Von den etwa 209 Millionen Tonnen Bau- und Abbruchresten hat zwar nach Angaben des Umweltbundesamts der Bodenaushub, der überwiegend verwertet wird, den größten Anteil.
Jedoch warnte der Hauptverband der Bauindustrie bereits im Juni, dass es eng werden könnte auf den Deponien. Weil eine geplante Umweltvorschrift des Bundes vorsieht, Bodenaushub und Bauschutt künftig strenger auf giftige Stoffe prüfen zulassen, könnte mehr Müll auf den Entsorgungsanlagen landen, fürchtet die Industrie.
«Wir haben eine Deponieknappheit in den Ländern», sagt auch Hermann Keßler, der im
Umweltbundesamt das Fachgebiet Ressourcenschonung und
Kreislaufwirtschaft leitet. Die Kommunen würden nicht genügend Deponien ausweisen. Wohin also mit dem Baumüll? Kann dieser nicht wiederverwertet oder durch nachwachsende
Rohstoffe, wie Holz, ersetzt werden?
Bisher werde Bauschutt meist im Straßen- und Landschaftsbau, oder als Verfüllmaterial genutzt, erklärt Keßler. Jedoch werde bereits in absehbarer Zeit dafür nicht mehr so viel benötigt, wie vorhanden sei. Noch mehr Bauabfälle könnten folglich ungenutzt bleiben.
Das Problem ist nicht neu. In Rheinland-Pfalz hat sich 2012 ein Bündnis aus Ministerien und Industrieverbänden dazu verpflichtet, die Kreislaufwirtschaft auf dem Bausektor zu fördern. In Baden-Württemberg und anderen Bundesländern gibt es ähnliche Initiativen für mehr
Nachhaltigkeit auf dem Bau.
Vorbild war laut Keßler vor 15 Jahren die Schweiz: Weil es aus Platzmangel wenig Deponien und zudem ein Rohstoffproblem gebe - nämlich zu wenig Sand und Kies - werde in Zürich fast nur noch Recyclingbeton genutzt. Dazu wird Bauschutt wiederverwertet.
Deutschland hat sich daran orientiert: «Bei staatlichen Neubauten des Bundes ist die Nachhaltigkeitsprüfung mittlerweile eigentlich Standard», sagt Keßler. Die Zertifizierung läuft über das Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB). Auf der Liste der zertifizierten Gebäude stehen etwa das Finanzamt Garmisch Partenkirchen, das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe oder das Hauptzollamt Hamburg.
Auch beim Bau von Wohngebäuden spielen ökologische Fragen eine immer größere Rolle. Holz als nachwachsender Rohstoff ist in der Gunst der Bauherrn gestiegen: In den letzten zehn Jahren registrierte der Dachverband Deutscher Zimmermeister, Holzbau Deutschland, eine Steigerung der genehmigten Wohnhäuser in Holzbauweise von rund 13 auf 16 Prozent. Branchenmessen, wie die bautec im Februar 2018 in Berlin, stellen Bauen mit Holz in den Mittelpunkt.
Ein nachwachsender Rohstoff allein macht ein Gebäude jedoch noch nicht nachhaltig. Es geht vielmehr um den gesamten Lebenszyklus: «Von der Rohstoffgewinnung und Herstellung über den Bau, den
Betrieb des Gebäudes bis hin zum späteren Rückbau», erklärt Felix Jansen von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB). «Wird ein Holz am anderen Ende der Welt gerodet und muss es einmal um die ganze Welt transportiert werden, haben wir natürlich einen anderen CO2-Fußabdruck als bei Stoffen aus der Region.»
Daneben gibt es noch andere Gründe, die für Vorbehalte gegenüber Holz sorgen. Die natürliche Eigenschaft, sich selbst zu zersetzen, ist zwar ein ökologischer Vorteil, führe aber zu Problemen bei Brandschutz, Dauerhaftigkeit, Wasserbeständigkeit und Festigkeit, gibt Dietmar Stephan, Fachgebietsleiter für Baustoffe und Bauchemie an der Technische Universität Berlin, zu bedenken.
Das gelte auch für den Einsatz von Hanf und Flachs zur Wärmedämmung, die chemisch behandelt werden müssen, um Schutz vor
Schimmel oder Insekten zu gewährleisten. «Durch die notwendigen, ökologisch teilweise kritischen Chemikalien dafür ist eine Entsorgung oder eine Wiederverwendung äußerst schwierig.»
Der Umweltvorteil von Holz mache sich nur bemerkbar, wenn es regional ein ausreichendes Angebot an geeignetem Bauholz und regionale Kreisläufe gebe, sagt Recyclingexperte Keßler. Letzteres gelte auch für die Wiederaufbereitung von Beton. Für die Nachhaltigkeit von Baustoffen seien vor allem kurze Transportwege und die Trennbarkeit entscheidend. Außerdem: Je höher die Nutzungsdauer eines Gebäudes, desto schneller hole ökologisch die Massivbauweise die Holzbauweise wieder ein.
Neben einer regionaleren Vermarktung brauche es vor allem mehr Akzeptanz, damit Recyclingbeton häufiger zum Einsatz komme: «Die Menschen müssen sehen, dass Recyclingbeton genauso aussieht und genauso stabil ist, wie Beton aus Primärkies, damit sich dafür ein Markt etablieren kann», sagt Keßler. «Die öffentlichen Bauherren haben hier Vorbildfunktion. Jetzt sind Bund, Länder und Kommunen, aber auch Wohnungsbaugenossenschaften gefragt.»