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07.03.2011 | 23:56 | E10-Debakel 

Autobauer vertrauen ihren Motoren - und E10

München - Ein Buchstabe, zwei Ziffern und das große Chaos. Drei Jahre nach der gescheiterten Einführung des Biosprits E10 verunsichert eine alte Debatte erneut die Autofahrer im Land.

Porsche 911
Schadet's oder nicht, ist die große Frage, von der die deutschen Hersteller eigentlich gedacht haben, sie hätte sich längst erledigt. Die Politik wirft der Industrie vor, sich wegzuducken und ihre Kunden im Unklaren zu lassen. Davon wollen die Autobauer nichts wissen. Wie vor drei Jahren will keiner Schuld an dem Debakel haben. Die Debatte darum, wie sinnvoll etwa aus ökologischen Erwägungen die Beimischung von Ethanol wirklich sein kann, tritt dabei in den Hintergrund.

«Die deutsche Automobilindustrie hat ihre Hausaufgaben gemacht und hält ihre Zusagen ein. Über 98 Prozent aller Fahrzeuge deutscher Hersteller werden demnach von der Umstellung nicht betroffen sein», erklärte der Branchenverband VDA im März 2008. Nur Wochen später zog die Bundesregierung damals dennoch die Notbremse und setzte die umstrittene Einführung von E10 aus - vor allem aus Sorge um die Besitzer mit Autos, die E10 nicht vertragen. Geändert hat sich seither nicht viel.

Auf ihren Internet-Seiten haben die meisten Hersteller - mal besser, mal weniger gut zu finden - Informationen zur Verträglichkeit von E10 zusammengestellt, es gibt Telefon-Hotlines, dazu haben die Unternehmen auch dem ADAC Listen überlassen. Einig sind sich die Konzerne allesamt, auch mit dem ADAC, ihrem Verband und einer Vielzahl Techniker: Sie sehen keine grundsätzlichen technischen Schwierigkeiten oder gar Gefahren bei der Einführung von E10.

Bei Volkswagen etwa betreffe E10 nur «einen sehr, sehr geringen Anteil» von Autos, sagt ein Sprecher am Montag in Wolfsburg. Es gehe dabei um in den Jahren von 2001 bis 2005 gebaute Modelle von Lupo, Polo, Golf, Bora und Touran mit FSI-Motoren. In diesen Autos mit direkt einspritzenden Benzinmotoren sei die Einspritzpumpe nicht auf den Sprit mit einer zehnprozentigen Ethanolbeimischung ausgelegt. Auch bei Daimler, BMW oder ausländischen Herstellern wie Peugeot sind die Liste mit den nicht-geeigneten Fahrzeugen zumeist kurz.

Auch bei Opel gibt es keine Probleme: «Wir haben alle Motoren für E10 freigegeben, bis auf einen Motor, der nicht mehr aktuell im Programm ist», sagte ein Sprecher. Und gibt eine Antwort auf die Frage, was passiert, wenn doch etwas passiert: «Dann muss man das in jedem Einzelfall prüfen, so wie in jedem Fall einer Reklamation im Garantieverfahren.» Auch bei anderen Herstellern traut man den eigenen Motoren und hat keine speziellen Haftungsregelungen für den Fall getroffen, dass E10 doch Schäden hinterlassen sollte.

Umso ärgerlicher für die Hersteller, dass der Streit um die Verträglichkeit von E10 ausgerechnet durch die Aussagen eines BMW-Ingenieurs angeheizt wurde. Die «Welt am Sonntag» zitiert den Chef der Mechanikentwicklung des Münchner Autobauers, der es für möglich hält, dass der höhere Ethanolgehalt des Sprit häufigere Ölwechsel nötig machen könnte. Doch BMW ruderte rasch zurück. Der Mitarbeiter habe sich grundsätzlich über die Spritqualität vor allem außerhalb Europas geäußert. Der Einsatz von E10 in Deutschland sei dagegen völlig unbedenklich, betont ein Sprecher des Konzerns.

Dagegen kritisieren Autoexperten und Verbraucherschützer, die Autobauer hätten besser informieren können. Auch der Verband der Mineralölwirtschaft verwies auf die Autohersteller. «Wir sind nicht in der Lage, eine kompetente Auskunft zu geben», sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands, Klaus Picard. Der ADAC und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle schlagen nun vor dem «Benzingipfel» am Dienstag vor, das Kraftfahrt-Bundesamt solle jeden Autobesitzer schriftlich informieren, ob sein Auto mit E10 verträgt.

Michael Müller, einst für die SPD Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesumweltministerium und heute Chef der Naturfreunde, sieht in der Einführung von E10 ohnehin nur ein Feigenblatt, da die Branche zu wenig die Entwicklung sparsamer Antriebe vorantreibe und an den dicken, spritfressenden Autos festhalte. «Wenn die Automobilindustrie jetzt der Politik die Schuld für die bisher mangelnde Akzeptanz von E10 geben will, dann spielt der Täter Feuerwehr.» (dpa)
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