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30.09.2014 | 10:07 | Netzausbau 

Intelligentes Stromnetz im Praxistest

Reken/Münster - Die Energiewende soll Strom nicht teurer machen. Und trotzdem müssen die Netze auch auf den letzten Metern zu den Kunden umgerüstet werden. Wie das funktionieren könnte, wird jetzt bei einem von der EU geförderten Modellversuch im Münsterland getestet.

Stromnetz
(c) proplanta
Das Stromnetz der Zukunft muss intelligent sein: Es muss den Haushalten Strom liefern, aber auch Strom aufnehmen, den die Haushalte zunehmend selbst produzieren - etwa mit Solarpaneelen. In der Gemeinde Reken im Münsterland testen jetzt der Energiekonzern RWE und die Technische Universität Dortmund in einem Modellversuch, was die Netze auf kommunaler Ebene können müssen.

Der Gemeinde mit 14.300 Einwohnern ist die Beschäftigung mit der Energiewende nicht fremd. Bereits 30 Prozent der in Reken verbrauchten Energie sind regenerativ erzeugt. Ein neues Haus für Asylbewerber wurde in Passivbauweise konstruiert und gilt deshalb als vorbildlich, weil energiesparend.

Mit dem von der EU geförderten Modellversuch unter dem Titel «Grid4EU» steht Reken in einer Reihe mit Projekten in Frankreich, Spanien, Italien, Tschechien und Schweden, die mit insgesamt 25,5 Millionen Euro aus Brüssel gefördert werden. Mit Hilfe der Dortmunder TU soll in der Gemeinde im Kreis Borken ausprobiert werden, wie neue Technik das Verhältnis von Stromverbrauch sowie Einspeisung von regenerativen Energien wie Windkraft oder Sonnenenergie besser aufeinander abstimmen kann. Mit dabei ist auch der Schweizer Anlagenbauer ABB.

«Wir könnten die Fußgängerwege aufreißen und neue Leitungen verlegen», sagt RWE-Technikvorstand Joachim Schneider. Idealerweise aber könne sein Unternehmen das bislang bestehende Netz so verbessern und auf die Zukunft vorbereiten, dass diese teuren Schritte nicht notwendig sind.

Dazu hat RWE 18 der knapp über 100 Ortsnetz-Stationen im Stromnetz mit neuer Software und Messtechnik ausgestattet. Diese Stationen sind das letzte große Glied in der Kette, bevor der Strom dann im Umkreis von 400 bis 700 Metern die privaten Haushalte oder Firmen erreicht.

Mit den Eingriffen und dank neuer Rechenformeln der TU Dortmund soll sich das Netz in Reken selbst steuern. Bei Leistungsabfällen oder zum Beispiel zu viel Sonnenenergie am Mittag schaltet das Netz Verbraucher aus anderen Teilnetzen zu oder kappt Verbindungen.

Bislang geht das nur mühsam per Hand und mit hohem personellen Aufwand. Umgesetzt wird das Ganze jetzt in vier Schritten - Anfang 2016 soll das Projekt abgeschlossen sein. «Nach einer Testphase wird das neue System erst am Ende wirklich vollautomatisch schalten», sagt RWE-Projektleiter Lars Jendernalik.

Ins Münsterland fließen 500.000 Euro von der EU, RWE beteiligt sich mit einer Million Euro. «Dass wir die Technik in den Griff bekommen, darin habe ich keinen Zweifel», sagt Technik-Vorstand Schneider. Viel wichtiger sei es herauszufinden, ob sich das Ganze im Vergleich zu anderen Maßnahmen auch rechne. «Wir müssen nach dem Test bewerten, ob die Alternative, also neue Stationen und neue Leitungen, teurer sind. Die Energiewende soll ja bezahlbar bleiben», sagt Schneider.

Der Vertreter des Kreises Borken, Landrat Kai Zwicker, verweist auf die negativen Seiten der Energiewende. «Es gibt optische Belastungen durch Windräder und Photovoltaik-Anlagen. Und durch einen vermehrten Maisanbau für Biogas-Anlagen steigen die Preise für Ackerflächen», sagt Zwicker - der sich im gleichen Atemzug aber über neue Arbeitsplätze in Unternehmen freut, die sich um neue Technologien für die Energiewende kümmern.

Stichwort: Intelligente Stromnetze



Im Zuge der Energiewende ist der Ausbau der Stromnetze ein entscheidender Faktor. Während in ganz Deutschland neue Hochspannungstrassen entstehen, um den Strom zum Beispiel von den Windkraftanlagen im Norden gen Süden zu transportieren, müssen die Energieversorger auch bei den Leitungen (Mittelspannung und Niederspannung) zum Endverbraucher umdenken.

Hier liefern immer mehr Kunden auch Strom durch Windkraft, Sonnenenergie oder Biogas-Anlagen zurück. Das bedeutet, dass moderne Netze nicht nur die Zulieferung von Strom managen müssen, sondern auch die Produktion von vielen kleinen Stromerzeugern. Die Experten sprechen bei den großen Trassen von Stromautobahnen.

Je näher der Strom den Endkunden kommt, desto mehr gleichen diese Netze dann aber Landstraßen und Feldwegen, auf denen es dann auch noch Gegenverkehr gibt. Die Steuerung übernehmen Computer. Die Stromwirtschaft spricht daher gern von einem intelligenten Netz, auf Englisch «Smart Grid». (dpa)
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