Die Gesetzentwürfe für die Strom-, Gas- und Wärmepreisbremsen sind am vergangenen Donnerstag (15.12.) in zweiter und dritter Lesung vom
Bundestag verabschiedet worden. Einen Tag später passierten sie den Bundesrat. Damit wird für private Haushalte, kleine und mittlere Unternehmen mit einem jährlichen Gas- und Wärmeverbrauch bis zu 1,5 Mio. kWh sowie für Pflegeeinrichtungen der Preis für Gas auf brutto 12 Cent/kWh und für Wärme auf brutto 9,5 Cent/kWh begrenzt. Das gilt für 80 % des im September 2022 prognostizierten Jahresverbrauchs.
Für den Verbrauch, der dieses
Kontingent übersteigt, muss weiterhin der vertraglich vereinbarte Preis gezahlt werden. Für Industriekunden wird der Preis pro Kilowattstunde bei Gas auf netto 7 Cent und bei Wärme auf netto 7,5 Cent gedeckelt. Diese gesetzlich festgelegten Preisobergrenzen gelten für 70 % des Jahresverbrauchs im Jahr 2021.
Der
Strompreis für private Verbraucher sowie kleine Unternehmen mit einem bisherigen Stromverbrauch von bis zu 30.000 kWh pro Jahr wird dem Beschluss zufolge bei 40 ct/kWh brutto begrenzt. Dies gilt für den Basisbedarf von 80 % des vom Netzbetreiber prognostizierten Jahresverbrauchs.
Für mittlere und große Unternehmen mit einem bisherigen Stromverbrauch von mehr als 30.000 kWh im Jahr liegt die Grenze bei 13 Cent/kWh zuzüglich Steuern, Abgaben und Umlagen für 70 % des bisherigen Verbrauchs. Alle Preisbremsen sollen ab März 2023 greifen, rückwirkend aber auch für Januar und Februar gelten.
Wirksamkeit abwartenDie Bundesvereinigung der Deutschen
Ernährungsindustrie (
BVE) begrüßte die Beschlüsse. Die verabschiedeten Gesetze seien „unerlässliche Maßnahmen, um den Produktionsstandort Deutschland zu stabilisieren“, erklärte der stellvertretende BVE-Hauptgeschäftsführer Peter Feller. Die signifikanten Anstiege der
Energiepreise in den zurückliegenden Monaten stellten zahlreiche Unternehmen der Branche vor große, oftmals existentielle wirtschaftliche Herausforderungen.
Die vorgesehenen finanziellen Entlastungsmaßnahmen könnten einen wichtigen Beitrag leisten, um die Unternehmen wirkungsvoll zu unterstützen. Gleichwohl bleibe abzuwarten, ob und wie die gesetzlichen Preisbremsen in der Fläche wirkten und wie sie von den Unternehmen in Anspruch genommen würden.
Aufwand beanstandetFeller wies darauf hin, dass Entlastungsmaßnahmen, die über eine Größenordnung von 2 Mio. Euro hinausgehen, in Übereinstimmung mit den Beihilfeleitlinien der EU erfolgen müssten. Dies bezüglich habe es verbindliche Absprachen zwischen der Bundesregierung und der
EU-Kommission gegeben, die den Gestaltungsspielraum des deutschen Gesetzgebers beschränkten. So seien bestimmte Beihilfequoten an einen Rückgang des Ergebnisses vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) gekoppelt. Deswegen gibt es laut Feller teilweise Kritik in den Mitgliedsunternehmen.
Die Planbarkeit des
EBITDA 2023 im Vergleich zum Corona-Jahr 2021 werde in Frage gestellt. Zudem werde der Aufwand beanstandet, dass mögliche Rückzahlungen ständig einkalkuliert werden müssten.
Nachbesserungsbedarf könnte sich nach Einschätzung des stellvertretenden BVE-Hauptgeschäftsführers auch aus Vorgaben für die nationale Umsetzung ergeben, die Entlastungsmaßnahmen beispielsweise an die Beschränkung von Boni- und Dividendenzahlungen sowie Standort- beziehungsweise Beschäftigungssicherungsmaßnahmen knüpfen. Vor diesem Hintergrund sei in den kommenden Monat sorgfältig zu beobachten, ob die vorgesehenen Maßnahmen griffen und die Wirtschaft stärkten. Notwendigenfalls sei auf europäischer und nationaler Ebene schnell gegenzusteuern.
Auch konventionelle EnergieträgerDer Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland (
OVID) hieß die Preisbremsen „als kurzfristiges Hilfsmittel hochwillkommen“. Für energieintensive Industriebetriebe werde die gewünschte Wirkung jedoch verfehlt, wenn die Hilfe an praxisferne und rechtlich hochkomplexe Bedingungen geknüpft werde. Außerdem brauche man „strukturelle Entlastungen statt neuer Subventionen“, betonte OVID-Präsidentin Jaana Kleinschmit. Darum müsse die Bundesregierung jetzt dringend das Angebot an verfügbarer Energie erhöhen. Das schließe übergangsweise auch den verstärkten Einsatz konventioneller
Energieträger ein.
Akzeptable Energiepreise seien notwendig, um die schleichende
Abwanderung des energieintensiven verarbeitenden Gewerbes zu verhindern. „Wir müssen weg von der Subventions- und hin zu einer Investitions- und Innovationspolitik, die den Wirtschaftsstandort Deutschland sichert“, forderte Kleinschmit.
Eventuell zu niedrigAuch vom Zentralverband Gartenbau (ZVG) kam Lob für die Beschlüsse zu den Preisbremsen. „Nun sind Bund und Länder am Zug, möglichst schnell die Härtefallregelung für kleine und mittlere Unternehmen für nichtleitungsgebundene Energie anzupacken“, erklärte ZVG-Präsident Jürgen Merz. Ziel müsse sein, dass Unternehmen, die unter anderem Heizöl, Flüssiggas oder Holzpellets verwendeten, ebenfalls Unterstützung erführen.
Der Präsident des Deutschen Raiffeisen-Verbandes (DRV),
Franz-Josef Holzenkamp, zeigte sich skeptisch, ob die niedrigen Beihilfeobergrenzen eine ausreichende Kostenentlastung insbesondere für die energieintensive genossenschaftliche Milch-, Futter- und
Fleischwirtschaft ermöglichen. „Das muss beobachtet und dann gegebenenfalls nachgebessert werden“, sagte Holzenkamp.