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27.04.2022 | 05:58 | Energieversorgung 

Greenpeace-Studie hält Ölembargo gegen Russland für verkraftbar

Berlin - Ein Ölembargo gegen Russland wäre laut einer Studie im Auftrag der Umweltorganisation Greenpeace für Deutschland verkraftbar.

Ölversorgung
Es ist eine Frage, die heftig debattiert wird: Sollte Deutschland schnell raus aus russischem Öl? Eine Studie kommt mit Blick auf die Folgen zu einem klaren Ergebnis. (c) proplanta
Die Folgen für die Ölpreise wären voraussichtlich begrenzt, ein Embargo wäre außerdem wirksam und würde Russland treffen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie des Energieexperten Steffen Bukold im Auftrag von Greenpeace Deutschland.

Die Bundesregierung ist bisher gegen einen Lieferstopp für russisches Öl sowie Gas. Für russische Kohle hatten die EU-Staaten dagegen Anfang April einen Importstopp beschlossen - mit einer Übergangsfrist von vier Monaten.

Kohle spiele für die russischen Exporterlöse jedoch nur eine untergeordnete Rolle, heißt es in der Studie. Öl- und Gaslieferungen machten zusammen rund 60 Prozent der russischen Exporterlöse im Jahr 2021 aus. Zwar könne ein Wegfall der Öl-Einnahmen die russische Kriegsmaschinerie nicht unmittelbar stoppen. Die finanziellen Spielräume Moskaus würden dadurch aber mittelfristig stark eingeschränkt.

Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums von Ende März ist die Abhängigkeit Deutschlands von russischem Öl von zuvor 35 Prozent durch Vertragsumstellungen inzwischen auf etwa 25 Prozent gesunken. Bis Mitte des Jahres sollen die russischen Ölimporte nach Deutschland voraussichtlich halbiert sein: «Zum Jahresende streben wir an, nahezu unabhängig zu sein.»

Zwei Drittel der deutschen Ölimporte aus Russland kommen laut der Studie auf dem Landweg über die Druschba-Pipeline nach Ostdeutschland. Das letzte Drittel gelange über Häfen nach Westdeutschland - diese Ölmengen könnten problemlos ersetzt werden.

Größere logistische Probleme würde es der Studie zufolge in Ostdeutschland geben, wo die Druschba-Pipeline die beiden Raffinerien in Schwedt und Leuna versorge. Ein Ausfall russischer Öllieferungen würde die Raffineriebetreiber vor große Probleme stellen, die ohne «aktive betriebliche und politische Maßnahmen» in Deutschland und in Polen nicht zu lösen seien.

Verwiesen wird außerdem auf die Besitzverhältnisse. Die Raffinerie in Schwedt in Brandenburg soll fast vollständig vom russischen Staatskonzern Rosneft übernommen werden - dies wird derzeit vom Wirtschaftsministerium überprüft. Der französische Energiekonzern Total hatte angekündigt, für die Raffinerie in Leuna mit Ablauf dieses Jahres kein russisches Erdöl mehr zu kaufen.

Um im Falle eines Embargos die Lieferungen über die Druschba-Pipeline zu ersetzen, müsste laut der Studie Tankeröl auf dem Weltmarkt eingekauft werden. Die Raffinerien im Osten könnten über alternative Routen versorgt werden.

Das Beispiel von Gazprom Germania zeige, dass bei einer möglichen Gefährdung der Energieversorgungssicherheit das Ministerium eingreifen könne, heißt es in der Studie weiter. Denkbar wäre - wie bei der deutschen Gazprom-Tochter - eine staatliche Treuhandverwaltung der Raffinerie in Schwedt durch Bundesbehörden.

Zusätzlich müssten die übrigen Raffinerien in Deutschland verpflichtet oder gedrängt werden, ihr Einzugsgebiet zu erweitern, um Teile Ostdeutschlands mit zu versorgen. Verwiesen wird auch auf einen zusätzlichen Einsatz der nationalen Ölreserve.

Bei einem Öl-Embargo sollten die Sanktionen gegen Russland so gestaltet werden, dass eine Umgehung schwieriger werde, heißt es. Tricks wie das Umdeklarieren von russischem Öl durch das Mischen mit anderen Ölsorten sollten ebenfalls sanktioniert und überwacht werden.

Ein Vollembargo könne zwar kurzfristig zu einem Anstieg des Ölpreises führen, so die Studie. Doch eine insgesamt schwächer werdende globale Ölnachfrage, ein relativ gutes Ölangebot, eine starke Freigabe staatlicher Reserven sowie eine Lösung kritischer logistischer Engpässe ließen erwarten, dass die Ölpreise bald wieder auf ihr aktuelles Niveau zurückkehren. Sparmaßnahmen in Deutschland wie ein generelles Tempolimits oder ein schnellerer Ausstieg aus Heizöl könnten preisdämpfend wirken.
dpa
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