgeglichen werden können. «Wir sind auf 1,5-Grad-Pfad mit diesem Koalitionsvertrag», versicherte Grünen-Parteichef Robert Habeck. Gemeint ist das im Pariser Klimaabkommen verankerte Ziel, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen.
Auf diesem Weg wollen die Ampel-Partner alle Unternehmen und Bürger mitnehmen. Stichwort sozialer Ausgleich. Die Strompreise für Verbraucher sollen durch Abschaffung der
EEG-Umlage sinken, Firmen sollen für den klimaneutralen Umbau finanzielle Unterstützung erhalten.
«Es gilt, die soziale Marktwirtschaft als eine sozialökologische Marktwirtschaft neu zu begründen», lautet der Anspruch. Ein ganz neuer Weg also. Mit weniger bürokratischen Hürden und schnelleren Genehmigungsverfahren.
Auch im für den
Klimaschutz so entscheidenden Verkehrssektor soll der Turbo eingelegt werden und mit den fossilen Antrieben im kommenden Jahrzehnt Schluss sein: In Abhängigkeit von den Vorgaben auf EU-Ebene wollen die Ampel-Partner erreichen, dass Anfang der 30er Jahre in Deutschland nur noch CO2-neutrale Fahrzeuge zugelassen werden.
Umweltverbände wie
Greenpeace kritisieren, dass sich Deutschland hier nicht mehr vornehme, als ohnehin von der EU geplant sei. Ein fixes Datum für das Aus des fossilen Verbrenners in Deutschland enthält der Koalitionsvertrag nicht.
«Der aktuelle Koalitionsvertrag allein reicht für die Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze nicht aus», befürchten die Aktivisten von Fridays for Future in einer ersten Stellungnahme. Auch andere Umweltschützer sehen zwar Fortschritte gegenüber der amtierenden Bundesregierung, befürchten aber, dass auch die Koalitionspläne der Ampel-Partner noch nicht ausreichen könnten, um die Klimakatastrophe zu verhindern. Ob sie am Ende Recht behalten, wird sich noch zeigen. Die Ampel-Zeichen stehen jedenfalls auf grüner denn je.