Das erklärte ein Sprecher von Bundesverkehrsminister Volker Wissing am Donnerstag (26.1.) auf Nachfrage von AGRA-EUROPE. Biokraftstoffe seien „unverzichtbar“ zum Erreichen der Klimaziele der Bundesregierung, stellte das Ressort für Digitales und Verkehr (BMVD) klar. Nach seinen Angaben spart ein Liter Biokraftstoff 84 % CO2 ein im Vergleich zu einem Liter fossilen Kraftstoff.
Für das Jahr 2020 bedeute das eine Reduzierung der Emissionen um 13,2 Mio. t CO2-Äquivalente. Eine Absenkung der Obergrenze für Biokraftstoffe würde zu mehr Treibhausgasemissionen im Verkehr führen, so der Sprecher. Auch nach Einschätzung vom Vorsitzenden des Bundesverbandes Bioenergie (BBE), Artur Auernhammer, führt an nachhaltig erzeugten Biokraftstoffen kein Weg vorbei, wenn Deutschland seine ambitionierten Klimaziele im Verkehr erfüllen will.
Das stellte Auernhammer zum Auftakt des 20. Fachkongresses für erneuerbare Mobilität „Kraftstoffe der Zukunft“ am Montag (23.1.) in Berlin nochmals klar. Klimaschutz im Verkehr sei ohne Biodiesel, Bioethanol und Biomethan nicht denkbar. Vor diesem Hintergrund ist für Auernhammer nicht nachvollziehbar, dass Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir im Verbund mit seiner für Umweltthemen zuständigen Kabinettskollegin Steffi Lemke wiederholt die Bedeutung und damit die Zukunft von nachhaltig zertifizierten Biokraftstoffen aus Anbaubiomasse in Frage stellt und eine Absenkung der Obergrenze plant.
TechnologieoffenheitGesetzliche Voraussetzung für den Marktzugang der Biokraftstoffe sei schließlich deren zertifizierte Nachhaltigkeit, gab der BBE-Vorsitzende zu bedenken. Die Pläne der beiden Bundesminister würden den Klimaschutz im Verkehr um Jahre zurückwerfen und einen massiven Vertrauensverlust in die deutsche Klimapolitik bedeuten. „Wir lehnen die angekündigte Gesetzesänderung deshalb in aller Deutlichkeit ab und fordern, den Klimaschutz im Verkehr nicht politischen Profilierungen innerhalb der Regierung zu opfern“, betonte Auernhammer.
Der Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesverkehrsministerium, Oliver Luksic, verwies auf die von seinem Haus propagierte Technologieoffenheit, was den Antrieb der Zukunft angeht: „Um unsere Klimaziele im Verkehr zu erreichen, müssen wir auf alle verfügbaren klimafreundlichen Technologien zurückgreifen. Das ist enorm wichtig, denn nicht jede Anwendung im Verkehr lässt sich elektrifizieren oder anderweitig effizient klimaneutral gestalten.“ Für das Verkehrsressort seien erneuerbare Kraftstoffe ein wichtiger Bestandteil des Technologiemixes der Zukunft, erklärte Luksic.
Ernährungssicherheit nicht gefährdetMit dem technologieoffenen und verkehrsträgerübergreifenden BMDV-Gesamtkonzept „Erneuerbare Kraftstoffe“ fördere man deshalb die Weiterentwicklung und den Markthochlauf fortschrittlicher Biokraftstoffe und E-Fuels, berichtete der Staatssekretär. Dafür stünden bis zum Jahr 2026 insgesamt 1,9 Mrd. Euro zur Verfügung. Erneuerbare Kraftstoffe sind für Luksic ein elementarer Bestandteil des Technologiemixes der Zukunft. „Tank gegen Teller ist nicht das Thema“, unterstrich er. Für den Vorsitzenden des Landwirtschaftsausschusses im Europaparlament, Norbert Lins, steht ebenfalls fest, dass die Klimaziele im Verkehr ohne Biokraftstoffe nicht zu schaffen sind.
„Biokraftstoffe sind sowohl auf Basis nachhaltiger Anbaubiomasse als auch auf Basis biobasierter Rest- und Abfallstoffe in vielerlei Hinsicht einsetzbar und auf absehbare Zeit sehr gut geeignet“, erklärte der CDU-Politiker. Die Landwirtschaft sei in der Lage, hier ihren Teil beizutragen, ohne die Ernährungssicherheit zu gefährden. „Wir brauchen eine Biokraftstoffpolitik, die einen elementaren Beitrag für den Klimaschutz leistet und gleichzeitig die heimische Eiweißpflanzenproduktion voranbringt“, betonte Lins. Dies steigere die Biodiversität bei den Anbaukulturen und stärke die regionale Wertschöpfung.
„An den Haaren herbeigezogen“Kritik am Referentenentwurf aus dem Umweltressort äußerte auch der CSU-Agrarpolitiker Max Straubinger. „Biosprit sorgt für Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit im Verkehr“, so Straubinger. Aus seiner Sicht zeigen die Grünen hier eine Doppelmoral. Auf der einen Seite verwiesen sie auf die klimaschädliche Wirkung des Verkehrs, auf der anderen Seite wollten sie nun ausgerechnet die Biokraftstoffe verbieten, die zu mehr Klimaschutz beitrügen.
„An den Haaren herbeigezogen“ wertete Straubinger die Begründung Lemkes, aufgrund einer drohenden Lebensmittelkrise als Folge des Ukraine-Krieges kein Getreide mehr als Treibstoff verwenden zu wollen. Der CSU-Bundestagsabgeordnete hofft, dass Wissing seinen Widerstand gegen den Gesetzentwurf beibehält. Damit die Energiewende im Verkehrssektor gelinge, brauche es einen vernünftigen Mix aus Verbrennern, E-Mobilität und alternativen Kraftstoffen.
AgE