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10.03.2022 | 12:25 | Kraftstoffpreise 

Hohe Spritpreise sorgen für Probleme, Hoffnung und Ankündigungen

Hannover/Bremen - Eine Zeit lang kann Heiko Schröder noch von seiner eigenen Reserve zehren. «Wir haben einen großen Diesel-Tank», erzählt der Landwirt auf dem Wochenmarkt in Achim bei Bremen.

Hohe Spritpreise
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Der Krieg in der Ukraine macht sich in Deutschland nicht nur mit der Ankunft verzweifelter Flüchtlinge bemerkbar, sondern auch an der Tankstelle - mit Spritpreisen in Rekordhöhe. Die Politik sucht nach Auswegen. (c) proplanta
Befüllt wurde der Tank, als der Diesel günstiger war als heute. «Aber wenn er leer ist, brauche ich eine neue Ladung Diesel.» Dann werden die immer höheren Spritpreise auch ihn treffen.

Denn unter dem Druck des Ukraine-Kriegs kosten Diesel und Benzin zum ersten Mal in Deutschland mehr als zwei Euro pro Liter. Große Sorgen macht sich Schröder deshalb aber nicht. «Sorgen macht mir eher der Krieg selbst», sagt er. Die höheren Preise wird der Landwirt auf seine Kunden umlegen. «Das wird so sein, dass wir irgendwann die Preise erhöhen müssen.» Viele Produkte seien jetzt schon teurer.

Andere können den hohen Spritpreisen sogar etwas Positives abgewinnen. Zum Beispiel ein Ingenieur, der gerade mit einem Lastenrad über den Wochenmarkt fährt. «Ich arbeite zum Großteil im Homeoffice», sagt der Mann. Wenn er unterwegs ist, fahre er viel Fahrrad und nutze öffentliche Verkehrsmittel. Verbrennungsmotoren hält der Ingenieur für ein Auslaufmodell - er hofft, dass möglichst bald viele Menschen auf umweltfreundliche Transportmittel umsteigen.

Den öffentlichen Nahverkehr nimmt auch die für Mobilität zuständige Bremer Senatorin Maike Schaefer in den Blick. Die Grünen-Politikerin will sich angesichts des teuren Sprits dafür einsetzen, dass die Ticketpreise für Bus und Bahn gesenkt werden. Unter den Verkehrsministern werde sie die Debatte suchen, «ob wir analog zum Corona-Rettungsschirm weitere Fördermittel gemeinsam mit dem Bund aufsetzen können, um in diesen Zeiten der Krise die Ticketpreise reduzieren zu können», kündigte Schaefer an.

Eine wegen der hohen Spritpreise gestiegene Nachfrage bei Bus und Bahn konnten die Verkehrsbetriebe in Bremen und Hannover bisher zwar noch nicht feststellen. Bremen sei jedoch in der besonderen Lage, als Zwei-Städte-Staat einen gut ausgebauten Nahverkehr mit Anbindung ans Umland zu haben, betont Schaefer. Für viele Pendler sei der ÖPNV daher eine echte Alternative zum Auto.

Im Flächenland Niedersachsen ist das vielerorts schwieriger. Lennart Witt beispielsweise ist auf sein Auto angewiesen. «Ich habe einen sehr langen Arbeitsweg. Ich fahre 70 Kilometer zur Arbeit morgens», sagt der Mitarbeiter einer Kältetechnik-Firma. Finanziell sei es derzeit noch kein Problem. «Aber man arbeitet viel mehr für Sprit jetzt auf einmal.»

Straßenbahn oder Carsharing gehören auf dem platten Land nicht zum Alltag. Umso mehr haben die Politiker in Niedersachsen auch die Autofahrer im Blick. Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) etwa sagte kürzlich: «Eine rasche Senkung der Mehrwertsteuer von 19 auf beispielsweise 7 Prozent auf Energie, vor allem Kraftstoffe, würde sich an der Zapfsäule sofort im Portemonnaie bemerkbar machen.» Er betonte, dass private Verbraucher und die Wirtschaft gleichermaßen Entlastung benötigten.

Auch Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hält eine Prüfung, ob die Mehrwertsteuer auf Energie zeitweise gesenkt werden könne, für angebracht, ebenso wie eine Erhöhung der Pendlerpauschale.

Darüber hinaus müssten aber auch der Heizkostenzuschuss für Menschen mit geringen Einkommen und der Sofortzuschlag für von Armut betroffene Kinder erhöht werden. Schließlich steigen nicht nur die Sprit-, sondern auch die Gas- und Strompreise. «Entscheidend ist für mich, dass vor allem die Verbraucherinnen und Verbraucher mit kleinerem Geldbeutel spürbar entlastet werden», sagte Weil.

Entlastung, die sich auch ein Paar mit zwei kleinen Kindern auf dem Marktplatz in Achim erhofft. Sie spüren die hohen Spritpreise deutlich. Derzeit überlege er genau, welche Autofahrten unbedingt nötig sind, erzählt der Mann. Für eine kurze Zeit komme seine Familie mit solch hohen Benzinpreisen klar. Sollten sie aber länger als zwei Monate so hoch bleiben, werde es schwierig.

Einen ganzen Energiepreis-Schutzschirm will derweil Energieminister Olaf Lies (SPD) aufspannen. Bereits angedachte Maßnahmen wie die Abschaffung der EEG-Umlage, eine Diversifizierung der Beschaffungsquellen sowie der Ausbau der erneuerbaren Energien reichten allein nicht aus.

Nötig sei ein neuer Mechanismus mit einem «gestaffelten Ausgleichssystem». Wie genau dieser aussehen könnte, blieb indes auch nach einer Schalte von Lies mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) offen.
dpa
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