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22.02.2014 | 13:02 | Nachwachsende Rohstoffe 

Chancen und Gefahren der Biomasse-Nutzung

München / Leuna - Nicht nur auf den Teller, auch in den Tank kommen Produkte aus der Landwirtschaft schon längst. Doch bald könnte auch die Industrie ein immer wichtigerer Abnehmer für die Bauern werden.

Biomasseproduktion
(c) proplanta
Weil die Weltbevölkerung wächst und Rohstoffe knapper werden, sind viele Branchen auf der Suche nach praktikablen Alternativen. Und da haben Feld, Wald und Wiese Einiges zu bieten, sagen Experten.

Der Agrarwirtschaft dürften sich damit weltweit ganz neue Chancen bieten. Es gibt allerdings auch kritische Stimmen.

Vor allem die chemische Industrie nutzt bereits nachwachsende Rohstoffe, beispielsweise für die Herstellung von Kunststoffen auf pflanzlicher Basis.

Aber auch Dämmstoffe aus Naturfasern für energetische Sanierungen, Latex aus Löwenzahn für die Herstellung von Winterreifen oder Verbundwerkstoffe für Formteile im Autoinnenraum gehören zu den neuen Produkten aus der Welt der Bioökonomie. Damit ist die Nutzung von Stoffen aus Pflanzen sowie von tierischen Produkten und Mikroorganismen gemeint.

Zwar stünden Forschung und Entwicklung in vielen Bereichen noch am Anfang. Von einem Milliarden-Markt sei aber allemal auszugehen, sagt der frühere Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands, Helmut Born. Das Interesse der Landwirte an dem Thema sei groß.

Wie für jeden anderen Wirtschaftszweig gelte auch hier: Je mehr Absatzstränge, desto weniger abhängig sei man von Schwankungen auf den Märkten, sagt Born, der früher auch dem Bioökonomie-Rat angehörte. Das Gremium berät die Bundesregierung beim Ziel, eine Wirtschaft zu etablieren, die ganz ohne fossile Rohstoffe auskommt.

Intensiv geforscht wird dazu zum Beispiel am traditionsreichen Chemie-Standort Leuna in Sachsen-Anhalt. In einem dort ansässigen Zentrum der Fraunhofer-Gesellschaft können Partner aus Industrie und Wissenschaft die Nutzung nachwachsender Rohstoffe in Pilotanlagen untersuchen.

Ein Schwerpunkt ist dabei Buchenholz, dessen Inhaltsstoffe sich etwa als Zutat für Klebstoffe und Lacke, aber auch als Grundstoffe der chemischen Industrie eignen könnten, erklärt ein Sprecher des BioEconomy Cluster mit Sitz in Halle. In dem Netzwerk haben sich mehr als 50 Forschungsinstitute, Bildungseinrichtungen und Unternehmen zusammengeschlossen, die an vielen Projekten arbeiten.

Die Beteiligten setzen auch darauf, dass eine Massenproduktion die aus den nachwachsenden Rohstoffen gewonnenen Produkte irgendwann kostengünstiger und damit wettbewerbsfähig macht. In einigen Bereichen ist das auch bereits der Fall, wie Daten des Verbandes der Chemischen Industrie zeigen. Demnach waren von den 21,4 Millionen Tonnen Rohstoffen, die in der Branche im Jahr 2011 verwendet wurden, 18,7 Millionen Tonnen fossilen Ursprungs - bei den übrigen 2,7 Millionen Tonnen handelte es sich um nachwachsende Rohstoffe. Auch Europas größter Agrarhändler BayWa hat das Thema deshalb im Blick.

Von heute auf morgen wird das Umschalten auf eine biobasierte Wirtschaft nicht klappen, erwartet Ricardo Gent, Geschäftsführer der Deutschen Industrievereinigung Biotechnologie. «Deswegen verfolgt die chemische Industrie keine Weg-vom-Öl-Strategie um jeden Preis.» Stattdessen arbeiteten die Unternehmen daran, biobasierte Prozesse schrittweise in ihre Produktion zu integrieren, berichtet Gent.

Umweltschützer wiederum sehen die Nutzung nachwachsender Rohstoffe etwa für die Kunststoffherstellung durchaus kritisch. Allein der Begriff «nachwachsende Rohstoffe» könne suggerieren, dass solche Ressourcen unbegrenzt vorhanden sind, mahnt der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND).

«Das ist ein Irrtum. Denn die Erzeugung pflanzlicher Rohstoffe verbraucht Böden, Dünger und häufig Pestizide.» Zudem bestehe die Gefahr, dass nachwachsende Rohstoffe in Konkurrenz zur Nahrungs- und Futtermittelherstellung treten.

Solche Bedenken kennen auch die Bioökonomie-Experten. Sie wissen deshalb, dass alle Akteure an einem Tisch zusammenkommen müssen, um gemeinsam Konzepte für die neue Wirtschaftsform zu erarbeiten - darunter nicht nur die Erzeuger nachwachsender Rohstoffe und ihre Abnehmer aus der Industrie, sondern beispielsweise auch Umweltverbände und Touristiker aus der jeweiligen Region. (dpa)
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