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13.05.2013 | 15:36 | Solarkrise 

Helfen Strafzölle aus der Solar-Pleitewelle?

Bitterfeld-Wolfen - Vor einem Jahr ließ eine Pleitewelle viele deutsche Solarfirmen wie Dominosteine kippen. Tot ist die Branche aber noch lange nicht. Können jetzt europäische Kooperation und Strafzölle gegen China das Ruder rumreißen?

Solar-Pleitewelle
(c) danielschoenen - fotolia.com
Der Boom bei Solaranlagen ist rund um den Globus ungebrochen. Doch «Made in Germany» steht heute nur noch selten auf den billig gewordenen Anlagen. Vor genau einem Jahr, am 15. Mai 2012, fand die Krise der deutschen Solarindustrie mit der Pleite und anschließenden Auflösung von Sovello aus Bitterfeld-Wolfen einen neuen Höhepunkt. Tausende Jobs gingen seither verloren, noch immer sucht die Branche nach Rettung. Aber es gibt neue Ansätze.

Im Dreiländereck von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, wo die Solar-Branche lange als Job- und Wirtschaftsmotor galt, lässt die Sonne derzeit den Raps für Bioöl auf riesigen Äckern blühen. Über den Feldern drehen sich gigantische Windanlagen. Doch die Hoffnung auf preiswerte erneuerbare Energie und tausende neue Jobs durch Solarenergie, Windkraft und Biokraftstoffe hat sich bislang nicht dauerhaft erfüllt. Im Zentrum der deutschen Solarindustrie herrscht Katerstimmung. «Die Solarunternehmen in Sachsen-Anhalt waren einst sogenannte Leuchttürme, sie sind heute ein kleines "Nachttischleuchtchen"», sagt Martin Plath, Prokurist der Wirtschaftsauskunftei Creditreform in Halle.

30.000 Arbeitsplätze in der Solarzellen-Produktion sind nach Schätzungen des Branchenverbandes Solar Valley Mitteldeutschland bundesweit seit dem Ausbruch der Krise 2011 vernichtet worden. Das ist jeder zweite Job. Firmen wie Sovello mit einst 1.200 Mitarbeitern verschwanden von der Bildfläche. Das Inventar wurde versteigert, die auf der grünen Wiese gebauten Glaspaläste sind nun Geister-Fabriken. «Da gibt es jetzt Leerstand», sagt Verbandsgeschäftsführer Peter Frey nüchtern.

«Die Arbeitslosigkeit war für die Betroffenen natürlich ein großer Einschnitt», erinnert sich Sabine Edner, Chefin der Agentur für Arbeit Dessau-Roßlau-Wittenberg. Doch: «Mittlerweile ist mehr als die Hälfte der ehemaligen Beschäftigten wieder in Arbeit.» Weniger betroffen sind auch Firmen, die die Solaranlagen montieren - denn Billigangebote aus Asien füllen die Auftragsbücher.

Im Gegensatz zu Sovello schafften andere Solarhersteller - wie der frühere Branchenprimus Q-Cells gleich nebenan - den Neustart. Bei Q-Cells stieg etwa der südkoreanische Hanwha-Konzern ein. Insgesamt wird aber viel weniger produziert. «Da sind die Umsatzzahlen dramatisch zurückgegangen», sagt Frey. Und häufig hängt die Zukunft noch am seidenen Faden. Solarworld aus Bonn setzt auf einen Kapitalschnitt. Bosch will sein Solarwerk bei Erfurt im Herbst aufgeben - viele der rund 1.800 Mitarbeiter in Arnstadt hoffen auf neue Investoren.

Die Politik gibt der Branche Rückendeckung. So will jetzt die EU-Kommission mit Strafzöllen gegen Anbieter aus China vorgehen, die mit staatlichen Subventionen und Dumpingpreisen den Markt überfluten. «Das verschafft eine Verschnaufpause», sagt Frey. Mehr aber nicht - denn der Markt sei ein globaler und deutsche Firmen müssten ihre Produkte auch exportieren können.

Zurückhaltend wird auch die Idee von Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) gesehen, europäische Firmen der Solarindustrie sollten sich wie einst mehrere Flugzeughersteller zusammentun - und so etwas wie einen Airbus für Solarstrom bilden. «Als Allianzen könnten die Unternehmen auf dem Weltmarkt wieder Fuß fassen, anstatt vertrieben zu werden», sagte Altmaier Anfang des Monats bei «Focus Online». Aber es gebe keine ausreichende Resonanz der Firmen. «Das ist sicher ein schwieriges Unterfangen», sagt Frey dazu. Knackpunkt sei die Finanzierung.

Für Frey hat die Branche aber auch ihre Hausaufgaben zu erledigen. «Die deutsche Solarindustrie hat technologisch nicht den Anschluss verloren», sagt er. Aber: «Man muss jetzt den nächsten Technologiesprung vorbereiten.» Forschungsergebnisse für nochmals deutlich höhere Wirkungsgrade, weniger Materialverbrauch und niedrigere Kosten lägen in Deutschland vor - sie müssten nun für die Produktion umgesetzt werden. Und die deutschen Firmen müssten Systeme anbieten - komplett mit Stromspeichern, Steuerungen und Netzintegration. Dies sei zwar komplexer als nur Module herzustellen - doch das sei eben auch eine Stärke von «Made in Germany». (dpa)
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