Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
08.04.2022 | 20:32 | Erdgasgeschäfte 

Klimastiftung muss Auskunft zu Nord Stream 2 geben

Schwerin - Der Druck auf die umstrittene, maßgeblich mit Geld aus russischen Erdgasgeschäften finanzierte Klimaschutzstiftung Mecklenburg-Vorpommern und auf die Landesregierung als Initiator wächst.

Gasleitung
Kritiker der Klimaschutzstiftung MV haben einen Etappensieg erzielt: Laut Landgericht Schwerin sie die Stiftung Fragen zu ihrem Gebaren bezüglich der Erdgasleitung Nord Stream 2 beantworten. Ab Mai soll auch ein Landtags-Untersuchungsausschuss nach Hintergründen forschen. (c) Michael Shake - fotolia.com
Die Stiftung muss detaillierte Auskünfte zu ihrer Unterstützung der deutsch-russischen Gaspipeline Nord Stream 2 geben.

Das Landgericht Schwerin gab am Freitag einem Antrag der Transparenzplattform «Frag den Staat» auf einstweilige Verfügung statt. Fragen der Plattform nach der Art und Weise, wie die Stiftung die Fertigstellung der Pipeline Nord Stream 2 unterstützt hat, waren von den Verantwortlichen in der Vergangenheit stets verweigert worden.

Ebenfalls am Freitag teilten die oppositionellen Landtagsfraktionen von CDU, Grünen und FDP mit, dass im Mai ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss (PUA) zu den Hintergründen und der Tätigkeit der Stiftung eingesetzt werden soll. Der PUA soll einen umfangreichen Auftrag bekommen. Die Abgeordneten der drei Fraktionen listen in ihrem Entwurf, der am Freitag vorgestellt wurde, 74 Einzelfragen auf.

Das Gericht argumentierte, entscheidend für die Auskunftspflicht der Stiftung sei, dass die Stiftung öffentliche Aufgaben mit öffentlichen Mitteln wahrgenommen habe. Aus Sicht der Kammer besteht ein beherrschender Einfluss der Landesregierung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, der Stiftung steht eine Berufung beim Oberlandesgericht offen.

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine drängen die Schweriner Landesregierung und der Landtag, die Stiftung aufzulösen. Deren Vorstandsvorsitzender Erwin Sellering bekräftigte am Freitag hingegen  seine Auffassung, dass eine Auflösung rechtlich nicht möglich sei.

Die Stiftung habe nach Beginn der russischen Invasion in der Ukraine jede Tätigkeit für die Gaspipeline eingestellt und wickele den hierfür gegründeten wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ab, so der frühere Ministerpräsident des Landes.

«Allerdings sehen wir kritisch, dass wir jetzt auch die wichtige Arbeit im Klima- und Umweltschutz einfach einstellen sollen», sagte Sellering. Die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 ist seit dem Vorjahr fertig, bekam nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine aber keine Betriebserlaubnis.

Die Fragen der PUA-Initiatoren beginnen beim Verhalten der damaligen rot-schwarzen Landesregierung im Vorfeld des Stiftungsbeschlusses im Landtag am 7. Januar 2021. So soll etwa geklärt werden, auf wessen Betreiben die Stiftung gegründet wurde, deren vordergründig kommunizierter Zweck Bildung in Sachen Klimaschutz in MV sein sollte.

Zugleich wurde aber ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb etabliert, um die Fertigstellung der Erdgaspipeline Nord Stream 2 unter Umgehung von US-Sanktionen zu unterstützen. Das Land hat nach bisherigen Angaben 200.000 Euro Kapital gegeben, 20 Millionen Euro sollen von Nord Stream 2 stammen. Die Vorgänge sollen auch unter nachrichtendienstlichen und politischen Gesichtspunkten betrachtet werden, wie Vertreter von CDU, Grünen und FDP erläuterten.

Fragen stellen die PUA-Initiatoren außerdem zu eventuell gegründeten oder erworbenen Tochtergesellschaften der Stiftung, Beteiligungen und Beauftragungen. Im Blick haben sie dabei auch die im August 2021 vom Land gegründete sogenannte Wasserstoff-Hanse.

«Der Ausschuss soll insbesondere untersuchen, welche Zusammenhänge zwischen der Wasserstoff-Hanse und der Stiftung Klima- und Umweltschutz MV sowie der Nord Stream 2 AG bestehen», heißt es im Entwurf des PUA-Einsetzungsbeschlusses. Die Wasserstoff-Hanse soll Städte und Regionen im Ostseeraum in einem Bündnis vereinen, das sich zu einer wasserstoffbasierten Wirtschaft bekennt.

Als Zeugen zur Beantwortung ihrer Fragen wollen die Initiatoren neben Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und ihrem Amtsvorgänger und Stiftungschef Erwin Sellering auch den Gazprom-Lobbyisten und Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (alle SPD) hören.

Auf der Wunschliste stehen nach Angaben vom Freitag auch der vormalige Energie- und jetzige Innenminister Christian Pegel (SPD), der langjährige Nord-Stream-Manager Matthias Warnig sowie Katy Hoffmeister (CDU), die bei der Anerkennung der Klimastiftung als damalige Justizministerin die Stiftungsaufsicht im Land führte.

Aus Sicht der SPD ist der Untersuchungsausschuss unnötig. «Die Stiftung wurde im Landtag einstimmig beschlossen und nach Putins Angriff auf die Ukraine ebenso mit Stimmen von SPD, Linke, CDU, FDP und Grünen zur Abwicklung aufgefordert», sagte der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten, Julian Barlen. Besonders das Verhalten der CDU sei unehrlich. Barlen verdächtigt die Parteien, den Krieg gegen die Ukraine parteipolitisch ausschlachten zu wollen, dies liege nahe.
dpa/mv
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Österreich macht Weg frei für mehr Gas aus dem Westen

 Auflösung der Klimastiftung MV rechtlich unmöglich

 Ausbau am geplanten LNG-Standort - Fischer klagt gegen Bundesbehörde

  Kommentierte Artikel

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte

 Grundwasser in Bayern wird weniger

 Lindnerbräu - Hoch die Krüge!

 Mutmaßlicher Wolfsangriff - mehrere Schafe in Aurich getötet

 Weniger Schadholz - Holzeinschlag deutlich gesunken