Die Kohle-Länder Nordrhein-Westfalen und Brandenburg sprachen sich gegen einen schnellen Ausstieg aus der Kohle aus. Die Einsetzung der Kommission wurde erneut verschoben, die Bundesregierung verwies auf organisatorische Gründe.
Der geplante Beschluss wurde am Mittwochmorgen überraschend wieder von der Tagesordnung des Bundeskabinetts genommen - nachdem er erst am Dienstag auf die Agenda gekommen war. Nach dpa-Informationen sollte CSU-Chef Horst
Seehofer noch bei Besetzungsfragen grünes Licht geben, aber er saß am Dienstag länger als geplant im Innenausschuss des Bundestags, um über die Versäumnisse beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Auskunft zu geben. So kam es zur Verschiebung.
Eine Regierungssprecherin sagte, die Personalliste sei noch nicht «ausgereift». Das lasse sich aber schnell nachholen und sei kein Problem für die Arbeit der Kommission. Das Kabinett tagt in der Regel wöchentlich.
Die Kommission «Wachstum,
Strukturwandel und Beschäftigung» soll bis Ende 2018 ein Enddatum für den Kohleausstieg festlegen. Außerdem geht es um Perspektiven für neue Arbeitsplätze in den besonders betroffenen Braunkohlerevieren in der Lausitz und im Rheinland.
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sagte der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf, es sei ausgeschlossen, bis 2030 den Energiebedarf der stromintensiven
Betriebe - etwa der Chemie-, Stahl- und Aluminiumindustrie - durch Wind und Sonne zu decken.
«Ich glaube, es wird länger sein als 2030, aber vielleicht kürzer als 2045», sagte Laschet zum Ausstiegskorridor für die Kohle. Die EU hat bis 2030 ambitionierte Ziele für einen geringeren Ausstoß von Treibhausgasen vorgegeben. Energiesicherheit und Klimaschutzziele müssten parallel gewährleistet werden.
Die geplante Kohlekommission der Bundesregierung dürfe neben Fragen nach dem Enddatum und dem Strukturwandel in den Regionen auch die Interessen der stromintensiven Betriebe nicht aus den Augen verlieren, mahnte Laschet. «Es geht auch darum, ob wir wettbewerbsfähig bleiben und jederzeit bezahlbaren und jederzeit verfügbaren Strom haben», betonte er. «Diese Dimension geht in der
Diskussion etwas unter.»
Auch Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke (
SPD) ist gegen ein konkretes Enddatum für die Kohle. Er sagte am Mittwoch im Landtag in Potsdam, derzeit hätten die Betreiber in der Lausitz einen Ausstieg in etwa 25 Jahren avisiert, jedes vorgezogene Datum würde in eine ökonomische und soziale Krise führen.
Karsten Smid, Klima-Experte des Umweltverbandes
Greenpeace, reagierte mit scharfer Kritik auf die Äußerungen Laschets. «Wir sind mittendrin in der Klimaerhitzung. Im dritten Jahr in Folge treffen uns Ende Mai und Anfang Juni verheerende Unwetter.» Doch dies scheine bei den Kohlebefürwortern rund um Laschet nichts zu bewirken.
Greenpeace fordert einen möglichst schnellen Ausstieg aus der Kohle bereits ab dem Jahr 2025.
Die Grünen wollen, dass im Kampf gegen die Klimakrise die dreckigsten Kohlekraftwerke sofort abgeschaltet werden. Grünen-Chefin Annalena Baerbock forderte außerdem, ein
Moratorium für neue Tagebaupläne für Kohlekraftwerke zu beschließen.
Da Braunkohle der mit Abstand klimaschädlichste
Energieträger ist, gibt es viel Potenzial, um beim
Klimaschutz und im Kampf gegen die
Erderwärmung voranzukommen. Schon jetzt ist klar, dass Deutschland sein Klimaziel 2020 von 40 Prozent weniger Treibhausgasausstößen im Vergleich zum Jahr 1990 klar verfehlen wird.
Bei der Kohle-Kommission soll Bahn-Vorstand Ronald Pofalla einer der vier Vorsitzenden werden, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen erfuhr. Pofalla war früher Generalsekretär der
CDU sowie Kanzleramtsminister. Als weitere Vorsitzende sind die früheren Ministerpräsidenten von Brandenburg und Sachsen, Matthias Platzeck (SPD) und Stanislaw Tillich (CDU), vorgesehen, außerdem die Volkswirtin Barbara Praetorius, früher Vize-Direktorin der ökologischen Denkfabrik Agora Energiewende.
Weitere Mitglieder werden Vertreter von Industrie- und Umweltverbänden, Gewerkschaften, Kommunen und aus der Wissenschaft. Um die Besetzung und den genauen Auftrag der Kommission gibt es seit Wochen Streit.