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03.01.2023 | 04:42 | Kohleverstromung 

Debatte in Sachsen-Anhalt um früheren Kohleausstieg im Osten

Magdeburg/Naumburg - Der Präsident des Landkreistages Sachsen-Anhalt, Götz Ulrich (CDU), hat sich dafür ausgesprochen, im Osten am bisher vereinbarten Braunkohleausstieg 2038 festzuhalten.

Kohleverstromung
Im Rheinischen Revier wird der Kohleausstieg um acht Jahre auf 2030 vorgezogen. Bundeswirtschaftsminister Habeck kann sich das auch im Osten vorstellen. In Sachsen-Anhalt trifft der Vorstoß jedoch nicht nur auf Zustimmung. (c) proplanta
Man solle die bisherigen Planungen verfolgen, ein früherer Ausstieg würde «uns absolut überfordern», sagte der Landrat des Burgenlandkreises der Deutschen Presse-Agentur. «Wenn man sich diese ganzen Reden zur Planungsbeschleunigung anschaut - da ist doch bisher konkret nichts beschleunigt worden.»

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck dringt dagegen auf einen früheren Kohleausstieg im Osten. Ein auf 2030 vorgezogener Ausstieg müsse im Konsens vereinbart werden, sagte der Grünen-Politiker. «Das sage ich den Ministerpräsidenten und allen Belegschaften hiermit zu: Das wird nicht par Ordre du Mufti entschieden werden, sondern es muss in einer breiten Allianz als guter Plan empfunden werden.» Für den Plan habe er sinnvolle Argumente.

Sachsen-Anhalts Energieminister Armin Willingmann (SPD) ist dafür offen. «Im Moment geht ganz klar die Versorgungssicherheit vor. Und angesichts zeitlich befristeter Preisbremsen durch den Bund müssen wir im Interesse von Unternehmen wie Verbrauchern auch die Bezahlbarkeit von Energie weiter im Blick behalten», sagte der SPD-Politiker am Montag. Fakt sei aber auch, dass man durch die aktuell starke Nutzung von Gas und Kohle zur Verstromung deutlich hinter den CO2-Zielen zurückbleibe.

«Und dieser Aufholprozess wird doch nur gelingen, wenn man sich nach der akuten Krise darauf verständigt: Jetzt müssen und können wir aus den fossilen Energieträgern schneller raus», sagte er. «In dem Zug kann man dann auch über einen früheren Ausstieg aus der Braunkohle als 2038 reden, zumal in Sachsen-Anhalt ohnehin die Auskohlung vorhandener Flächen früher enden wird.»

Nach der bisherigen Gesetzeslage sind die letzten Stilllegungen von Kraftwerksblöcken in Deutschland 2038 geplant - und zwar bei der Betreiberin Leag in der Lausitz. Nach Angaben des Hauses von Landeswirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) gilt für das Kraftwerk in Schkopau (Saalekreis) eine Laufzeit bis 2034. Im sogenannten Kohleverstromungsbeendigungsgesetz ist festgelegt, bis wann Kohle in den Kraftwerken verstromt werden darf.

Bundestag und Bundesrat hatten zuletzt beschlossen, dass der Kohleausstieg im Rheinischen Revier um acht Jahre vorgezogen wird. In Nordrhein-Westfalen habe es einen weitgehenden gesellschaftlichen Konsens für einen vorgezogenen Kohleausstieg 2030 gegeben, betonte Habeck. «Konsens heißt ja nicht, dass alle mitmachen, aber dass es politisch gewollt und getragen wird. In Ostdeutschland ist die Skepsis deutlich größer. Und dann muss man schauen, ob so eine Verabredung möglich ist.»

Willingmann sagte am Montag, er rate zu einer unideologischen wie unaufgeregten Diskussion. «Wir haben eine klare Gesetzeslage und fixierte Ausstiegszeitpunkte, sowohl für die Braunkohle als auch für die Atomenergie.» Wer dies ändern wolle, dürfe die ökonomischen wie gesellschaftlichen Kosten nicht aus den Augen verlieren, brauche zudem Akzeptanz und Mehrheiten. «Die erlangt man nicht mit neuen Forderungen, sondern mit Gesprächen und sinnvollen, zukunftsfähigen Energiekonzepten für das Industrieland Deutschland», sagte der SPD-Politiker, der 2023 Vorsitzender der Energieministerkonferenz ist.

Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) warnte dagegen vor einem schnelleren Ausstieg. «Wir haben die Sicherheit vieler Bundesländer bei der Stromversorgung in den vergangenen Wochen und Monaten vor allem dadurch gewährleistet, dass die grundlastfähigen Kohlekraftwerke in Brandenburg, Sachsen und in Sachsen-Anhalt liefen», sagte Haseloff der «Welt». In dieser Lage das Ausstiegsdatum 2038 infrage zu stellen, halte er für verheerend. Jede grundlastfähige Stromerzeugung sollte derzeit im Netz bleiben, bis man sehe, wie sich die Krise entwickle.

Haseloff hatte zuletzt vom Bund außerdem eine zügigere Umsetzung der Projekte in den vom Strukturwandel betroffenen Gebieten gefordert. Planungs- und Genehmigungsverfahren müssten beschleunigt werden, sagte er. «Hier ist der Bund gefordert.» Andreas Silbersack, Fraktionschef der FDP im Landtag von Sachsen-Anhalt, übte Kritik an Habecks Vorstoß. Dessen Äußerungen kämen «zur absoluten Unzeit», schrieb er auf Twitter. «In Zeiten von immensen Strom- und Heizkosten zeigt die Forderung vom hohen Ross Berlins aus, dass die Grünen - von ihrer Ideologie verblendet - die Realität im Land nicht erkennen.»
dpa/sa
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