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24.05.2023 | 08:03 | Energiewende 

Geothermie in Deutschland - Viel Potenzial, hohe Investitionskosten

Berlin/Leipzig - Unter Deutschland dampft es, an manchen Orten brodelt es sogar. In der Theorie gibt es fast überall in der Bundesrepublik das Potenzial, Erdwärme zu nutzen, wie aus dem Geothermischen Informationssystem hervorgeht.

Geothermie in Deutschland
Egal ob Industrie, Wissenschaft oder Politik: Viele bescheinigen der Erdwärme in Deutschland ein enormes Potenzial in der Wärmewende. Ganz ohne Hürden ist der Umstieg für die Kommunen aber nicht. (c) fefufoto - fotolia.com
Abhängig von der Umsetzung könne mittelfristig die Hälfte der Wärmeversorgung für Gebäude im Land durch Erdwärme gewährleistet werden, sagt Olaf Kolditz vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig der Deutschen Presse-Agentur. Vor allem Neubauten und per Fernwärme versorgte Gebäude eignen sich nach seinen Worten hierfür, bei Altbauten machte der Umweltinformatiker eine Einschränkung.

Auch André Einhard, Geschäftsführer beim Bundesverband Geothermie, sieht großes Potenzial, besonders in einigen Regionen. «Für tiefe und mitteltiefe Geothermie gibt es in Deutschland drei große, gut untersuchte Gebiete, das bayerische Molassebecken, den Oberrheingraben und das Norddeutsche Becken. Durch Bohrungen nach Erdgas und Erdöl existiert hier ein großer Datenpool und Fündigkeit ist zu erwarten».

Die Norddeutsche Geothermietagung am Dienstag in Hannover soll dem Thema neue Impulse geben. Organisiert wird die Veranstaltung unter anderem von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) und dem Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (LIAG). Im Vorfeld sagte Inga Moeck, Professorin für Angewandte Geothermik und Geohydraulik an der Universität Göttingen: «Besonders die oberflächennahe Geothermie hat das Potenzial, für die Wärmewende schnell ausgebaut zu werden und den Anteil geothermischer Heizenergie bis 2030 zu vervierfachen.»

«Oberflächennah» bedeutet für die Branche in bis zu 400 Metern Tiefe. Zwischen 400 und 2.000 Metern ist von «mitteltief» die Rede, darunter von tiefer Geothermie . Je nach Tiefe gibt es unterschiedliche Richtwerte für die dort verfügbare Wassertemperatur: 25 Grad nah am Erdboden, zwischen 40 und 60 Grad in mittlerer Tiefe und über 100 Grad in der Tiefe.

Reicht die Temperatur des Tiefenwassers - der sogenannten Thermalsole - nicht vollständig aus, muss eine Wärmepumpe zugeschaltet werden, um das Heizwasser auf die nötige Temperatur zu bringen. Laut Kolditz vom UFZ trifft das vor allem dann zu, wenn alte Fernwärmenetze in Verbindung mit einer mittleren Bohrtiefe genutzt werden. Hier müsse zugeheizt werden, da die Wärme meistens als Dampf transportiert wird.

Die Kommunen in Deutschland würden gern mehr auf Erdwärme setzen, um steigenden Kosten für fossile Energieträger zu entgehen. «Die Erdwärme ist ein zentraler Bestandteil für eine klimaneutrale Versorgung über Nah- und Fernwärmenetze in den Kommunen», heißt es vom Deutschen Städte- und Gemeindebund. Doch die Kosten seien hoch. Der Kommunalverbund rechnen mit Kosten für die Bohrungen von bis zu 15 Millionen Euro, eine komplette Großanlage könne bis zu 50 Millionen Euro benötigen.

Nicht ganz so teuer wurde die Investition in Schwerin. Eine dort kürzlich durch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Betrieb genommene Anlage kostete den Stadtwerken zufolge rund 20,5 Millionen Euro. Dort wird das aus 1.300 Metern Tiefe stammende 56 Grad warme Wasser mittels Wärmepumpe auf über 80 Grad weitererhitzt. «Anders als Wind oder Sonne steht Geothermie rund um die Uhr zur Verfügung», sagte Scholz. «Sie können die Grundlast auch an sonnen- und windarmen Tagen sichern und sind so eine perfekte Ergänzung zur Windenergie».

Trotz möglicherweise geringerer Kosten sieht auch das UFZ Förderbedarf .Kolditz sieht vor allem kleinere und mittlere Städte nicht in der Lage, die Investitionskosten und das Risiko zu tragen. Doch nicht nur staatliche Förderung und Finanzierung soll seinen Worten nach das Risiko minimieren, sondern auch die Forschung. Mit der Entwicklung und Weiterentwicklung von Computermodellen will das UFZ sogenannte digitale Zwillinge erstellen, digitale Abbilder des geologischen Untergrunds auf Basis von Messdaten und Vorhersagemodellen. Sie sollen helfen, geeignete Standorte mit wenig Testbohrungen zu identifizieren.

Die Kommunen sorgen sich jedoch nicht nur um Finanzielles, sondern auch um ihr Wasser. Bohrungen für tiefe Geothermie seien in Wasserschutzzonen der Stufe 1 und 2 verboten, in Stufe 3 genehmigungsfähig. Was den Wasserkreislauf angeht, gibt Kolditz jedoch Entwarnung. Geothermie entnehme dem Untergrund unter dem Strich kein Wasser, da die abgekühlte Sole in einem geschlossenen Kreislauf zurückgepumpt werde. Auch erfolge die Trinkwasserversorgung durch oberflächennahes Wasser.
dpa
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