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14.02.2019 | 00:11 | Ökostrom-Ausbau 

Energiewende und Naturschutz miteinander vereinbar?

Berlin - Solaranlagen auf die Dächer statt auf die grüne Wiese, beim Windrad-Bau das Aussehen der Landschaft im Blick behalten und bitte auch die Nachbarn fragen.

Energiewende oder Naturschutz?
Neue Windräder sind oft erbittert umkämpft: Bringen sie die Energiewende voran oder gefährden sie Tiere und «verspargeln» die Landschaft? Klima- und Naturschutz können zusammen gehen, glaubt man in der zuständigen Behörde - aber dafür muss sich etwas ändern. (c) proplanta
Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) hat Vorschläge vorgelegt, die Energiewende und Naturschutz versöhnen sollen.

Der «Erneuerbare Energien Report» beleuchtet mögliche Zielkonflikte von Klima- und Naturschutz, hat aber vor allem eine Botschaft: Der Ökostrom-Ausbau im Einklang mit Tier, Pflanze und auch Mensch ist weitgehend möglich, wenn die Politik sich Mühe gibt.

BfN-Präsidentin Beate Jessel stellte am Mittwoch in Berlin klar, dass die Energiewende und der Klimaschutz für die Natur ohne Alternative seien: Vor allem Arten, die auf kühle und feuchte Lebensräume angepasst seien oder über der Waldgrenze lebten, seien betroffen. Schon jetzt änderten sich Vegetationszeiten und der Rhythmus der Zugvögel, sagte sie. «Der Klimawandel gehört zu den größten Bedrohungen für die Artenvielfalt.»

Die Energiewende sei aber «Lösung und Problem zugleich», sagte Jessel weiter. Grundsätzlich sei es möglich, den Ausbau in Einklang mit dem Naturschutz zu bringen, sagte Jessel - selbst wenn bis 2050 der komplette Strom in Deutschland aus erneuerbaren Energiequellen käme.

Aber Windräder, Solaranlagen oder Anbau von Energiepflanzen beanspruchten Fläche und damit Lebensräume, auch der Betrieb einiger Anlagen könne bestimmte Arten gefährden, außerdem beschleunigten sie den Wandel der Landschaften in Deutschland.

Vor allem letzteres ruft seit Jahren zahlreiche Bürgerinitiativen auf den Plan, die sich dem Ökostromausbau vor ihrer Haustür entgegenstellen: Sie heißen «Weitblick Ostfriesland», «Gegenwind» oder «Windkraftfreier Soonwald». Meist geht es um Windräder oder auch «Monstertrassen», wie Gegner die für die Energiewende notwendigen Stromleitungen nennen.

Allgemein steht die Mehrheit der Deutschen der Energiewende in Umfragen positiv gegenüber. Aber: «Wenn es um konkrete Projekte vor Ort geht, werden Naturschutzanliegen dann oft als Gegenargumente genutzt», sagte Jessel.

Für eine naturverträgliche Energiewende macht das Bundesamt mehrere Vorschläge. Schon bei der Planung sollte auf einen effizienten Umgang mit Flächen, aber auch die optische Auswirkung auf die Umgebung geachtet werden. «Landschaftliche Qualitäten» zu erhalten helfe, in der Bevölkerung die Akzeptanz für neue Ökostrom-Anlagen zu erhöhen.

Um Fläche zu sparen, sei es auch sehr wichtig, Energie effizienter zu nutzen und damit den Strombedarf zu begrenzen. Außerdem müssten deutlich stärker als bisher Solaranlagen auf Gebäuden angebracht werden: «In den Städten auf den Dächern haben wir enorme Potenziale», sagte Jessel. Wichtig sei, Bürger stärker in die Planung einzubeziehen.

Den Anbau sogenannter Energiepflanzen wie Mais für Biogasanlagen sieht das BfN grundsätzlich kritisch: Dafür sehe man «keine ausbaufähigen und naturverträglichen Handlungsoptionen».

Um den Ausbau anderer Anlagen, etwa für Wind- und Solarenergie, möglichst sinnvoll auf Deutschland zu verteilen, regt das Amt eine Debatte über eine «übergeordnete räumliche Steuerung auf Bundesebene» etwa über Ausschreibungen an.

Derzeit kommen mehr als 35 Prozent des Stroms in Deutschland aus erneuerbaren Energiequellen wie Wind, Sonne und Bioenergie. Der Anteil soll 2030 schon bei 65 Prozent und 2050 bei 80 Prozent liegen. Deutschland steigt gerade aus der Stromproduktion durch Atomkraft aus und die letzten Kohlekraftwerke sollen spätestens 2038 schließen.

Gleichzeitig wird der Strombedarf in den kommenden Jahren und Jahrzehnten stark ansteigen, weil zum Beispiel Elektroautos die Diesel und Benziner ersetzen sollen. Vor allem in Norddeutschland stehen viele Windräder, im Süden bewirken vor allem Solaranlagen und Energiepflanzen Veränderungen der Landschaft.

Aus Sicht der BfN läuft derzeit manches noch nicht gut, obwohl die Bundesregierung schon 2007 das Ziel festgelegt hat, das der Ökostrom-Ausbau nicht zulasten der biologischen Vielfalt gehen darf.

Derzeit würden aber Anlagen immer öfter auf naturnahen Flächen gebaut, kritisierte Jessel, etwa Windräder im Wald. Das sei nicht «per se» ein Problem - «wenn es sich zum Beispiel um Fichten- und Kiefer-Monokulturen handelt», sagte sie. «Es sollten eben keine alten Wälder, es sollten keine Schutzgebiete und es sollten keine für das Naturerleben besonders exponierte Hanglagen oder Bergkuppen sein.»
dpa
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