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04.07.2013 | 11:54 | Stromspar-Initiative 

Altmaiers leeres Stromspar-Versprechen

Berlin - Die Bürger sollen zu Stromsparern werden, hatte Bundesumweltminister Altmaier letztes Jahr groß verkündet. Helfen sollten bis zu 100 Millionen Euro für neue Programme. Das ist nicht passiert  - die SPD fordert vom Minister, mehr zu liefern und weniger zu twittern.

Strompreise
(c) proplanta
Peter Altmaier ist ein Freund plakativer Politik. So besuchte er im Mai Justin Biebers Äffchen Mally in einem Münchener Tierheim. Der Zoll hatte den Affen beschlagnahmt, weil der Popstar keine gültigen Dokumente für ihn dabei hatte. Altmaier wollte sich als Anwalt einer artgerechten Haltung profilieren. Nun lebt Mally unter Artgenossen in einem niedersächsischen Tierpark.

Auch bei seiner wichtigsten Baustelle, der Energiewende, setzt er gern auf Symbole. Weil die Strompreise gerade für einkommensschwache Haushalte über erträgliche Maße gestiegen sind, ließ er einen großen schwarz-rot-goldenen Stecker entwerfen. Als Untermalung einer Stromspar-Initiative. Doch von den angekündigten Millionenausgaben ist wenig geblieben, wie die Bundesregierung selbst einräumen muss. So lassen sich Stromsparberatungen für alle Bürger nicht schaffen.

Rückblick, 21. November 2012. Altmaier hat einen Runden Tisch mit Energieexperten und Verbraucherschützern einberufen. «Das ist keine Einztagsfliege, sondern das ist ein wichtiger Teil der Politik dieser Bundesregierung, dass wir den Bürgerinnen und Bürgern helfen wollen, effizient mit Energie umzugehen», sagt er. Er habe beim Runden Tisch angekündigt, «dass der Bundesumweltminister im nächsten Jahr zusätzlich 50 bis 100 Millionen Euro in die Hand nehmen wird».

Also allein 2013. In einer Antwort auf eine Anfrage der Grünen heißt es nun aber: «Die Stromsparinitiative wird im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative aus dem Bundeshaushalt Kapitel 1602 Titel 686 24 finanziert. Bislang wurden für die Stromsparinitiative rd. 600.000 Euro bereitgestellt.» Vor der Bundestagswahl ist das Eingeständnis, sein Versprechen nicht einhalten zu können, eine Art kleiner Offenbarungseid. Was Altmaiers Bilanz nicht eben aufhübscht.

Herzstück ist bisher nur eine Internetseite. Nach fast 27.000 Besuchern der Seite im November waren es zuletzt nur noch 5781 im Mai. Seit November machten darauf lediglich 29.000 Nutzer einen Online-Check, wie sich ihr Verbrauch senken lassen kann. «Die nach der Postleitzahl gesteuerte Suche nach einer Stromberatung vor Ort wurde ca. 9.800 Mal genutzt», heißt es in der Regierungsantwort. Der Grünen-Politiker Oliver Krischer sagt, Altmaier habe so über die Seite gerade mal 0,25 Promille der 40 Millionen Haushalte erreicht.

Im Ministerium ärgert man sich, dass in der Antwort vergessen wurde, auf die 18 Millionen Euro hinzuweisen, die 2013 bis 2015 für tausende neue Stromspar-Checks der Caritas bereit stehen sollen. Allerdings ist dies kein neues Programm, sondern es läuft seit 2008. Stromspar-Helfer besuchen dabei Sozialleistungsempfänger, fahnden nach Stromfressern im Haushalt und bauen umsonst Energiesparlampen und abschaltbare Stecker ein. Durchschnittlich sollen die Haushalte dadurch 148 Euro an Energie- und Wasserkosten pro Jahr sparen.

Altmaier reklamiert für sich, das Thema Stromsparen überhaupt wieder stärker ins Bewusstsein gerückt zu haben - etwa auch über Stromspar-Tipps in Medien und eine Anzeigenkampagne. Dieser Erfolg lässt sich kaum messen, die Umsetzung von Finanzzusagen aber schon. Immer wieder wird etwa von Umweltverbänden eine Abwrackprämie für alte Kühlschränke gefordert, um das Stromsparen zu forcieren.

Holger Krawinkel von der Verbraucherzentrale Bundesverband ist Teil des Runden Tisches. «Wir haben das von vornherein kritisch gesehen, weil das Thema Energieeffizienz im Prinzip in der Zuständigkeit des Bundeswirtschaftsministeriums liegt und dort Initiativen mit hohem Mitteleinsatz gefahren werden», sagt er. So fördert das Wirtschaftsministerium gezielte Energieberatungen der Verbraucherzentralen. 2013 sollen sechs Millionen Euro dafür fließen. Über 100.000 solcher Beratungen wurden schon vorgenommen.

Schon als Altmaier seine Stromspar-Initiative ankündigte, streute das Haus von Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) pikiert, das sei keine neue Idee. Krawinkel vermutet hinter Altmaiers Initiative auch einen versuchten Zugriff auf mehr Kompetenzen bei der Energiewende. Denn nach der Bundestagswahl könnte sich die Frage stellen, ob die Zuständigkeiten in einem Haus gebündelt werden.

Bislang 600.000 Euro statt der zugesagten bis zu 100 Millionen - Thüringens Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD) nutzt dies zu einer erwartbaren Attacke. «Peter Altmaier ist und bleibt ein Ankündigungsminister», kritisiert das Mitglied im Wahlkampfteam von Kanzlerkandidat Peer Steinbrück. Seine Empfehlung: «Weniger twittern, mehr arbeiten und endlich mal liefern.» (dpa)
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