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18.10.2014 | 03:08 | Desertec-Projekt 

Deutschland wird keinen Wüstenstrom erhalten

Rom / München - Paul van Son ist ein unerschütterlicher Optimist. In der Nacht zum Dienstag beschließen die deutschen Industrie- und Finanzkonzerne ihren Ausstieg aus der gemeinsamen Wüstenstrom-Initiative Desertec.

Wüstenstrom
Sonnenstrom aus der Sahara für ganz Europa: Die Desertec-Initiative stand für eine große Vision. Aber die Umsetzung erwies sich als viel schwieriger als gedacht. Jetzt gehen die Konzerne ihre eigenen Wege - nur drei Unternehmen wollen sich noch zehn Berater teilen. (c) danielschoenen - fotolia.com
Von dem Projekt (Dii) bleibt nur noch ein Beratungsbüro mit zehn Mitarbeitern für RWE und zwei Partner übrig. Und Dii-Geschäftsführer Son sagt, das sei auch «ein Segen»: Jetzt sei die Gruppe «klein und fein».

Der 61-jährige Niederländer steht seit der Gründung der Industrieinitiative im Jahr 2009 an deren Spitze und hat unzählige Kämpfe miterlebt. Viele der beteiligten Konzerne sind Konkurrenten, die Folge waren «sehr langwierige Sitzungen und Diskussionen», vertagte Entscheidungen, «ich habe das persönlich erlebt», sagt Son.

Aus den 13 Gründungsgesellschaftern rund um die Münchner Rückversicherung wurden im Laufe der Zeit 50 Gesellschafter und Partner, am Montag waren es noch 19 Gesellschafter. Und jetzt sind's nur noch drei.

Wind- und Sonnenstrom aus der Sahara nach Europa bringen und damit Geld verdienen - das hatte die Konzerne 2009 gelockt. Die Idee sei «technologisch bestechend und auch realisierbar», sagte Münchener-Rück-Vorstand Torsten Jeworrek damals.

Schon 2019 könnte der Solarstrom nach Europa fließen. Und ab 2050 sollten 15 Prozent des europäischen Bedarfs mit Wüstenstrom gedeckt werden. Greenpeace schwärmte von «einer der klügsten Antworten auf die globalen Umwelt- und Wirtschaftsprobleme» und Siemens vom noch gar nicht abschätzbaren Boom der Solarthermie.

Aber ein großer Haken waren damals schon die Kosten: Die notwendigen Investitionen für Kraftwerke und Hochspannungstrassen schätzten sie auf 400 Milliarden Euro. Der Bundesverband Solarwirtschaft bezweifelte den Bedarf und hielt dagegen: «Die Wüsten sind hier auf unseren Dächern.» Eurosolar-Präsident Hermann Scheer bezeichnete die Desertec-Pläne als «Fata Morgana».

Der rasante Ausbau der Wind- und Solarenergie in Deutschland war ein wesentlicher Grund dafür, dass die hochfliegenden Desertec-Pläne so nicht umgesetzt werden konnten. Im vergangenen Jahr trug sie bereits 13 Prozent zur hiesigen Stromerzeugung bei.

Heute exportiert Spanien überschüssigen Strom nach Marokko - nicht umgekehrt. Und die politischen Umbrüche und Bürgerkriege in der arabischen Welt schreckten Desertec-Investoren ab. Einige Dii-Gesellschafter verloren das Interesse an der Region, wie Son sagt.

Die Wüstenstrom-Idee «steht eher am Anfang», sagt Son am Dienstag nach der Dii-Jahresversammlung in Rom. Statt vom günstigen Sahara-Strom für deutsche Verbraucher spricht er lieber vom Ökostrom für die Region selbst: «Erneuerbare Energien haben beim Start von Dii vor fünf Jahren im Nahen Osten und Nordafrika kaum eine Rolle gespielt. Das ist heute völlig anders.» Mehr als 25 Wind- und Solaranlagen seien inzwischen in Betrieb, mit einer Gesamtkapazität von drei Gigawatt. Die Dii habe mit Überzeugungsarbeit, Grundlagenstudien und Länderstrategien dabei geholfen.

«Unsere Verträge laufen alle aus Ende des Jahres. Nächstes Jahr gibt es keine Belegschaft», sagt Son. Nur RWE, der saudi-arabische Energiekonzern Acwa Power und der chinesische Netzbetreiber SGCC wollen mit einem kleinen Expertenbüro weitermachen, das sie bei konkreten Projekten in Nahost und Nordafrika berät. Son selbst wechselt im Januar zu RWE nach Dubai. (dpa)
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